Arzneimittel und Therapie

Antidepressiva können Suizidrisiko erhöhen

Wie die amerikanische Arzneimittelbehörde FDA kommt nun auch die Europäische Arzneimittelbehörde EMEA zu dem Schluss, dass alle Antidepressiva das Suizidrisiko bei unter 25-Jährigen erhöhen können und fordert die Aufnahme entsprechender Warnhinweise in die Produktinformationen. Das Bundesinstitut für Arzneimittelund Medizinprodukte (BfArM) hat dazu ein Stufenplanverfahren eingeleitet.

Die Diskussion um ein erhöhtes Suizidrisiko bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen unter Antidepressiva aus der Gruppe der Serotonin – und Serotonin/Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI/SNRI) hat schon in der Vergangenheit dazu geführt, dass in der EU entsprechende Warnhinweise in die Produktinformationen aufgenommen werden mussten.

Im Rahmen einer Neubewertung ist nun die Pharmakovigilanz-Arbeitsgruppe des wissenschaftlichen Ausschusses für Humanarzneimittel (CHMP) der EMEA im Juni 2007 zu dem Schluss gekommen, dass die Behandlung von unter 25-Jährigen mit einem Antidepressivum, egal aus welcher Wirkstoffgruppe, das Suizidrisiko erhöhen kann. Der vor Kurzem dazu veröffentlichte, wissenschaftliche Bewertungsbericht der Pharmakovigilanz-Arbeitsgruppe stützt sich dabei unter anderem auf einen Review des Psychopharmakologic Drug Advisory Committee der amerikanischen Food and Drug Administration (FDA). Insgesamt 372 Placebo-kontrollierte Studien mit annähernd 100.000 Patienten wurden dort unter die Lupe genommen. Ziel war es, herauszufinden, wie sich folgende Antidepressiva auf suizidales Verhalten und Suizidgedanken auswirken:

  • Bupropion
  • Citalopram
  • Duloxetin
  • Escitalopram
  • Fluoxetin
  • Fluvoxamin
  • Mirtazapin
  • Nefazodon
  • Paroxetin
  • Sertralin
  • Venlafaxin

Die FDA kam zu dem Schluss, dass alle untersuchten Antidepressiva das Risiko für Suizidgedanken und suizidales Verhalten in der Altersgruppe der 18- bis 24-Jährigen in ähnlichem Ausmaß erhöhen. Mit zunehmendem Alter nimmt das Risiko ab. Sind die Patienten älter als 30 Jahre, ist kein erhöhtes Risiko mehr nachzuweisen, die antidepressive Therapie kann hier sogar vor dem Problem schützen (siehe Abb. 1 und Abb. 2).


Abb. 1: Antidepressiva und Suizidrisiko – Ergebnisse des FDA-Reviews
Abb. 2: Suizidgedanken und suizidales Verhalten bei 18- bis 24-Jährigen – Ergebnisse des FDA-Reviews

Die Pharmakovigilanz-Arbeitsgruppe stimmt mit der FDA überein, dass die Warnungen zur Selbstmordproblematik auf die Produktinformationen aller Antidepressiva auszudehnen sind und hat einheitliche Warnhinweise formuliert. Mit den neuen Produktinformationen werden Ärzte und Betreuer aufgefordert, Patienten bei Behandlung mit einem Antidepressivum solange engmaschig zu überwachen, bis eine Besserung der Symptome eintritt. Insbesondere soll auf eine Verschlechterung der Symptomatik, suizidales Verhalten, Suizidgedanken und auffälliges Verhalten geachtet werden. Patienten werden aufgefordert, bei Suizidgedanken und einer Verschlechterung ihrer Depression oder Angststörung unverzüglich ihren Arzt oder ein Krankenhaus aufzusuchen. Die betroffenen Unternehmer sind im Rahmen eines Stufenplanverfahrens über den Wortlaut der neuen Warnhinweise zum erhöhten Risiko von suizidalem Verhalten bei jungen Erwachsenen informiert worden. Sie wurden aufgefordert, die Änderungen wörtlich in die Fach- und Gebrauchsinformationen zu übernehmen.

Neue Produktinformationen

Vom Stufenplanverfahren betroffene Antidepressiva

Amitriptylin

Clomipramin

Dosulepin

Doxepin

Imipramin

Lofepramin

Nortriptylin

Trimipramin

Mianserin

Trazodon

Phenelzin

Isocarboxazid

Tranylcypromin

Moclobemid

Citalopram

Escitalopram

Fluoxetin

Fluvoxamin

Paroxetin

Sertralin

Duloxetin

Flupentixol

Mirtazapin

Reboxetin

Maprotilin

Venlafaxin

Tryptophan

Bupropion (zur Behandlung von Depressionen)

Quelle

BfArM-Risikoinformationen: Antidepressiva: Erhöhtes Risiko zu suizidalem Verhalten bei Erwachsenen. 15. Februar 2008.
 

du

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.