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- DAZ 47/2008
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Wird Ratiopharm verkauft?
Die VW-Aktie war im Oktober entgegen der weltweiten Talfahrt an den Börsen zeitweise auf über 1000 Euro gestiegen. Analysten hatten immer wieder auf eine fundamental nicht zu rechtfertigende Überbewertung der Aktie hingewiesen, die dennoch immer weiter stieg – inzwischen aber gegenüber diesen Höchstkursen deutlich verloren hat. Die Kursanstiege wurden auf die Übernahme der Aktienmehrheit durch Porsche und die geringe Zahl noch frei verfügbarer Aktien zurückgeführt. Nach diversen Zeitungsmeldungen soll Merckle wohl zur falschen Zeit auf fallende VW-Kurse gesetzt und dabei einen Verlust in Milliardenhöhe erlitten haben.
Als weiteres Finanzproblem im Merckle-Imperium gilt die Übernahme des britischen Hanson-Konzerns durch Heidelberg Cement im vorigen Jahr. Merckle ist mit 80 Prozent an Heidelberg Cement beteiligt, die Übernahme kostete 14 Milliarden Euro, davon sollen zwölf Milliarden Euro durch Schulden finanziert worden sein, berichtete die "FAZ". In Zeiten der Finanzkrise dürfte dies noch schwerer wiegen als zuvor. Das "Handelsblatt" charakterisierte die Merckle-Gruppe als Konglomerat mit 35 Milliarden Euro Umsatz und "vermutlich deutlich mehr als 16 Milliarden Euro Finanzschulden". So folgerte das "Handelsblatt" über die Merckle-Gruppe: "Gemessen an ihrer Ertrags- und Finanzkraft gehört sie zu den am höchsten verschuldeten Großunternehmen in Deutschland."
In dieser Situation erwarten "FAZ", "Handelsblatt", "Welt" und andere Zeitungen, ein Verkauf des gut etablierten Generikaherstellers Ratiopharm könnte der Finanzknappheit bei Merckle am besten abhelfen. Bei einem Umsatz von 1,8 Milliarden Euro und zuletzt guten Gewinnmargen sei ein Erlös von etwa fünf Milliarden Euro zu erwarten. Eine mögliche Alternative wäre, die Beteiligung an der Firma Kässbohrer zu verkaufen, heißt es bei "Welt-online". Eine Bestätigung aus dem Hause Merckle gibt es zu keiner dieser Spekulationen, aber auch kein Dementi, wie "Welt-online" betonte. Ludwig Merckle, Sohn des Firmenchefs Adolf Merckle, soll gegenüber der "FAZ" nur bestätigt haben, dass es Verhandlungen mit Banken gäbe. Diese Verhandlungen seien bereits weit fortgeschritten.
Mögliche Käufer
In anderen Zeitungen wird sogar schon über mögliche Käufer für Ratiopharm spekuliert. "T-online" nannte unter Berufung auf die "Stuttgarter Zeitung" und die Ulmer "Südwest Presse" den israelischen Teva-Konzern, den größten Generikahersteller der Welt, und die französische Sanofi-Aventis als potenzielle Käufer. "Welt-online" spekulierte über die gleichen Namen. Allerdings betrachtet das "Handelsblatt" den Zeitpunkt als ungünstig für einen Verkauf, weil die Börsenbewertungen anderer Generikahersteller im Zuge der Finanzkrise um 20 bis 50 Prozent zurückgegangen sind, was auch den Kaufpreis für Ratiopharm entsprechend drücken würde.
Als weitere Spekulation über die Ursachen für den vermuteten Finanzbedarf im Hause Merckle nannte "Welt-online" das Gerücht, Merckle wolle im kommenden Jahr eine Apothekenkette aufbauen und benötige dafür eine Milliarde Euro. Dabei weisen die Redakteure aber nicht darauf hin, dass das Urteil vor dem Europäischen Gerichtshof zum Apothekenfremdbesitz noch offen ist. Zudem verkennen sie offenbar, dass eine Apothekenkette – wenn sie denn zugelassen würde – gerade durch die vertikale Konzentration im Zusammenhang mit Ratiopharm interessant wäre.
Merckle erwägt BürgschaftAdolf Merckle hat Medienberichten zufolge beim baden-württembergischen Wirtschaftsministerium die Möglichkeit einer Bürgschaft sondiert. Am Montag fanden erste Gespräche dazu statt. Wie die Süddeutsche Zeitung berichtete, hat der Unternehmer nach Aussage von Baden-Württembergs Wirtschaftsminister Ernst Pfister (FDP) bislang jedoch keinen Antrag auf eine Landesbürgschaft gestellt. Ministerpräsident Günther Oettinger soll sich zurückhaltend hinsichtlich möglicher Hilfen des Landes für Merckle geäußert haben. |
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