Schwerpunkt Zahngesundheit

Speichel ist wichtig zum Erhalt der Zähne

Erst wenn einem im wahrsten Sinne des Wortes die Spucke wegbleibt, fällt auf, wie wichtig sie ist. Ein trockener Mund, den man sonst nur kurz in Stresssituationen erlebt, kann auf Dauer zur richtigen Belastung werden. Das Essen wird zur Qual, die Lippen springen auf und das Sprechen bereitet Schwierigkeiten. Ein trockener Mund stellt auch eine große Herausforderung für die Mund- und Zahngesundheit dar. Und eine Xerostomie ist gar nicht so selten: etwa 30% der über 65-Jährigen leiden an einer dauerhaften Verminderung des Speichelflusses.
Drüsen in der Mundhöhle produzieren täglich ca. 1,6 Liter Speichel, der neben Wasser Elektrolyte, Amylase und Mucine enthält.
[Quelle: Thews, G.; Mutschler, E.; Vaupel, P.: Anatomie, Physiologie, Pathophysiologie des Menschen. 6. Auflage, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart (2007).]

Täglich werden etwa ein bis zwei Liter Speichel produziert. Dieser wird in den paarig vorhandenen Speicheldrüsen (Ohrspeicheldrüse, Unterkieferspeicheldrüse, Unterzungenspeicheldrüse) und den zahlreichen kleinen Speicheldrüsen der Mundschleimhaut gebildet. Die größte und wichtigste Speicheldrüse ist die Ohrspeicheldrüse (Glandula parotis), deren Ausführungsgang gegenüber dem zweiten oberen Mahlzahn endet. Der Drüsenausgang der Unterkieferspeicheldrüse (Glandula submandibularis) endet unter der Zunge. Die Unterzungenspeicheldrüse (Glandula sublingualis) befindet sich direkt in der Mundhöhle auf dem Mundboden.

Symptome der Mundtrockenheit richtig deuten

Jeder kennt es: der Mund fühlt sich manchmal trocken an, vor Aufregung oder weil man längere Zeit nichts getrunken hat. Aber eine Diagnose wie Hyposalivation oder Xerostomie zu stellen, ist oft schwierig, da die Patienten selten von sich aus die Mundtrockenheit als behandelbares medizinisches Problem erkennen und sich oft nicht trauen, diese Beschwerden anzusprechen. Häufig klagen sie erst dann über einen trockenen Mund, wenn ihre individuelle Ruhespeichelfließrate um über die Hälfte verringert ist. Die beiden oralen Hauptsymptome, die dabei auftreten, sind ein Mundtrockenheits- oder Rauhigkeitsgefühl (Zunge klebt am Gaumen) und ein verstärktes Durstgefühl.

Aber auch eine Reihe weiterer, häufig auftretender subjektiver Symptome werden beschrieben:

  • Kaubeschwerden (beim Essen von trockener Nahrung)
  • Schluckbeschwerden (beim Leerschlucken)
  • Geschmacksstörungen, metallischer Geschmack im Mund
  • Sprechstörungen (durch Adhäsion der Schleimhäute)
  • schmerzhafte Stellen im Mund und Taubheitsgefühl
  • Zungenbrennen oder Mundbrennen
  • Zahnfleisch- oder Zungenbluten
  • Prothesenunverträglichkeit mit fehlender Haftfähigkeit und Druckstellen.

Arzneistoffe sind häufigste, aber reversible Ursache

Als Ursache einer Xerostomie kommen verschiedene Faktoren in Frage. Die Speicheldrüsen können geschädigt werden durch:

  • Medikamenteneinnahme nach radiologischer Therapie im Kopf- und Mundraum
  • Speicheldrüsenerkrankungen und -operationen
  • Erkrankungen mit Speicheldrüsenbeteiligung
  • Erkrankungen mit direkter oder indirekter Beeinflussung der Innervation und des Metabolismus der Speicheldrüsen (Diabetes, M. Hodgkins, M. Parkinson, HIV/Aids, Sjogren-Syndrom)

Eine radiologische Therapie im Kiefer-Gesichtsbereich wie die Bestrahlung eines oropharyngealen Tumors kann zu einer dauerhaften Xerostomie durch Zerstörung von Drüsengewebe führen, das nicht regenerationsfähig ist. Eine der häufigsten Ursachen einer Xerostomie ist jedoch die Einnahme von Arzneimitteln mit xerogenen Nebenwirkungen. Die Xerogenität des jeweiligen Wirkstoffes häng dabei ab von der angewendeten Tagesdosis und dem pharmakologischen Wirkungsmechanismus. Wird ein Arzneistoff als Ursache für die Mundtrockenheit erkannt, so sind die Beschwerden in den meisten Fällen nach seinem Absetzen reversibel. Grundsätzlich werden dabei

  • Substanzen mit Wirkung auf die zentralnervöse oder peripher-nervale Regulation der Drüsen von
  • Substanzen mit Wirkung auf die metabolische Leistung der Drüse unterschieden.

Zu den Wirkstoffen, die die nervale Regulation der Speicheldrüsen durch Blockade der aktivierenden Rezeptoren an den Drüsenepithelzellen oder den vorgeschalteten Ganglienepithelzellen stören, zählen anticholinerg bzw. parasympathikolytisch wirkende oder adrenerg bzw. sympathomimetisch wirkende Arzneistoffe. Anticholinerg bzw. adrenerg wirkende Stoffe greifen hemmend in die nerval gesteuerte Wasser- und Elektrolytsekretion ein. Außerdem kann durch adrenerg wirkende Stoffe die Durchblutung der glandulären Kapillargebiete beeinflusst werden.

Vielfältige Symptome

Ein gestörter Speichelfluss kann sich auch außerhalb des Mundraumes auswirken:

  • Trockenheit der Nasenschleimhaut mit Schorfbildung und Nasenbluten
  • Geruchsstörungen
  • trockene Augen mit Augenbrennen
  • trockener Hals mit Heiserkeit und chronischem Husten
  • trockene Haut
  • Verdauungsstörungen: Sodbrennen, Verstopfungen, Appetitlosigkeit, Brechreiz, Durchfall

Wie genau Arzneistoffe zu einer Störung der metabolischen Aktivität der Speicheldrüsen führen, ist noch nicht detailliert aufgeklärt. Man geht aber davon aus, dass die Sekretionsstörungen nicht über eine direkte Einwirkung auf das vegetative Nervensystem ausgelöst werden. Es wird vermutet, dass die Arzneistoffe von den Drüsenepithelzellen aufgenommen werden und intrazellulär Stoffwechselkomponenten der Synthese oder der Sekretion blockieren. Die Folge ist eine Irritation der Speicheldrüsenzelle, so dass ihre Funktion eingeschränkt wird. Es werden rund 400 Arzneistoffe mit möglichen xerogenen Nebenwirkungen diskutiert, dazu zählen Antihistaminika, Antiallergika, Antiparkinsonmittel, Antihypertonika, Diuretika, Benzodiazepine, Sedativa und Hypnotika, Antihypertonika und Zytostatika. Dabei entfalten die Anticholinergika über eine periphere Rezeptorblockade und die trizyklischen Antidepressiva über eine zentrale Rezeptorblockade die stärkste xerogene Wirkung.

Chemische Zusammensetzung der Mundflüssigkeit
relativer 
Anteil
chemische Bestandteilewichtige Inhaltsstoffe
99,4%Wasser 
0,5%lösliche organische StoffeProteine, Glucose, Harnstoff, Harnsäure, Glykoproteine und andere
 lösliche anorganische StoffeKalium-, Natrium-, Calcium-, Chlorid-, Phosphat-Ionen und andere
0,1%unlösliche geformte TeilchenEpithelreste, Mikroorganismen, Speisebestandteile

Kausal behandeln und den Speichelfluss anregen

Die einzige Möglichkeit, bei einem trockenen Mund dauerhaft Abhilfe zu schaffen, besteht in der Behandlung der Ursachen. Falls die Beschwerden Nebenwirkungen von Medikamenten sind, sollte versucht werden, den Wirkstoff oder die Dosierung zu ändern. Falls die Speicheldrüsen nicht richtig arbeiten, aber noch Speichel produzieren, stellt die Gabe von systemisch wirkenden, den Speichel stimulierenden Medikamenten eine Möglichkeit dar: Pilocarpin und Nicotinamid können bei einer verbliebenen Restaktivität der Speicheldrüsen eingesetzt werden.

Kann die Ursache für den trockenen Mund nicht beseitigt werden, so sollte versucht werden, mit Speichelstimulanzien die Feuchtigkeit im Mundraum wiederherzustellen. Eingesetzt werden können Tee, Milch oder fluoridhaltige Mundspüllösungen oder Mineralwässer, die aufgrund ihrer kariesprotektiven Wirkung bevorzugt werden sollten. Wegen der dünnen, atrophischen Schleimhaut im Mundraum sollte möglichst auf alle irritierenden Substanzen mit scharfem Geschmack und Alkohol-haltiges verzichtet werden. Sie können den Betroffenen empfehlen, häufig an Wasser oder zuckerfreien Getränken zu nippen. Getränke wie Kaffee und einige zuckerhaltige Erfrischungsgetränke, die zu einem Austrocknen des Mundes führen, sollten gemieden werden. Linderung verschaffen auch Zitronenstücke, Obstscheiben, gefrorene Ananasstückchen oder getrocknetes Obst, die auf die Zunge gelegt bzw. gekaut werden. Saure, harte zuckerfreie Bonbons wie Zitronendrops oder Lutscher regen den Speichelfluss ebenso an wie Wassereis oder Eiscreme. Auch gefrorene Lieblingsgetränke wie Säfte oder Cola können im Mund zerlassen werden: Nahezu alle Getränke lassen sich dafür portionsweise einfrieren. Auch Aromalampen mit etherischen Ölen können helfen: So kann ein frischer Zitronenduft in der Raumluft ebenfalls die Speichelproduktion anregen. Um einen ausreichenden Hydratationsgrad des gesamten Organismus aufrecht zu erhalten, sollten die Betroffenen zu einer ausreichende Flüssigkeitsaufnahme von mindestens zwei Litern Mineralwasser, Tee oder Saft täglich angehalten werden.

Speichelersatzmittel

Zur Linderung der Beschwerden können auch künstliche Speichel beitragen. Sie sollten aber immer nur in Kombination mit einer guten Mundhygiene bzw. Mundpflege verwendet werden. Idealerweise entspricht der künstliche Speichel in etwa in seiner Zusammensetzung dem natürlichen Speichel: Er sollte einen neutralen pH-Wert besitzen und Elektrolyte enthalten. In Deutschland werden verschieden Präparate angeboten:

  • gastrales Mucin vom Schwein als Pumpspray oder Lutschtablette (Salvia® Medac)
  • Sprays auf Carmellose-Basis (Glandosane® , neutral oder aromatisiert)
  • Gel auf Hydroxyethylcellulose-Basis (Bioxtra®)

Durch Herabsetzung der Oberflächenspannung stellen die im Speichel enthaltenen Mucine einen idealen Feuchtigkeitsfilm auf der Mund- und Rachenschleimhaut bereit, der lange Zeit haftet, ohne dabei zu verkleben. Der künstliche Speichel muss dagegen relativ häufig angewendet werden, da er nur kurz im Mund befeuchtend wirkt. Der Effekt von künstlichem Speichel auf Carmellose-Basis wird oft als unzureichend beschrieben. Trinken die Betroffenen viel und regelmäßig, so wird ein ähnlicher Effekt erreicht. Präparate auf Mucinbasis erscheinen zwar weniger klebrig, verbleiben im Mund aber länger, so dass sie nicht so oft angewendet werden müssen. Mucinhaltige Speichelersatzstoffe werden daher in der Praxis aufgrund ihrer dem menschlichen Speichel ähnlichen viskoelastischen Eigenschaften häufig favorisiert.

 

Quelle

Stratmann, U.; Mokrys, K.:Mundtrockenheit. Ursachen und Symptomatik. Zahnärztliche Mitteilungen 2000, 21: 62. 

Grötz, K. A.: Die trockene Mundhöhle: Ätiologie, Klinik, Diagnostik, Therapie. Zahnärztliche Mitteilungen 2002, 22: 46.

Meyer-Lückel, H.; Kielbassa, A.: Speichelersatzmittel zur Behandlung der Hyposalivation. Deutsche Zahnärztliche Zeitschrift 2002, 57: 335 – 344. 


 

ck

Zuckerfreier Kaugummi, regelmäßig zwischen den Mahlzeiten gekaut, hat sich als eine effektive dauerhafte Speichelstimulation bewährt. Durch einen „Trainingseffekt“ der Speicheldrüsen kann ein starker Abfall der Sekretionsleistung der Speicheldrüsen vermieden werden.
Foto: Wrigley

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