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Fortbildungskongress
Ein therapeutischer Eilfall, kein Notfall
Als Hörsturz-gefährdet wurden lange Zeit Patienten angesehen, die auch ein hohes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen haben. Man sprach in diesem Zusammenhang sogar von einer Otangina. Ähnlich wie für den Herzinfarkt sollten Bluthochdruck, Diabetes mellitus, Übergewicht, erhöhte Cholesterinwerte oder Rauchen zu den Hörsturz-auslösenden Funktionsstörungen im Innenohr führen. Doch diese Risikofaktoren ließen sich bei vielen Hörsturzpatienten so nicht finden. Lediglich jeder Vierte weist erhöhte Cholesterin- und Triglyceridspiegel auf. Nur diese Patientengruppe unterscheidet sich damit deutlich von einem Normalkollektiv. Dass der Hörsturz die Folge einer Mangeldurchblutung sein kann, aber auch die Folge einer Virusinfektion, darauf deuteten histopathologische Befunde hin. Neuesten Erkenntnissen zufolge gibt es allerdings eine Vielzahl von Fehlsteuerungen im Bereich des Innenohrs, die letztlich zu einem Regulationschaos auf molekularbiologischer Ebene und damit zum Hörsturz führen. Von diesen Fehlsteuerungen können verschiedene Bereiche betroffen sein:
- die nutritive Versorgung des Corti-Organs,
- die aktiven motorischen Verstärker der Haarzelle,
- die Aufrechterhaltung des endolymphatischen Potenzials über die Stria vascularis,
- die Autoregulation innerhalb des Gefäßnetzes der Cochlea sowie
- Synapsen und Nervenfasern.
Änderungen der Innenohrdurchblutung, sei es infolge eines Blutdruckabfalls, durch Vasospasmen, durch Endothelschwellung oder veränderte Fließeigenschaften des Blutes, können immer für Funktionsstörungen bis hin zum Hörsturz verantwortlich sein.
Um einen Hörsturz zu behandeln, sind verschiedenste Wege beschritten worden. Die Leitlinie Hörsturz listet eine ganze Reihe von Verfahren auf, die wirkungslos sein sollen (s. Kasten). Gerade gefäßerweiternde Substanzen wie Calciumantagonisten, Nicotinsäure und Prostaglandine bergen nach Michel die Gefahr einer verstärkten Minderdurchblutung im Innenohr, da sie auch gesunde Gefäße erweitern (Steal-Syndrom) und so zu einem Blutdruckabfall führen könnten. Auch bei Patienten mit niedrigem Blutdruck könnte durch Vasodilativa die Durchblutung im Innenohr durch den zu erwartenden Blutdruckabfall verschlechtert werden.
HörsturztherapieWirkungslose Verfahren
Evidenzbasierte Verfahren
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Zu den wissenschaftlich erforschten und Evidenz-basierten Behandlungsmöglichkeiten (s. Kasten) zählt nach der Leitlinie Hörsturz die rheologische Therapie. Zur Anwendung kommen die Hämodilution beispielsweise mit Hydroxyethylstärke sowie Maßnahmen zur Verbesserung der Fluidität beispielsweise mit Pentoxyverin, und Ginkgo biloba. Zwar hat Ginkgo biloba keine Zulassung für die Indikation Hörsturz, wird aber dennoch im Rahmen der Langzeittherapie angewandt. Die Firma Fresenius hat inzwischen die Ergebnisse einer Multicenterstudie vorgelegt, die eine deutliche Überlegenheit der Infusionsbehandlung mit Hydroxyethylstärke bei Patienten mit hohem Blutdruck und verzögertem Behandlungsbeginn gezeigt hat. Alles in allem sei, so Michel, der Hörsturz zwar als therapeutischer Eilfall, jedoch nicht als Notfall einzustufen. Auch bei verzögertem Behandlungsbeginn ließen sich bei Ausschluss eines symptomatischen Hörverlustes mit Hilfe eines bewährten Behandlungsschemas bleibende Hörstörungen verhindern.
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