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Wirtschaft
DAX: Sie waren gewarnt!
Die aktuelle Marktlage
"Die Marktteilnehmer nehmen die katastrophale Lage zunehmend zur Kenntnis", so lautet der Marktkommentar aus dem Hause der Hessischen Landesbank. Mit der Wirtschaftskrise in Osteuropa, die möglicherweise faule Kredite in Milliardenhöhe nach sich zieht, bekommt das Finanzdebakel für europäische Staaten und Unternehmen plötzlich eine neue Dimension. Auch in den USA verschärft sich mit den Gerüchten um eine Verstaatlichung der US-Bankgiganten Citigroup und Bank of America die Krisenstimmung. Unterdessen blicken Experten schon in die Zukunft und streiten über den Zeitpunkt der erlösenden wirtschaftlichen Trendwende. Einige erwarten die Erholung bereits Ende 2009, andere gehen eher von einem langfristigen Wandlungsprozess aus. Auf einen einfachen Nenner bringen es die Analysten der Commerzbank. "Ganz unten kann es nur noch aufwärts gehen", so lautet das Urteil der Auguren mit Verweis auf das generelle Stimmungstief bei den Haushalten und Unternehmen. Viele fragen sich nun: Wo genau ist denn "ganz unten"?
Aus der Perspektive der Analysten
Das Bankhaus Ellwanger & Geiger, das sich noch letzte Woche davon überzeugt gab, dass die Unterstützung bei 4150 DAX-Punkten halten werde, schließt jetzt einen deutlicheren Absturz nicht mehr aus. Viele Experten befürchten nach dem Bruch der magischen 4000-Punkte-Marke, dass es nun vor 3600 Zählern kein Halten mehr geben wird. Dauer-Pessimist Roland Leuschel erwartet beim DAX sogar einen Einbruch um weitere 2000 Punkte, also eine Halbierung des aktuellen Kursniveaus. Relativ optimistisch zeigt sich dagegen die Commerzbank. Die Experten verweisen dabei auf die diesjährige, hohe Dividendenrendite der DAX-Titel. Ähnlich auch die DZ-Bank und die ING, die den bei vielen DAX-Werten inzwischen erreichten Buchwert als Untergrenze des Abwärtstrends definieren. Die Analysten leiten daraus auf kurze Sicht eine Seitwärtsbewegung ab. Auf Sicht von einem Jahr sieht die DZ-Bank den DAX sogar wieder bei 6000 Punkten. Auf gezielte Anlagetipps angesprochen, halten die Analysten für den Anleger den in dieser Börsenphase üblichen Einheitsbrei bereit: "Defensive Titel" aus dem Bereich Pharma, Versorger und der Telekommunikation seien das Gebot der Stunde. Oder wie es der Analyst der Credit Suisse, Herr Zipperer, ausdrückt: "Wir raten zu defensiven Branchen mit stabilen Cash-Flows." Eine wahre Herausforderung für jeden Investor, der aus diesem Satz eine konkrete, verständliche Anlageempfehlung herauslesen möchte. Im Übrigen haben sich solche "defensiven Empfehlungen" in derart gefährlichen Börsenphasen bislang noch immer als Mumpitz erwiesen.
Musterdepot und Strategie
Wirklich schön in diesen turbulenten Zeiten hält sich der DWS-Russia Fonds. Das Öl steigt, was kein Wunder ist. Denn was nicht unter 55 Dollar pro Barrel aus der Erde zu holen ist, kann langfristig nicht zu 40 Dollar gehandelt werden. Die Put-Optionsscheine von ThyssenKrupp und Lufthansa sind beide am 20. Februar mit Erreichen des Verkaufslimits von 0,13 Euro bzw. 0,10 Euro aus dem Depot genommen worden. Die Scheine hatten sich anfangs in die falsche Richtung bewegt und ein solcher Zeitverlust ist bei Optionsscheinen nur schwer wieder gut zu machen. Daher treten wir hier – mit einem kleinen Plus – lieber den Gesicht wahrenden Rückzug an. Aktuell notieren die Scheine bei 0,20 und 0,12 Euro bzw. 66 Prozent und 33 Prozent im Plus. Alle vier hochspekulativen Termingeschäfte wurden damit sauber abgeschlossen. Wir ergänzen per Mittwoch (25. Februar zum Schlusskurs) die Liste um ein weiteres Engagement auf fallende Kurse: Metro Put-Optionsschein der Citigroup mit Laufzeit 8. April und Basis 22 Euro (WKN CG1RGB). Gleichzeitig versehen wir das Papier mit einem Verkaufslimit von 50% Aufschlag, bezogen auf unseren Einstiegskurs. Metro (aktueller Kurs: 23,70 Euro) dürfte große Probleme auf den ehemaligen Expansionsmärkten in Osteuropa bekommen. Neben der grundsätzlich schwächeren Nachfrage sollten auch die Währungsverluste zu einem schwächeren Ergebnis führen.
DAX am 26. Februar (12.30 h): 3883 Punkte.
Aus der Sicht des QuerdenkersDer Fall unter die 4000er DAX-Marke war überfällig. Damit folgt das Börsenbarometer der an dieser Stelle von Anfang an dargestellten Linie. Und trotzdem: So richtig überzeugend wirkt dieser Kursrückgang (noch) nicht. Wünschenswert wären Panikverkäufe, um den DAX in die nötige Ausverkaufsstimmung zu versetzen. Stattdessen waren bei rund 3900 Punkten schon wieder die ersten "Schnäppchenjäger" unterwegs. Ein Zeichen für die Widerstandsfähigkeit des Marktes? Nein. Wohl eher ein Indiz dafür, dass nach wie vor viele Investoren das wirtschaftliche Hintergrundgeschehen auf die leichte Schulter nehmen, mithin weitere negative Überraschungen noch nicht eingepreist sind. Irritierend wirkt auch die Selbstverständlichkeit, mit der die Mehrheit der Analysten bereits auf den vermeintlich ultimativen Wendepunkt bei 3600 Punkten setzt. Das ist ein Grund zur Sorge. Möglicherweise setzt die Panik erst ein, wenn auch 3600 Punkte nicht zu halten sind. Aus technischer Sicht zeichnet sind jedenfalls bislang keine Erholung ab. Es ist nicht auszuschließen, dass der DAX erst bei ca. 3400 Punkten auf größeres Kaufinteresse stößt. Man vertreibt sich am besten die Zeit mit Put-Optionsscheinen – oder sieht der Misere einfach nur zu. Der Gewinn steckt ja bekanntlich im Einkauf. Geld bis dahin zu Tageskonditionen parken. Peter Spermann Peter Spermann ist Dozent für Wirtschaftslehre und beschäftigt sich seit über 30 Jahren mit der Börse. In der AZ-Rubrik "Querdenker" vertritt er konsequent den Standpunkt des Antizyklikers. |
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