Interpharm 2009

Update Impfungen

Impfungen gehören zu den wichtigsten und wirksamsten präventiven Maßnahmen zum Gesundheitsschutz, aber beim Impfen hieß es: "Dranbleiben", denn einmal impfen reicht oft nicht. Die Standardimpfungen, die die ständige Impfkommission am Robert Koch-Institut (STIKO) vorsieht, stellte Prof. Dr. med. Markus Knuf vom Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin am Klinikum der Universität Mainz vor.
Prof. Dr. med. Markus Knuf

Impfungen zielen darauf ab, in der Bevölkerung eine Herdenimmunität zu erzeugen. Hiermit ist die kollektive Immunität innerhalb einer Population bezüglich eines Krankheitserregers gemeint. Sie schützt nicht-immunisierte Personen, indem sie die Wahrscheinlichkeit, mit einer infektiösen Person in Kontakt zu treten, reduziert.

Mit dem Impfen wird bereits bei Säuglingen und Kleinkindern begonnen. Tabelle 1 gibt den aktuellen Impfkalender nach den Empfehlungen der STIKO für Kinder und Jugendliche wieder, Tabelle 2 denjenigen für Erwachsene.

Empfohlen werden Impfungen zum Schutz vor Diphtherie (D/d), Tetanus (T), Pertussis (aP/ap), Haemophilus influenzae Typ b (Hib), Poliomyelitis (IPV), Hepatitis B (HBV), Pneumokokken, Masern, Mumps, Röteln (MMR), Varicella-Zoster-Virus (VZV), Meningokokken, humane Papillomaviren (HPV) und für Senioren gegen Influenza und Pneumokokken.




Tab. 1: Impfempfehlungen der STIKO für Kinder und Jugendliche
2, 3, 4 Monat
11 – 14 Monat
15 – 23 Monat
5 Jahre
9 – 17 Jahre
DTaP-Hib-IPV-HBV
+++
+
Pneumokokken
+++
+
MMR
+
+
VZV
+
(+)
+ (+)
Meningokokken C
+
Td-aP
+
Td-IPV-aP
+
HBV
+++
HPV
+++

D/d = Diphtherie; T = Tetanus; aP/ap = Pertussis; Hib = Haemophilus influenzae Typ b;
IPV = Inaktivierte Polio-Vakzine; HBV = Hepatitis-B-Virus; MMR = Mumps, Masern, Röteln;
VZV = Varicella-Zoster-Virus; HPV = Humanes Papillomavirus


Tab. 2: Impfempfehlungen der STIKO für Erwachsene
Tetanus
Td alle 10 Jahre
TdaP bei Kontakt zu Säugling
Diphtherie
Pertussis
Influenza
ab 60 Jahre jährlich
Pneumokokken
ab 60 Jahre alle 6 Jahre*
* Risiken der Erkrankung und der Lokalreaktion gegeneinander abwägen

Pertussis, Diphtherie, Tetanus

Die Grundimmunisierung von Säuglingen und Kleinkindern sollte möglichst früh erfolgen, je später, umso häufiger kommt es zu Komplikationen. Auch bei Erwachsenen kann eine Keuchhustenimpfung angezeigt sein, wenn sie mit Säuglingen und Kleinkindern in Kontakt kommen (Neugeborenes in der Familie).

Da nach einer Pertussisinfektion nur über zehn Jahre Immunität gemessen wird, ist eine Auffrischung erforderlich, wobei die Impfbereitschaft bei Jugendlichen nach Knufs Erfahrungen zum Teil zu wünschen übrig lässt. Auch im Falle von Tetanus und Diphtherie (TD, Td) muss die Impfung aufgefrischt werden, allerdings nicht früher als fünf Jahre nach der zuletzt verabreichten Dosis, um das vermehrte Auftreten von lokalen Reaktionen zu minimieren. Gegen Tetanus ist kein singulärer Impfstoff mehr verfügbar, was Knuf jedoch nicht als Nachteil, sondern eher als Vorteil wertet, weil mit dem Kombinationsimpfstoff gleichzeitig eine höhere Durchimpfungsrate gegen Keuchhusten erreicht wird, die ansonsten "im Alleingang" wohl nicht zu erzielen wäre.

Pneumokokken

Das Impfziel der Pneumokokken-Impfung ist die Reduktion der Morbidität invasiver Pneumokokken-Infektionen und der daraus entstehenden Folgen. Diese treten besonders im Säuglings- und Kleinkindalter auf und manifestieren sich unter anderem in Abszessen und Erkrankungen der Atemwege (Lungen- und Hirnhautentzündung, Mittelohr- und Nebenhöhlenentzündung) mit zum Teil lebensbedrohlichen Konsequenzen. Ein Polysaccharid-Impfstoff (Pneumovax®), der schon länger zur Verfügung steht, ist vor allem für ältere Kinder und Erwachsene bestimmt. Mit neuen Konjugatimpfstoffen können seit einigen Jahren auch Kinder und Säuglinge immunisiert werden. Der erste Vertreter dieser Gruppe ist ein 7-valenter Konjugatimpfstoff (PCV-7, Prevenar®). Er enthält die Serotypen, die für rund drei Viertel aller invasiven Pneumokokken-Erkrankungen bei Säuglingen und Kleinkindern verantwortlich sind. Zwei weitere Pneumokokken-Impfstoffe befinden sich in der Entwicklung bzw. in der Zulassung: eine 10-valente Vakzine (PHiD-CV, Synflorix®), die neben den sieben bisherigen Serotypen noch drei weitere enthält, sowie eine 13-valente Vakzine (PCV-13) mit zusätzlichen sechs Serotypen zur Erweiterung der Erreger-Abdeckung bei Otitis media.

Masern, Mumps, Röteln und Co.

Gegen Masern, Mumps und Röteln (MMR) ist seit vielen Jahren ein Lebendimpfstoff verfügbar. Bei Masern ist für die Eradikation eine Durchimpfungsrate von 95% erforderlich, die jedoch heute vielfach nicht erreicht wird. Deshalb kam es in letzter Zeit immer wieder zu Masernepidemien. Hier gilt es unbedingt, die Impfbereitschaft zu erhöhen. Für Mädchen ist keine zusätzliche Rötelnimpfung erforderlich, wenn zwei MMR-Impfungen dokumentiert sind.

Varicella-zoster-Virus (VZV)

Die Windpocken "treffen" in der Regel jeden, und die Erkrankung verläuft weitgehend harmlos. Dass mit den zur Verfügung stehenden Impfstoffen keine sichere Immunität erreichbar ist, zeigen Erfahrungen, nach denen trotz Impfung eine Erkrankung möglich ist. Der Herdeneffekt der Impfung ist allerdings ausgeprägt.

Meningokokken Meningokokken-Infektionen sind laut Knuf sehr selten, weshalb die Sinnhaftigkeit der Herdenimpfung infrage zu stellen ist. Allerdings liegen die Folgeschäden, etwa als Verlust der Hörfähigkeit oder neurologischen Erkrankungen bei 10 bis 15% und die Sterblichkeit bei 8 bis 10%, nach einer Meningokokkämie sogar bei bis zu 40%.

Humanes Papillomavirus (HPV). Die HPV-Impfung hat sich dank der breiten Aufklärung gut durchgesetzt. Ob sie allerdings langfristig tatsächlich den erwünschten präventiven Effekt gegen Zervixkarzinome hat, ist nach wie vor nicht klar, auch weil die vorliegenden Erfahrungen noch keine ausreichend langen Zeiträume abdecken. Unter Umständen ist eine Nachimpfung erforderlich. Zwei HPV-Impfstoffe sind derzeit verfügbar (Gardasil® und Cervarix®), beide gegen HPV-Typ 16 und 18, die für etwa 70% aller Zervix-Karzinome weltweit verantwortlich sind, letzterer mit einem Adjuvans, das laut Herstellerangaben für länger andauernde Antikörper-Titer sorgen soll.

Hämophilus influenzae Typ b (Hib) Gegen Hämophilus influenzae Typ b sollten nur Kinder und Kleinkinder geimpft werden, danach kommt das Immunsystem alleine mit der Infektion zurecht.

Hepatitis A und B Geimpft werden sollten im Erwachsenenalter alle Risikogruppen, das heißt Personen mit einem Sexualverhalten mit hoher Infektionsgefährdung. Hinsichtlich Hepatitis B warnte Knuf dringend vor der Fehlinterpretation serologischer Vor- und Nachtestungen. Eine Wiederholung nach zehn Jahren wird nicht generell empfohlen.

Keine Frage der Kosten

Universelle Standardimpfungen werden von den Krankenkassen bezahlt. Nach den von der STIKO empfohlenen Impfungen können weitere Impfungen für den Einzelnen sinnvoll sein. Es liegt in der Verantwortung des Arztes und Apothekers, einen Patienten gegebenenfalls auf zusätzliche Schutzmöglichkeiten hinzuweisen. Regelmäßige Informationen macht die STIKO im Epidemiologischen Bulletin des Robert Koch-Instituts bekannt, das auf der Webseite (www.rki.de) abrufbar ist.

hb

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