Ernährung aktuell

Die Schrothkur setzt auf Trink und Trockentage

Eine seit mehr als 170 Jahren praktizierte Diät ist die Schrothkur, die wir hier im Rahmen unserer Serie "alternative Ernährungsformen" vorstellen möchten. Die Schrothkur ist im Prinzip eine Fastenkur, bei der sich so genannte Trockentage mit geringer Flüssigkeitszufuhr und Trinktage abwechseln. Das Ziel ist eine "Entschlackung", Stoffwechselanregung, Entwässerung und heutzutage meist auch eine Gewichtsreduktion. Als Naturheilverfahren erfreut sich die Schrothkur vor allem in Kurorten im Allgäu großer Beliebtheit, obwohl Schulmedizin und Ernährungswissenschaft ihren langfristigen Nutzen anzweifeln.

Der Fuhrmann Johann Schroth (1798 –1855) entwickelte durch Selbstversuche im 19. Jahrhundert die nach ihm benannte Schrothkur. Er behandelte seine Knieverletzung mit feuchten Umschlägen und Fasten, da er aus Beobachtungen an seinen kranken Pferden schloss, dass Fasten und Dunstwickel die Selbstheilungskräfte fördern. Nachdem seine Therapie erfolgreich war, machte er daraus ein schon damals nicht unumstrittenes Kurkonzept mit einer Kombination von Wickeln, Bewegung und Fasten.

Das Konzept der klassischen Schrothkur

Die klassische Schrothkur ruht auf vier Säulen:

  • Diät
  • Trink- und Trockentage
  • Wickel und Packungen
  • Bewegung

Diät

Bei der Diät handelt es sich um eine Form des Heilfastens, die meist stationär in Kurkliniken für zwei bis vier Wochen durchgeführt wird. Der Kurgast erhält eine kalorienreduzierte (ca. 500 bis 600 kcal pro Tag), überwiegend basische Kost, die außerdem praktisch salzfrei ist. Die Aufnahme von tierischem Eiweiß und Fett in Form von Fleisch, Fisch, Eiern und Milchprodukten ist nicht erlaubt. Die vegane Diät ist kohlenhydratbetont und cholesterinfrei, um den Stoffwechsel zu entlasten, den Zellstoffwechsel zu normalisieren und die Selbstheilung zu fördern. Am Morgen und am Abend gibt es einige Scheiben trockenes Brot bzw. Kurgebäck, mittags eine warme vegetarische Mahlzeit, Gemüse oder eine Suppe. Die Kost soll so reizarm wie möglich sein, um den Verdauungsprozess einfach und unbelastet ablaufen zu lassen. Nur gekochtes Gemüse und Obst in Form von Kompotten ist nach dem Kurkonzept reizarm und entlastet den Darm, im Gegensatz zu Rohkost. Daneben werden Kartoffeln, Reis, Getreideprodukte, eingeweichte, getrocknete Pflaumen und Aprikosen gereicht.

Die Schrothdiät stellt keine langfristig einzuhaltende Kostform dar, sondern soll den Kurerfolg ermöglichen. Sie soll eine Gewichtsreduktion und die Besserung vieler Stoffwechselwerte bewirken: mehr gefäßschützendes HDL-Cholesterin, weniger LDL-Cholesterin und Triglyceride, Senkung erhöhter Blutzuckerwerte sowie Normalisierung eines erhöhten Blutdrucks. Damit soll das Herzinfarkt- und Schlaganfallrisiko gesenkt werden. Die Harnsäure steigt grundsätzlich zu Beginn der Kur an, soll aber in der zweiten Kurwoche bereits wieder abfallen. Die kochsalzreduzierte Diät führt zu einer vermehrten Ausschwemmung von Wasseransammlungen

Trink- und Trockentage

Die täglich aufgenommene Trinkmenge variiert rhythmisch bei der Schrothkur. Bei der klassischen Schrothkur gibt es Trockentage, an denen maximal ein halber Liter Flüssigkeit getrunken wird, früher (und teilweise auch heute noch) vor allem Weißwein. Sie wechseln sich mit so genannten Trinktagen ab. An den Trinktagen wird bis zu 1,5 Liter Flüssigkeit getrunken – neben Tee, Heilwasser oder Fruchtsäften als Getränk sind auch trockene Weine erlaubt. Früher wurde viel Wein an diesen Tagen getrunken – Schroth-Kuren können/konnten recht fröhlich verlaufen – doch der Alkoholkonsum steht heute in der Kritik, so dass die modernen Schrothkuren oft auf Alkohol verzichten.

Der rhythmische Wechsel von Trink- und Trockentagen soll im Organismus einen unspezifischen Reiz ausüben, um die körpereigenen Ordnungs- und Heilkräfte zu wecken und zu fördern. Stoffwechselschlacken sollen aus dem Bindegewebe abtransportiert und vermehrt über Niere, Darm und Haut ausgeschieden werden. Dieser Effekt – auch als Gewebsdrainage bezeichnet – wird durch die Kurpackungen und die stoffwechselentlastende Diät unterstützt.

An den Trockentagen (Montag, Mittwoch und Freitag) gibt es zunächst morgens vor der Packung den üblichen Kräutertee. Nach der Packung ist ein weiteres Glas Tee mit Kurgebäck erlaubt und erst abends gibt es ein Glas frisch gepressten Orangensaft. Am Trockentag braucht der Körper sehr viel Ruhe. An den Trinktagen (Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag) gibt es Flüssigkeit in Form von Wasser, Kräutertee, Säften und Wein.

Dunstwickel und Packungen

Feuchte Ganzkörperpackungen und Dunstwickel sollen für eine gute Durchblutung sorgen und den Stoffwechsel anregen. Ein kalter Ganzkörperwickel mit darüber liegenden trockenen Tüchern bringt nach anfänglichem Frösteln Wärme und Entspannung. Der Wickel dauert zwei Stunden. Der Körper ist aufgeheizt und schwitzt stark. Nach der Vorstellung der Schroth-Anhänger entgiftet der Körper über das starke Schwitzen.

Bewegung

Der vierte Bestandteil der Schrothkur ist die sanfte Bewegung. Viele Kurkliniken bieten sanfte Sportprogramme zur Unterstützung der Diät an. Wassergymnastik, Gymnastik, Wandern und Walken unterstützen das Abnehmen und verkürzen die Zeit in der Kurklinik.

Die modifizierte Schrothkur

Viele Kurorte bieten die Schrothkur an, am bekanntesten ist Oberstaufen im Allgäu. Mittlerweile kann man auch modifizierte Schrothkuren durchführen, die weniger entwässernd sind und ohne Wein auskommen. Um den bei der ursprünglichen Kurform auftretenden Mangel an Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen auszugleichen, wurde die Schrothkur mehrfach modifiziert. In den zugelassenen Kurkliniken ist eine kurbegleitende Ernährungsberatung Teil der Behandlung. Hier erhält der Gast Hilfestellung für eine grundsätzliche Ernährungsumstellung. Denn nur diese kann einen langfristigen Gewichtsverlust bewirken.

Der Deutsche Schrothbund nennt folgende Krankheitsbilder die durch die Schrothkur positiv beeinflusst werden:

  • Fettstoffwechselstörungen
  • Bluthochdruck
  • Herzinfarkt und Schlaganfall
  • Gicht
  • Diabetes mellitus
  • Rheuma, Weichteilrheuma
  • Arterienverkalkung
  • Magen-Darm-Störungen
  • Neigung zu Wasseransammlungen im Körper
  • Migräne
  • Nieren- und Blasenleiden
  • Chronische Vergiftungen (Amalgam, Nicotin usw.)
  • Allergien
  • Hautkrankheiten wie Schuppenflechte und Akne
  • Verschleißerscheinungen der Gelenke und der Wirbelsäule
  • Chronische Entzündungen z. B. der Bronchien oder Nasennebenhöhlen
  • Schilddrüsenunterfunkion
  • Burn-out-Syndrom

Nicht durchgeführt werden soll die Schrothkur bei Leberzirrhose, Schwangerschaft, Tuberkulose, Krebserkrankungen, Schilddrüsenüberfunktion und Nierenfunktionsstörungen

Beurteilung

Die Schrothkur wird heute in vielen Kurkliniken und Wellnesshotels angeboten. Sie gilt als naturheilkundliches Verfahren und sollte ausschließlich unter ärztlicher Aufsicht durchgeführt werden. Eine Anwendung allein zu Hause ist nicht empfehlenswert. Wurde die Kur früher zur Behandlung von Krankheiten durchgeführt, wird sie heute meist zur Vorbeugung von Krankheiten und zur Gewichtsdeduktion eingesetzt. Während der Fastenkuren nehmen die Patienten automatisch ab, doch wie bei jeder Fastenkur ist es schwierig, das erreichte Gewicht danach zu halten.

Bei der Schrothkur werden deutlich unter 1000 kcal am Tag aufgenommen. Diese geringe Kalorienzufuhr macht einen Jo-Jo-Effekt nach der Kur sehr wahrscheinlich, wenn nicht ein gezieltes langsames Fastenbrechen eingeleitet wird sowie eine umfangreiche Ernährungsberatung erfolgt.

Die üblicherweise empfohlene Flüssigkeitszufuhr an den Trockentagen ist viel zu gering. Dies kann u. a. zu ernsten Kreislaufproblemen führen, vor allem, wenn man die Schrothkur mit Hilfe entsprechender Ratgeberbücher allein durchführt. Ärztliche Kontrolle ist deshalb unabdingbar. Die geringe Flüssigkeitsmenge an den Trockentagen steht aktuellen Empfehlungen von Ernährungsmedizinern entgegen. Bei einer Diät sollte grundsätzlich viel getrunken werden, die Empfehlungen liegen zwischen zwei und drei Liter Flüssigkeit, je nach Art der Nahrungszufuhr. Auch an den Trinktagen soll man bei der Schrothkur nur maximal 1,5 l Flüssigkeit zuführen, das ist deutlich unter den Empfehlungen. Hinzu kommt, dass Wein natürlich ein umstrittener Bestandteil der Kur ist und sicher nicht als Ersatz für Mineralwasser getrunken werden sollte.

Die Fastenden nehmen täglich nur bis zu 600 Kalorien auf. Wegen des Mangels an Eiweiß und anderen lebenswichtigen Stoffen sollte die Fastenkur nur einmal im Jahr maximal drei Wochen durchgeführt werden. Die angestrebte "Stoffwechselentschlackung" mit dauerhaftem Gesundheitseffekt ist wissenschaftlich nicht nachweisbar. Dass sich im Körper "Schlacken" bilden, die auf diese Weise gelöst werden können, ist nicht bewiesen. Die traditionelle Schrothkur wird von vielen Ärzten sogar als gesundheitlich bedenklich abgelehnt.

Wie alle Fastenkuren kann jedoch auch die (modifizierte) Schrothkur unter fachkundiger Leitung als Initialzündung für eine dauerhafte Änderung falscher Ernährungsgewohnheiten genutzt werden. Die anfänglich starke Gewichtsabnahme unterstützt die Motivation in willkommener Weise. Eine nachfolgende intensive Ernährungsbetreuung ist jedoch für den Dauererfolg unabdingbar.

 

Dr. Eva-Maria Schröder

 

 

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