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Interpharm 2009
Patienten unter Psychopharmaka sachgerecht beraten
Bei der Verordnung eines Antidepressivums werden vom Patienten und dessen Angehörigen vor allem Fragen zur Wirksamkeit, Dauer der Einnahme, Auswahl des Antidepressivums sowie zu unerwünschten Wirkungen und möglichen Interaktionen gestellt. Wie Dr. Otto Dietmaier, Weinsberg, erläuterte, stehen dabei folgende Themen im Vordergrund:
• Wirksamkeit
Der Zweifel an der Wirksamkeit einer medikamentösen antidepressiven Therapie wird durch jüngst veröffentlichte, teilweise undifferenzierte und populistische Berichte gestärkt. Den neuesten Auswertungen zufolge kann zur Wirksamkeit einer lege artis durchgeführten medikamentösen Therapie folgende Aussage gemacht werden: Bei allen Schweregraden liegt die Responserate nach vier bis sechs Wochen unter der Verumgabe bei 50%, unter der Placebogabe bei 30%. Die Remissionsraten liegen unter dem Verum zwischen 35 bis 45%, unter Placebo zwischen 15 bis 25%. Die Responserate bei schweren Depressionen liegt unter der Verumgabe bei 50 bis 75%, unter Placebo bei 25 bis 30%. Das heißt, Antidepressiva wirken vor allem bei schweren Depressionen.
• Dauer der Einnahme
Die Dauer der Einnahme richtet sich nach der Krankheitsphase und man unterscheidet Akuttherapie, Erhaltungstherapie und Rezidivprophylaxe. Bei der Akuttherapie sollte die Wirkung nach zwei bis drei Wochen einsetzen und eine Remission innerhalb von sechs bis zwölf Wochen erfolgen. Ist eine Erhaltungstherapie erforderlich, so wird diese sechs Monate lang nach Eintreten der Remission durchgeführt (in schweren Fällen neun bis zwölf Monate). Hierbei wird dasselbe Antidepressivum in der gleichen Dosis wie in der Akutphase verwendet. Nach Abschluss der Erhaltungstherapie muss das Antidepressivum langsam über drei bis sechs Wochen abgesetzt werden, um Absetzphänomene zu verhindern. Eine Rezidivprophylaxe, die in bestimmten Fällen erforderlich ist (abhängig von Schwere und Häufigkeit der Erkrankung), dauert mindestens drei Jahre, bei hohem Risiko fünf Jahre.
• Auswahl des Antidepressivums
Aktuell stehen auf dem deutschen Markt 29 unterschiedliche antidepressive Wirkstoffe zur Verfügung. In der Praxis orientiert sich die Auswahl des Arzneimittels eher an potenziellen Nebenwirkungen und Interaktionen als an der antidepressiven Potenz. Ein wichtiges Entscheidungskriterium ist das Sedierungsprofil, das heißt, besteht die Notwendigkeit einer starken Sedierung oder genügt eine mäßige Beruhigung. Des Weiteren werden gruppenspezifische Nebenwirkungen wie etwa sexuelle Störungen unter SSRI berücksichtigt.
• Besonderheiten bei der Einnahme
Antidepressiva, die unruhig machen, sollten nicht abends eingenommen werden. Generell sind mögliche Interaktionen zu beachten, dies gilt insbesondere für MAO-Hemmer und serotonerge Wirkstoffe, die zu einem Serotonin-Syndrom führen können. Bei jedem Antidepressivum muss der Patient darauf hingewiesen werden, dass die unerwünschten Effekte zu Beginn auftreten, die erwünschte, antidepressive Wirkung hingegen erst nach einer gewissen Latenzzeit.
Wirkstoffauswahl und Dosierung bei Neuroleptika
Bei der Verordnung von Neuroleptika treten Jürgen Sawazki, Viersen, zufolge ähnliche Fragen auf:
• Auswahl des Wirkstoffs
Mit der Einführung atypischer Neuroleptika (Atypika) sind die älteren Substanzen in den Hintergrund getreten. Atypische Neuroleptika führen zu weniger ausgeprägten extrapyramidalen Begleiterscheinungen, haben aber vor allem im Hinblick auf den plötzlichen Herztod kein geringeres Risikopotenzial als klassische Neuroleptika. Es gibt Situationen, in denen auch mit älteren Substanzen wie etwa niedrig dosiertem Haloperidol eine ausreichende Wirkung erzielt werden kann.
• Dosierung
Zur Rezidivprophylaxe sollte die Dosis geringer sein als zur Akutbehandlung. Dadurch kann das Risiko für Spätdyskinesien gesenkt werden.
• Sinnvolle Kombinationen
Prinzipiell sollte das Potenzial des Erstpräparates ausgeschöpft sein, bevor ein zweites Mittel zusätzlich verordnet wird. Bei der Kombination atypischer Neuroleptika ist darauf zu achten, dass sich die Rezeptorprofile ergänzen.
• Besonderheiten der Einnahme
Bei Ziprasidon sollte die Einnahme mit der Nahrung erfolgen, da so die Bioverfügbarkeit deutlich erhöht werden kann. So ist bei einer Einnahme auf nüchternen Magen die Bioverfügbarkeit um die Hälfte reduziert. Bei Phenothiazinen wird die Resorption durch gerbstoffhaltige Getränke gesenkt.
• Besonderheiten beim alten Patienten
Beim älteren und alten Patienten kann die Bioverfügbarkeit von Neuroleptika aufgrund der verringerten Leberdurchblutung stark verändert sein. Zur korrekten Dosisfindung empfiehlt sich eine Bestimmung des Serumspiegels.
pj
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