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Arzneimittel und Therapie
Fesoterodin hilft bei überaktiver Blase
Eine hyperaktive Blase ist für Betroffene quälend. Sei es im Straßenverkehr, im Zug, in der Straßenbahn oder in beruflichen Situationen, zum Beispiel als Kassiererin an der Supermarktkasse – die Angst vor dem Harndrang in unpassenden Situationen kann dazu führen, dass Betroffene ihren Beruf nicht mehr ausüben können und sich aus dem sozialen Leben zurückziehen. Auch das Sexualleben wird stark beeinträchtigt.
Aktuell leiden rund 13,1 Millionen Menschen unter einer überaktiven Blase, und nur ein Bruchteil davon wird ausreichend ärztlich behandelt. Oft sind die Mitarbeiter in der Apotheke die ersten Ansprechpartner bei diesen Problemen, zu denen vor allem Inkontinenz gehört. Erst wenn die Lebensqualität gravierend eingeschränkt ist, erfolgt ein Arztbesuch.
Muscarinrezeptoren in der Blasenwand
Die hohlkugelartige Blase ist an ihren Innenwänden mit Muscarinrezeptoren besetzt. Wenn diese gereizt werden, zieht sich die Blase zusammen. An diesem Mechanismus greifen Muscarinrezeptor-Antagonisten an.
Das ältere Oxybutinin galt lange als Standardsubstanz, heute werden außerdem Trospiumchlorid, Tolterodin, Darifenacin und Solifenacin eingesetzt. Diese Substanzen verhindern eine übermäßige Reizung der Blasenwand und senken den parasympathomimetisch bedingten Detrusortonus. Da sich in den Speicheldrüsen dieselben Muscarinrezeptoren befinden wie in der Blasenwand, führen sie alle zu Mundtrockenheit. Eine weitere häufige Nebenwirkung ist Obstipation.
Hydrolyse zum aktiven Metaboliten
Das neue Fesoterodin ist mit Tolterodin strukturverwandt und wirkt wie Tolterodin als kompetitiver, spezifischer Muscarinrezeptor-Antagonist. Fesoterodin wird wie Tolterodin zum 5-Hydroxymethyltolterodin, dem aktiven Metaboliten, abgebaut. Im Gegensatz zu Tolterodin sind an dieser Umwandlung bei Fesoterodin keine Leberenzyme beteiligt, sondern unspezifische Plasmaesterasen, weshalb es bei Fesoterodin im Gegensatz zu Tolterodin keinen Unterschied zwischen langsamen und schnellen Metabolisierern gibt.
Der weitere Abbau des Metaboliten erfolgt über das Cytochrom-P450-System. In der Leber unterliegt der Metabolit unter Beteiligung von CYP2D6 und CYP3A4 einer weiteren Verstoffwechslung zu inaktiven Carboxy-, Carboxy-N-Desisopropyl- und N-Desisopropyl-Metaboliten. Die Metaboliten werden vor allem renal eliminiert. Nach oraler Anwendung liegt die terminale Halbwertszeit des aktiven Metaboliten bei rund sieben Stunden.
Besonders bei Patienten mit eingeschränkter Leber- und Nierenfunktion, die zusätzlich CYP3A4- oder CYP2D6-Inhibitoren einnehmen, kann es vermehrt zu unerwünschten Wirkungen kommen. Hier muss die Dosis entsprechend gesenkt werden, bei Fesoterodin ist in diesem Fall die Anwendung von starken CYP3A4-Hemmern kontraindiziert. Auch bei Patienten mit eingeschränkter Leberfunktion oder stark eingeschränkter Nierenfunktion ist Vorsicht geboten, und die Dosis sollte möglichst niedrig sein.
Steckbrief: FesoterodinHandelsname: Toviaz Hersteller/Vertreiber: Pfizer Pharma GmbH, Karlsruhe Einführungsdatum: 15. September 2008 Zusammensetzung: Jede Retardtablette enthält 4 mg/8 mg Fesoterodinfumarat entsprechend 3,1 mg/6,2 mg Fesoterodin. Sonstige Bestandteile: Tablettenkern: Xylitol, Lactose-Monohydrat, mikrokristalline Cellulose, Hypromellose, Glyceroldibehenat, Talkum. Filmüberzug: Poly(vinylalkohol), Titandioxid (E 171), Macrogol (3350), Talkum, entölte Phospholipide aus Sojabohnen, Indigocarmin, Aluminiumsalz (E 132). Packungsgrößen, Preise und PZN: Toviaz 4 mg Retardtabletten: 28 Stück, 57,67 Euro, PZN 0020511; 56 Stück, 106,41 Euro, PZN 0020528; 84 Stück, 144,97 Euro, PZN 0020534. Toviaz 8 mg Retardtabletten: 28 Stück, 62,39 Euro, PZN 0020540; 56 Stück, 1115,87 Euro, PZN 0020557; 84 Stück, 158,06 Euro, PZN 002056. Stoffklasse: Urologika; Parasympatholytikum, Antimuscarinergikum. ATC-Code: G04B D11. Indikation: Zur symptomatischen Behandlung von erhöhter Harnfrequenz und/oder imperativem Harndrang und/oder Dranginkontinenz, wie sie bei Patienten mit dem Syndrom der überaktiven Blase vorkommen können. Dosierung: Empfohlene Anfangsdosis 4 mg einmal täglich, je nach Ansprechen des Patienten kann die Dosis auf 8 mg einmal täglich erhöht werden. Tageshöchstdosis 8 mg. Gegenanzeigen: Harnretention, Magenretention, nicht ausreichend behandeltes oder unbehandeltes Engwinkelglaukom, Myasthenia gravis, schwere Einschränkung der Leberfunktion, gleichzeitige Anwendung von starken CYP3A4-Hemmern bei Patienten mit mäßiger bis schwerer Einschränkung der Leber- oder Nierenfunktion, schwere Colitis ulcerosa, toxisches Megakolon. Nebenwirkungen: Sehr häufig: Mundtrockenheit. Häufig: Schwindel, Kopfschmerzen; trockene Augen; trockene Kehle; Bauchschmerzen, Diarrhö, Dyspepsie, Verstopfung, Übelkeit; Dysurie; Schlaflosigkeit. Wechselwirkungen: Bei gleichzeitiger Anwendung von Fesoterodin und anderen antimuscarinischen Wirkstoffen oder Arzneimitteln mit anticholinergen Wirkungen kann es zu verstärkten therapeutischen Wirkungen und Nebenwirkungen kommen. Fesoterodin kann die Wirkung von Arzneimitteln vermindern, die die Motilität des Gastrointestinaltrakts anregen, z. B. Metoclopramid. Wenn gleichzeitig starke CYP3A4-Hemmer angewendet werden, sollte die Höchstdosis von Fesoterodin auf 4 mg begrenzt werden, da sich die Plasmakonzentration des aktiven Metaboliten von Fesoterodin dadurch erhöhen kann, ebenso wird die gleichzeitige Anwendung eines starken CYP2D6-Hemmers nicht empfohlen. Umgekehrt kann die Induktion von CYP3A4 zu subtherapeutischen Plasmaspiegeln führen, daher wird die gleichzeitige Anwendung mit starken oder mäßigen CYP3A4-Induktoren nicht empfohlen. Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen: Fesoterodin sollte mit Vorsicht angewendet werden bei Patienten mit klinisch signifikanten obstruktiven Harnabflussstörungen mit dem Risiko eines Harnverhalts; obstruktiven gastrointestinalen Störungen; gastroösophagealem Reflux und/oder gleichzeitiger Behandlung mit Arzneimitteln, die eine Ösophagitis verursachen oder verstärken können; verminderter gastrointestinaler Motilität; autonomer Neuropathie sowie Engwinkelglaukom. Vorsicht ist geboten bei eingeschränkter Leber- und Nierenfunktion. Wie andere antimuscarinische Wirkstoffe ist Fesoterodin mit Vorsicht bei Patienten anzuwenden, bei denen das Risiko einer QT-Verlängerung besteht, und bei Patienten mit manifesten vorbestehenden Herzerkrankungen, besonders, wenn starke CYP3A4-Hemmer eingenommen werden. |
Volle Wirksamkeit nach zwei bis acht Wochen
Fesoterodin wird in einer Anfangsdosis von 4 mg einmal täglich eingenommen, je nach Ansprechen des Patienten kann die Dosis auf 8 mg einmal täglich erhöht werden. Die Tageshöchstdosis beträgt 8 mg und liegt damit höher als die empfohlene Dosis von Tolterodin, die zweimal täglich 2 mg beträgt. Die höhere Dosis von Fesoterodin zeigt eine bessere Wirksamkeit als die niedrige, löst aber auch mehr antimuscarinerge Nebenwirkungen aus.
Die Tabletten werden einmal täglich mit etwas Flüssigkeit eingenommen und unzerkaut geschluckt. Sie können mit oder ohne Nahrung eingenommen werden.
Nach zwei bis acht Wochen tritt die volle Wirksamkeit ein. Daher sollte der individuelle Behandlungserfolg nach acht Wochen überprüft werden.
Deutliche Besserung der Symptome
Nach den Ergebnissen klinischer Studien verbessert Fesoterodin die belastenden Symptome der überaktiven Blase. Es reduziert die Anzahl der Miktionen und Dranginkontinenzereignisse und erhöht das Miktionsvolumen im Vergleich zu Placebo deutlich.
Die 8-mg-Dosis war der niedrigeren Dosis von Tolterodin überlegen: Patienten, die mit 4-mg- und 8-mg-Dosen von Fesoterodin behandelt wurden, erreichten im Median eine höhere numerische Reduktion der Dranginkontinenzereignisse (-80% und -88%) als Patienten, die mit 4 mg retardiertem Tolterodin (-70%) behandelt wurden. Außerdem verbesserten sich der Schlaf, persönliche Beziehungen und Einschränkungen im Beruf.
Nebenwirkung Mundtrockenheit
Durch die Bindung an Muscarinrezeptoren in anderen Geweben kann Fesoterodin leichte bis mittelschwere antimuscarinische Effekte verursachen. Dazu gehören Mundtrockenheit, trockene Augen, Dyspepsie und Verstopfung, außerdem zentralnervöse Nebenwirkungen wie Schwindel und Kopfschmerzen.
In den klinischen Studien war die kardiovaskuläre Verträglichkeit von Fesoterodin gut, das QT-Intervall wurde nicht verlängert. Dennoch sollte Fesoterodin wie andere antimuscarinische Wirkstoffe mit Vorsicht angewendet werden bei Patienten, bei denen das Risiko einer QT-Verlängerung besteht und bei Patienten mit manifesten vorbestehenden Herzerkrankungen. Dies gilt ganz besonders, wenn starke CYP3A4-Hemmer eingenommen werden.
Fesoterodin sollte ebenfalls mit Vorsicht angewendet werden bei Patienten mit klinisch signifikanten obstruktiven Harnabflussstörungen mit dem Risiko eines Harnverhalts; obstruktiven gastrointestinalen Störungen und/oder gleichzeitiger Behandlung mit Arzneimitteln, die eine Ösophagitis verursachen oder verstärken können, verminderter gastrointestinaler Motilität, autonomer Neuropathie sowie einem Engwinkelglaukom.
Quelle
Fachinformation Toviaz® , Stand Juni 2008.
Prof. Dr. Klaus-Peter Jünemann, Kiel; Dr. Matthias Oelke, Hannover, Priv.-Doz. Dr. Tim Schneider, Mülheim; Dr. Daniele Marschall-Kehrer, Frankfurt: "Einen Schritt weiter in der Therapie der überaktiven Blase – zurück ins Leben!”, Stuttgart, 25. September 2008, veranstaltet von der Pfizer Pharma GmbH, Karlsruhe.
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Steckbrief: FesoterodinHandelsname: Toviaz Hersteller/Vertreiber: Pfizer Pharma GmbH, Karlsruhe Einführungsdatum: 15. September 2008 Zusammensetzung: Jede Retardtablette enthält 4 mg/8 mg Fesoterodinfumarat entsprechend 3,1 mg/6,2 mg Fesoterodin. Sonstige Bestandteile: Tablettenkern: Xylitol, Lactose-Monohydrat, mikrokristalline Cellulose, Hypromellose, Glyceroldibehenat, Talkum. Filmüberzug: Poly(vinylalkohol), Titandioxid (E 171), Macrogol (3350), Talkum, entölte Phospholipide aus Sojabohnen, Indigocarmin, Aluminiumsalz (E 132). Packungsgrößen, Preise und PZN: Toviaz 4 mg Retardtabletten: 28 Stück, 57,67 Euro, PZN 0020511; 56 Stück, 106,41 Euro, PZN 0020528; 84 Stück, 144,97 Euro, PZN 0020534. Toviaz 8 mg Retardtabletten: 28 Stück, 62,39 Euro, PZN 0020540; 56 Stück, 1115,87 Euro, PZN 0020557; 84 Stück, 158,06 Euro, PZN 002056. Stoffklasse: Urologika; Parasympatholytikum, Antimuscarinergikum. ATC-Code: G04B D11. Indikation: Zur symptomatischen Behandlung von erhöhter Harnfrequenz und/oder imperativem Harndrang und/oder Dranginkontinenz, wie sie bei Patienten mit dem Syndrom der überaktiven Blase vorkommen können. Dosierung: Empfohlene Anfangsdosis 4 mg einmal täglich, je nach Ansprechen des Patienten kann die Dosis auf 8 mg einmal täglich erhöht werden. Tageshöchstdosis 8 mg. Gegenanzeigen: Harnretention, Magenretention, nicht ausreichend behandeltes oder unbehandeltes Engwinkelglaukom, Myasthenia gravis, schwere Einschränkung der Leberfunktion, gleichzeitige Anwendung von starken CYP3A4-Hemmern bei Patienten mit mäßiger bis schwerer Einschränkung der Leber- oder Nierenfunktion, schwere Colitis ulcerosa, toxisches Megakolon. Nebenwirkungen: Sehr häufig: Mundtrockenheit. Häufig: Schwindel, Kopfschmerzen; trockene Augen; trockene Kehle; Bauchschmerzen, Diarrhö, Dyspepsie, Verstopfung, Übelkeit; Dysurie; Schlaflosigkeit. Wechselwirkungen: Bei gleichzeitiger Anwendung von Fesoterodin und anderen antimuscarinischen Wirkstoffen oder Arzneimitteln mit anticholinergen Wirkungen kann es zu verstärkten therapeutischen Wirkungen und Nebenwirkungen kommen. Fesoterodin kann die Wirkung von Arzneimitteln vermindern, die die Motilität des Gastrointestinaltrakts anregen, z. B. Metoclopramid. Wenn gleichzeitig starke CYP3A4-Hemmer angewendet werden, sollte die Höchstdosis von Fesoterodin auf 4 mg begrenzt werden, da sich die Plasmakonzentration des aktiven Metaboliten von Fesoterodin dadurch erhöhen kann, ebenso wird die gleichzeitige Anwendung eines starken CYP2D6-Hemmers nicht empfohlen. Umgekehrt kann die Induktion von CYP3A4 zu subtherapeutischen Plasmaspiegeln führen, daher wird die gleichzeitige Anwendung mit starken oder mäßigen CYP3A4-Induktoren nicht empfohlen. Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen: Fesoterodin sollte mit Vorsicht angewendet werden bei Patienten mit klinisch signifikanten obstruktiven Harnabflussstörungen mit dem Risiko eines Harnverhalts; obstruktiven gastrointestinalen Störungen; gastroösophagealem Reflux und/oder gleichzeitiger Behandlung mit Arzneimitteln, die eine Ösophagitis verursachen oder verstärken können; verminderter gastrointestinaler Motilität; autonomer Neuropathie sowie Engwinkelglaukom. Vorsicht ist geboten bei eingeschränkter Leber- und Nierenfunktion. Wie andere antimuscarinische Wirkstoffe ist Fesoterodin mit Vorsicht bei Patienten anzuwenden, bei denen das Risiko einer QT-Verlängerung besteht, und bei Patienten mit manifesten vorbestehenden Herzerkrankungen, besonders, wenn starke CYP3A4-Hemmer eingenommen werden. |
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