Arzneimittel und Therapie

Erhöhte Mortalität nach Erythropoetinen

Einer aktuellen Metaanalyse zufolge ist die Behandlung von Tumorpatienten mit Erythropoetin mit einer erhöhten Mortalität und einem reduzierten Gesamtüberleben assoziiert. Daher sollten Erythropoese-stimulierende Substanzen nur bei einer klaren Indikation eingesetzt sowie Nutzen und Risiken im Einzelfall abgewogen werden.

Erythropoetine wie Epoetin alfa, Epoetin beta und Darbepoetin alpha erhöhen die Hämoglobinwerte, senken den Bedarf an Bluttransfusionen und verbessern die Lebensqualität bei Tumorpatienten. Diesen erwünschten Eigenschaften stehen eine erhöhte Rate thromboembolischer Ereignisse und möglicherweise ein stimuliertes Tumorwachstum gegenüber. Unklar ist ferner, ob Erythropoetine das Überleben von Krebspatienten beeinflussen. Mithilfe einer Metaanalyse sollte daher untersucht werden, wie sich die Gabe von Erythropoetinen auf das Überleben von Krebspatienten auswirkt.

In die Analyse wurden 53 Studien mit 13.933 Patienten aufgenommen, die Erythropoetine plus ein Erythrozytenkonzentrat oder nur Transfusionen erhalten hatten. Das Patientengut umfasste Probanden mit und ohne Anämie sowie mit und ohne chemotherapeutische Behandlung. Studien mit AML- und MDS-Patienten (AML = akute myeloische Leukämie; MDS = Myelodysplastisches Syndrom) waren von der Metaanalyse ausgeschlossen. Primäre Studienendpunkte waren die Mortalität während der Studienperiode und das Gesamtüberleben während der Nachbeobachtungszeit. Diese Parameter wurden für alle Patienten und für chemotherapeutisch behandelte Patienten ermittelt.

Erhöhte Mortalitätsrate nach Erythropoetin-Gabe

Während der Studienperiode traten 1530 und in der Nachbeobachtungszeit 4993 Todesfälle auf. Erythropoetine erhöhten die Mortalität um 17% und verschlechterten das Gesamtüberleben um 6%. Bei den 10.441 Patienten, die eine Chemotherapie erhalten hatten, erhöhte sich die Mortalität um 10%, das Gesamtüberleben sank um 4% (siehe Tabelle).

Eine aktuelle Übersichtsarbeit zur Anämie bei Krebs kritisiert die Auswahl der Studien, die teilweise von schlechter Qualität und fragwürdigem Studiendesign seien und schlägt eine überlegte Gabe von Erythropoetinen vor. Erythropoese-stimulierende Substanzen sollten nur innerhalb ihrer zugelassenen Indikation eingesetzt werden, das heißt, bei zytostatisch behandelten Patienten mit Anämiesymptomen. Der Hb-Wert sollte dabei nicht über 12g/dl angehoben werden. Fasst man alle Patienten zusammen, so erhöhen Erythropoetine die Mortalität statistisch signifikant um 17%; die weiteren Studienergebnisse zeigen keine statistische Signifikanz.

 

Quelle

 Bohlius J., et al.: Recombinant human erythropoiesis-stimulating agents and mortality in patients with cancer: a meta-analysis of randomised trials. Lancet 373, 1532-1542 (2009).

 Link, H.: Behandlung der Anämie von Tumorpatienten. Im Focus Onkologie 5, 57-69 (2009).

 

 Apothekerin Dr. Petra Jungmayr

 

Mortalität während der aktiven Studienphase (bis 28 Tage danach)
 Anzahl der 
Patienten
Hazard ratio (95% Konfidenzintervall)p-Wert
alle Krebspatienten13.9331,17 (1,06 –1,30)0,002
zytostatisch 
behandelte Patienten
10.4411,10 (0,98 –1,24)0,12
Gesamtüberleben (während der längst möglichen Beobachtungszeit)
alle Krebspatienten13.9331,06 (1,00 –1,12)0,05
zytostatisch 
behandelte Patienten
10.4411,04 (0,97 –1,11)0,26

Aktuelle Empfehlungen zur Therapie mit Erythropoetinen


  • Primäres Ziel ist die Verbesserung der Lebensqualität und das Vermeiden von Transfusionen.
  • Bei einer Chemotherapie soll je nach Anämiesymptomatik eine Therapie mit Erythropoetinen bei einem Hb-Wert von 9 bis 11 g/dl begonnen werden.
  • Der Ziel-Hb-Wert sollte 12 g/dl nicht überschreiten.
  • Es sollten feste Dosierungen verwendet werden: 40.000 Einheiten Erythropoetin alfa pro Woche30.000 Einheiten Erythropoetin beta pro WocheDarbepoetin alfa 2,25 µg/kg pro WocheDarbepoetin alfa 500 µg alle drei Wochen
  • Erythropoetine werden nicht empfohlen, um das Überleben der Patienten oder die Ansprechrate der Tumortherapie zu verbessern.
  • Bei normalem Hb-Wert oder zur Prophylaxe einer Anämie sollten keine Erythropoetine gegeben werden.
[Quelle: Link, H.: Behandlung der Anämie von Tumorpatienten. Im Focus Onkologie 5, 57-69 (2009).]

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