Interpharm 2009

Zur Prophylaxe und als Begleitmedikation

Da Präparate mit essenziellen Mikronährstoffen auch außerhalb der Apotheke in den Handel kommen, wird leicht übersehen, dass es sich bei ihnen meistens um Arzneimittel mit beachtlichem Potenzial handelt. Sie können bei gesunden Personen Erkrankungsrisiken mindern und bei Patienten typische Nebenwirkungen der verordneten Arzneimittel verhindern. Apotheker Uwe Gröber, Essen, forderte seine Kollegen auf, die Kunden und Patienten in diesem Bereich aktiv zu beraten.
Uwe Gröber

 

Einleitend stellte Gröber einige Daten der Nationalen Verzehrsstudie II vor, die im letzten Jahr publiziert wurde. Die größten Defizite unter den essenziellen Mikronährstoffen gibt es bei Vitamin D (ca. 85% der Bevölkerung sind nicht ausreichend versorgt) und bei Folsäure (80%). Mit großem Abstand folgen Vitamin E (45%) und Vitamin C (30%). Nachdem Experten die Versorgung der Durchschnittsbevölkerung mit Vitamin C lange Zeit für zufriedenstellend gehalten hatten, kam die aktuelle Bewertung aufgrund einer neuen Analytik zustande, die den Vitamin-C-Gehalt im Organismus besser abbildet.

Gerade bei Vitamin C, das z. B. in Obst, Gemüse und Kartoffeln reichlich enthalten ist, lässt sich eine ausreichende Versorgung bzw. ein zusätzlicher Bedarf anhand der individuellen Ernährungsgewohnheiten abschätzen. Ansonsten empfahl Gröber aber immer wieder, fragliche Mikronährstoffspiegel durch analytische Laboratorien, die sich darauf spezialisiert haben, messen zu lassen. In den meisten Fällen sind nur Messungen im Vollblut – nicht im Plasma – aussagekräftig, weil der jeweilige Gehalt in den Blutzellen entscheidend ist.

Weit verbreitet: Vitamin-D-Mangel

Seitdem die Rachitis durch die Gabe von Lebertran und Vitamin-D-Tabletten eine unbekannte Krankheit geworden ist, war der Vitamin-D-Mangel lange Zeit kein Thema. Doch dies hat sich in den letzten Jahren grundlegend geändert: Nach aktuellem Kenntnisstand ist der Vitamin-D-Mangel in Deutschland nahezu allgemein verbreitet. Dies ist nicht nur bei Gruppen mit einem überdurchschnittlichen Risiko für die Knochengesundheit, wie bei postmenopausalen Frauen, bedenklich. Denn ein Vitamin-D-Defizit erhöht auch das Risiko für einen Herzinfarkt und für Multiple Sklerose, fördert die Insulinresistenz, steigert die Infektanfälligkeit – und zwar in einem höheren Maße als ein Vitamin-C-Mangel – und begünstigt depressive Verstimmungen. Antiepileptika und Corticosteroide beeinträchtigen den Vitamin-D-Status; Patienten, die diese Medikamente einnehmen, sollten deshalb grundsätzlich Vitamin D supplementieren.

Folsäure ist besonders für junge Frauen wichtig

Das teratogene Risiko eines Folsäuremangels bei schwangeren Frauen ist weithin bekannt, nicht aber das gesundheitliche Risiko bei der Allgemeinbevölkerung. Folsäure ist ein Substrat für den Methylzyklus; ein Mangel führt zum Anstieg des Homocysteinspiegels, der ein Risikofaktor für Osteoporose, Demenzen (sowohl vom Alzheimer-Typ als auch vom vaskulären Typ), Schlaganfall und plötzlichen Herztod ist. In Nordamerika ist deshalb seit 1998 das Mehl mit Folsäure angereichert, worauf die koronare Sterblichkeit signifikant gesunken ist.

Aufgrund der Interaktionen von Protonenpumpenhemmern, Metformin, Methotrexat und Thiaziden mit Folsäure haben die Patienten mit einer solchen Medikation einen erhöhten Folsäurebedarf.

Streit um Selen

Abschließend wies Gröber die kürzlich verlautbarte pauschale Behauptung zurück, dass die Zufuhr von Selen mehr schadet als nützt. Sie beruhe im Wesentlichen auf einer US-Studie, in der Probanden mit optimalem Selenstatus (135 ng/ml) supplementiert wurden und in den toxischen Bereich kamen (250 ng/ml), was nun ein juristisches Verfahren nach sich ziehen dürfte. Im Gegensatz zu Nordamerika zählt Europa zu den Selenmangelgebieten.

 

 cae

Internet

Nationale Verzehrsstudie II (2008)

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