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Gesundheitspolitik
EuGH beanstandet österreichische Regelungen zur Bedarfsplanung
In Österreich müssen Anbieter medizinischer Leistungen, die sich niederlassen wollen, zuvor eine Genehmigung einholen. Diese kann nur erteilt werden, wenn eine Bedarfsprüfung ergibt, dass die neue Einrichtung angesichts des bereits bestehenden Versorgungsangebots gerechtfertigt ist. Die Vollziehung dieser Regelung ist Sache der Länder. Dem oberösterreichischen Brillen- und Fotohändler Robert Hartlauer, der in seinem Land auch Zahnambulatorien errichten wollte, wurden die hierfür erforderlichen Genehmigungen versagt. Hartlauer kämpfte sich daraufhin bis zum EuGH – mit Erfolg.
Bedarfsplanung nicht per se europarechtswidrig
In seinem Urteil prüft der Gerichtshof, ob sich die streitigen Vorschriften objektiv durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses – hierzu zählt auch der Schutz der Gesundheit der Bevölkerung – rechtfertigen lassen. Anerkannte Ziele sind hier, eine qualitativ hochwertige, ausgewogene und allgemein zugängliche medizinische Versorgung aufrechtzuerhalten sowie eine erhebliche Gefährdung des finanziellen Gleichgewichts des Systems der sozialen Sicherheit zu vermeiden. Dem EuGH zufolge kann es unerlässlich sein, eine vorherige Genehmigung für die Niederlassung neuer Anbieter medizinischer Leistungen einzuholen. Jedenfalls dann, wenn so eventuelle Lücken im Zugang zur ambulanten Versorgung geschlossen und Doppelstrukturen vermieden werden können.
Mit dieser Bedarfsprüfung müsste eine medizinische Versorgung gewährleistet sein, die den Bedürfnissen der Bevölkerung angepasst ist, das gesamte Staatsgebiet abdeckt und geografisch isolierte oder auf andere Weise benachteiligte Regionen berücksichtigt. Doch gerade dies halten die Luxemburger Richter für nicht gegeben; vielmehr verfolge die fragliche nationale Regelung die Ziele nicht kohärent und systematisch. So werde die auf die Prüfung des Marktbedarfs gestützte vorherige Genehmigung zwar für die Errichtung und den Betrieb neuer selbstständiger Zahnambulatorien verlangt, nicht aber für die Errichtung neuer Gruppenpraxen. Dabei seien diese Leistungsanbieter vergleichbar und könnten die von den nationalen Behörden verfolgten Planungsziele in gleicher Weise berühren.
Darüber hinaus moniert der EuGH, dass die Erteilung der Genehmigung auf einer Bedingung beruht – nämlich dem Bestehen eines Bedarfs an den von dieser neuen Einrichtung angebotenen Leistungen – die nicht geeignet ist, der Ermessensausübung durch die nationalen Behörden hinreichende Grenzen zu setzen. Dies werde dadurch belegt, dass die Bedingung in der Praxis anhand unterschiedlicher Kriterien geprüft werde. So erfolge diese Prüfung in Wien beispielsweise anders als in Oberösterreich.
Urteil weicht von Schlussanträgen ab
Generalanwalt in diesem Verfahren war Yves Bot, der auch im DocMorris-Fremdbesitz-Verfahren vor dem EuGH mitwirkt. Von seinen Schlussanträgen wichen die Luxemburger Richter nun ab. Bot hatte im Fall Hartlauer dafür plädiert, die für die Niederlassungsfreiheit einschlägigen Art. 43 und 48 EG dahin auszulegen, dass sie der Regelung eines Mitgliedstaats nicht entgegenstehen, die wie vorliegend eine Genehmigung auf der Grundlage einer Bedarfsprüfung erfordert. Über etwaige Unstimmigkeiten der konkreten Regelung – das Problem mit den Gemeinschaftspraxen sah auch Bot – sollte seiner Auffassung nach das nationale Gericht befinden.
Schlussendlich liegen EuGH und Generalanwalt also gar nicht so weit auseinander. Beide schließen es grundsätzlich nicht aus, dass Regelungen zur Bedarfsplanung die Niederlassungsfreiheit in zulässiger Weise einschränken können. Dies muss jedoch im Hinblick auf die erstrebten Ziele systematisch und fair geschehen.
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