Management

E-Mail-Knigge für Apotheker

Mailen mit Stil und Verstand

Sie ist einer der größten modernen Zeitdiebe: die E-Mail. Der elektronische Briefkasten quillt über, die Mails sind hingeschludert und orthografische Mängelware. Hilfe verspricht ein E-Mail-Knigge, der verbindliche Regeln für den Umgang mit der elektronischen Post festschreibt.

Das Mail-Problem weist gleich mehrere Facetten auf: Da sind zunächst einmal die extern einkommenden Mails – hier hält sich der Einfluss, den Apotheker und Mitarbeiter nehmen, in überschaubaren Grenzen. Anders sieht es beim internen Mailverkehr aus, der zwischen den Mitarbeitern und dem Apotheker und den Mitarbeitern abläuft. Und schließlich ist da noch der Bereich der Mails, die von der Apotheke aus in die weite Welt geschickt werden.

E-Mail-Flut mit Sinn und Verstand bekämpfen

Wenn eintreffende Mails aufgrund der mangelhaften Orthografie kaum zu enträtseln sind und der Inhalt so schludrig formuliert ist, dass das Verständnis schwer fällt, bleibt dem Apotheker nur der "erzieherische" Weg: Er passt sich diesem Niveau nicht an und verwendet auf die Antwort deutlich mehr Sorgfalt und stilistische Raffinesse, als dies der Mailschreiber macht.

Immerhin aber kann er Aufwand und Ärger ob des sinnentstellenden Mailtextes reduzieren, indem er eingehende Mails nicht sofort checkt, sondern gebündelt zu einer festen Uhrzeit prüft und beantwortet. Bei jeder Mail entscheidet er schnell, ob er sie löschen kann, archivieren soll – um zu einem späteren Zeitpunkt Zugriff zu haben oder zu antworten – oder direkt reagieren muss.

Als Grundsatz gilt: Eine Nachricht sollte in nicht mehr als zwei Minuten verarbeitet sein. Der Apotheker sollte möglichst nur Kurz-Mails verfassen und alles, was länger als fünf Minuten dauert, als Terminaufgabe planen. Wichtig ist, beim Beantworten der Mail die ursprüngliche Nachricht zu zitieren, auf die er Bezug nimmt.

Je nach Absender der Mail kann es nicht schaden, in einer halb-ernsthaften, halb spaßhaften Seitenanmerkung darauf hinzuweisen, dass man doch erhebliche Probleme gehabt habe, den Inhalt der Post nachzuvollziehen. Vielleicht nimmt es sich der schludrige Mailschreiber ein wenig zu Herzen …

E-Mail-Kultur etablieren

Apotheker und Mitarbeiter sollten darauf achten, dass sie in ihrer Kommunikation nach innen und nach außen gewisse E-Mail-Spielregeln einhalten. Es spart Zeit und verhindert peinliche Situationen, wenn ein interner Mail-Knigge entworfen wird, in dem diese Spielregeln definiert sind. Wie aber könnte ein solcher Knigge ausschauen?

Die Aussicht auf die schnelle Kommunikation verführt zur flüchtig-nachlässigen Formulierung und dazu, jede Rücksicht auf Orthografie und Zeichensetzung fahren zu lassen und selbst elementarste Höflichkeitsregeln mit Nichtbeachtung zu strafen. Das, was beim offiziellen Brief Berücksichtigung findet, wird beim Schreiben der Mail fahrlässig vernachlässigt. Dieser Zusammenhang birgt die Lösung in sich: Die Grundlage einer gepflegten Mail-Kommunikation ist die Einstellung – und zwar die zu Gesprächspartner und Medium.

Die E-Mail als Brief

Das Apothekenteam erarbeitet sich die Einstellung, der E-Mail denselben Stellenwert einzuräumen wie dem Brief. Bei diesem achten wir automatisch auf Fehlerfreiheit und ein überzeugend-angenehmes äußeres Erscheinungsbild, kurz: Wir schreiben empfängerorientiert – das fängt bei Anrede und Abschlussformel an und hört beim genauen Formulieren noch lange nicht auf.

"Welche Anrede würde ich wählen, wie den Text verfassen, handelte es sich um einen Brief?": Sich diese Frage vor und während der Mailkorrespondenz zu stellen, hilft, auch die elektronischen Briefe in einem höflichen, sachlichen und seriösen Stil zu verfassen und zum Beispiel das anbiedernd-burschikose "Hallo, Frau/Herr …" zu vermeiden. Es sei denn, die Beziehung zum Gesprächspartner gestattet dies. Denn natürlich kann und soll ein Freund, Bekannter oder langjähriger Partner und Kunde auf einer anderen Ebene angesprochen werden als der Neukunde oder eine Person, mit der zum ersten ein Mailaustausch stattfindet.

Bedenkenswert ist: Der Empfänger merkt es der Mail an, ob der Apotheker ein wenig Zeit und Gedankenschmalz investiert hat, um IHM einen individuellen Brief zu schreiben, und bereit war, ein paar Minuten seiner wertvollen Zeit zu opfern. Auch hier ist es durchaus erlaubt, zwischen den Adressaten zu unterscheiden – so gehen wir in aller Regel auch im normalen Briefverkehr vor. Bei dem Apotheker, mit dem man den kollegialen Austausch pflegt, darf und sollte der Schreiber mehr Zeit und Formulierungskunst aufbringen als etwa bei der Beantwortung der Anfrage des Veranstalters des nächsten Kongresses.

Mailregeln festlegen

Schließlich können Apotheker und Mitarbeiter in einem "Mail-Meeting" festlegen, dass es zum guten Ton gehört,

  • mithilfe einer aussagekräftigen Betreffzeile zu verdeutlichen, worum es in der Mail geht. Der Empfänger muss beurteilen können, ob und wann er sie öffnen und lesen soll.

  • eine höfliche und dem Adressaten angemessene Anrede zu verwenden.

  • die Mail mit einem individuellen Gruß zu beenden.

  • den Inhalt der elektronischen Post logisch und stringent darzubieten.

  • auf Stilmittel wie Ironie und Sarkasmus zu verzichten. Denn wie beim Brief fehlen dem Mailschreiber die Stimme und der nonverbale Ausdruck, so dass ironische Anmerkungen rasch zu Missverständnissen führen können.

  • sich vor dem Versand die Mail noch einmal in Ruhe durchzulesen, um "in letzter Sekunde" flapsige und missverständliche Formulierungen oder Fehler korrigieren zu können.

Lockere interne Regeln

Bei der "apothekeninternen" Kommunikation gelten etwas lockerere Regeln als beim externen Mailverkehr. Die eine oder andere Konvention, die der Höflichkeit geschuldet ist, darf unter den Tisch fallen. Trotzdem sollten in dem Mail-Meeting auch interne Umgangsregeln festgelegt werden. So ist es ein Unding, wenn sich Menschen – und das gilt für den Apotheker und die Mitarbeiter –, die räumlich dicht beieinander sitzen, andauernd Mails zusenden, statt sich mündlich auszutauschen. Immerhin transportieren wir über Sprache und Stimme Gefühle und überdies Informationen.

Wohl jeder intensive Mail-Nutzer hat schon einmal eine Post versendet, ohne die Folgen zu bedenken. Allzu schnell ist die Versand-Taste bedient. Man hat schlampig formuliert – und merkt es erst, wenn der Text in die Weiten des World Wide Web verschickt worden ist: "Das habe ich eigentlich ganz anders gemeint …" Jetzt lässt sich der Inhalt nicht mehr zurücknehmen; was zuweilen folgt, ist ein Mail-Krieg, der durch ein Missverständnis ins elektronische Leben gerufen worden ist. Daher ist zu empfehlen, mit den Mitarbeitern festzulegen, dass gerade im internen Mailverkehr der Inhalt der Post sorgfältig überprüft wird, damit jeder so verstanden wird, wie er verstanden werden möchte.


Dr. Michael Madel, freier Autor und Kommunikationsberater

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