Arzneimittel und Therapie

Neues Inkretinmimetikum besser als sein Vorgänger?

Seit Juli 2009 ist mit Liraglutid (Victoza®) nach Exenatid ein zweites subkutan zu injizierendes Inkretinmimetikum in Deutschland verfügbar. Durch ihre agonistische Wirkung am Glucagon-like-Peptide-1(GLP1)-Rezeptor verstärken Inkretinmimetika die Insulinfreisetzung der Betazellen. In einer jüngst veröffentlichten Studie zur Add-on-Therapie bei Typ-2-Diabetikern wurden die beiden Wirkstoffe miteinander verglichen, wobei Liraglutid den HbA1c stärker senken konnte als sein Vorgänger Exenatid.
Mechanismus der Insulinfreisetzung aus den Betazellen Das Peptidhormon GLP-1 (Glucagon-like Peptide 1) verstärkt nach Bindung an seinen Rezeptor auf den Betazellen des Pankreas die durch Glucose induzierte Er­höhung der intrazellulären Calciumkonzentration und stimuliert dadurch die Insulinfreisetzung. Liraglutid bewirkt wie natürliches GLP-1 eine Steigerung der Insulinsekretion bzw. eine Verringerung der Glucagonsekretion und sorgt für eine signifikante Verbesserung der glykämischen Kontrolle.

Liraglutid ist ein lang wirksames Analogon des humanen Inkretin-Hormons Glucagon-like-Peptide1 (GLP-1). Es ist mit einer Homologie von 97% weitgehend identisch mit natürlichem GLP-1, während das GLP-1-Mimetikum Exenatid nur eine Homologie von 53% zu nativem GLP-1 aufweist. Liraglutid bewirkt wie natürliches GLP-1 eine Steigerung der Insulinsekretion bzw. eine Verringerung der Glucagonsekretion und sorgt für eine signifikante Verbesserung der glykämischen Kontrolle. Durch eine Änderung in der Aminosäure-Sequenz (Austausch von Lysin durch Arginin in Position 34) sowie durch die Verknüpfung mit einem C16-Fettsäure-Rest in Position 26 wird eine erhöhte Eiweißbindung erreicht, was in der Folge zu einer verlangsamten Absorption und einer reduzierten Clearance führt. Die Plasmahalbwertszeit von Liraglutid nach subkutaner Injektion verlängert sich dadurch auf elf bis 15 Stunden, so dass – im Gegensatz zu Exenatid – eine einmal tägliche Injektion ausreichend ist.

HbA1c -Wert durch Liraglutid stärker gesenkt

In der kürzlich veröffentlichten offenen, randomisierten Parallelgruppen-Studie wurden insgesamt 464 Patienten mit unzureichend eingestelltem Typ-2-Diabetes eingeschlossen. Sie waren zuvor bereits mindestens drei Monate mit Metformin und/oder Sulfonylharnstoffen (jedoch nicht mit Insulin) therapiert worden. Nach der Randomisierung erhielten die Patienten entweder einmal täglich 1,8 mg Liraglutid oder zweimal täglich 10 µg Exenatid. Primärer Endpunkt der Studie war die nach 26 Wochen erreichte Besserung des HbA1c -Werts gegenüber dem Ausgangswert, der im Mittel bei 8,2% lag. Als Grenzwert für den Nachweis einer Nichtunterlegenheit wurde eine HbA1c -Differenz von 0,4 Prozentpunkten definiert. Während der HbA1c -Wert in der Liraglutid-Gruppe um durchschnittlich 1,12% absank, betrug die Differenz in der Exenatid-Gruppe nur 0,79% (p < 0,0001). Demzufolge ergab sich unter einmal täglicher Gabe von Liraglutid eine um 0,33 Prozentpunkte stärkere Verbesserung der HbA1c -Werte als bei der zweimal täglichen Injektion von Exenatid. Diese Differenz liegt damit in dem Bereich, der vorher für die Testung auf Nichtunterlegenheit als klinisch relevant definiert wurde. Darüberhinaus erreichten in der Liraglutid-Gruppe mehr Patienten einen HbA1c -Wert unter 7% als in der Exentanid-Gruppe (54% vs. 43%; p = 0,0015) und auch der Nüchternblutzucker wurde unter Liraglutid-Therapie stärker gesenkt (-1,61 mmol/l vs. -0,60 mmol/l; p < 0,0001). Das Körpergewicht der Patienten sank in beiden Behandlungsgruppen im Durchschnitt um drei Kilo.

Weniger Hypoglykämien

Trotz der stärkeren Blutzuckersenkung, war die Anzahl der Patienten, bei denen während der Studie eine leichte Hypoglykämie auftrat bei der Liraglutid-Therapie mit 26% niedriger als bei der Exenatid-Therapie (34%). Insgesamt wurden beide Therapien gut vertragen. Die häufigsten Nebenwirkungen waren gastrointestinale Beschwerden wie Übelkeit, Erbrechen und Durchfall. Zwar war die Zahl der Nebenwirkungen in der Liraglutid-Gruppe etwas geringer, allerdings traten hier fast doppelt so viele schwerwiegende Nebenwirkungen auf (5,1% vs. 2,6%) wie in der Exenatid-Gruppe. Dabei ist allerdings anzumerken, dass die fehlende Verblindung in der Studie zu einem verzerrten Bild geführt haben könnte.

 

Quelle

Buse J.B.; et al.: Liraglutide once a day versus exenatide twice a day for type 2 diabetes: a 26-week randomised, parallel-group, multinational, open-label trial (LEAD-6). Lancet (2009) 374: 39 - 47.

 

Apotheker Dr. Andreas Ziegler

 

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