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- DAZ 40/2009
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Arzneimittel und Therapie
Orales Rivaroxaban besser als subkutanes Enoxaparin
Nach einer Kniegelenksimplantation wird für die Dauer von wenigstens zehn Tagen eine Thromboseprophylaxe empfohlen. Diese wird üblicherweise mit einem niedermolekularen Heparin subkutan durchgeführt. Eine neue Alternative ist die orale Gabe des Thrombininhibitors Rivaroxaban, dessen Effektivität in mehreren Studien (Record-Studienprogramm) bestätigt wurde. Rivaroxaban hemmt selektiv den Faktor Xa und unterbricht so den intrinsischen und extrinsischen Weg der Gerinnungskaskade. Dadurch wird die Bildung von Thrombin und Blutgerinnseln gehemmt. Thrombin selbst (aktivierter Faktor II) und die Thrombozyten werden nicht beeinflusst, die primäre Wundheilung wird nicht gestört.
Dosierung von Rivaroxaban (Xarelto)Rivaroxaban wird in einer Dosierung von einmal täglich 10 mg oral verabreicht. Die erste Gabe sollte sechs bis zehn Stunden nach der Operation erfolgen, nachdem die Hämostase eingesetzt hat. Die Dauer der Behandlung hängt vom individuellen venösen thromboembolischen Risiko des Patienten ab, das durch die Art der orthopädischen Operation bestimmt wird. Nach einer größeren Hüftgelenkersatzoperation wird eine Behandlung über fünf Wochen, nach einer Kniegelenkersatzoperation eine Behandlung über zwei Wochen empfohlen. Wurde eine Dosis vergessen, sollte der Patient die Tablette sofort einnehmen und dann am nächsten Tag mit der einmal täglichen Einnahme wie zuvor fortfahren. Rivaroxaban kann unabhängig von den Mahlzeiten eingenommen werden. |
Rivaroxaban versus Enoxaparin
In der RECORD4-Studie (Regulation of Coagulation in Orthopaedic Surgery to Prevent Deep Vein Thrombosis and Pulmonary Embolism) wurde Rivaroxaban mit Enoxaparin nach Implantation einer Knieendoprothese verglichen. Es handelt sich dabei um eine multizentrische, randomisierte und doppelblinde Studie mit ursprünglich 3148 Patienten. Für den direkten Vergleich konnten die Daten von 1924 Probanden herangezogen werden, die einer der folgenden Gruppen zugeteilt waren:
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Rivaroxaban-Gruppe: 965 Patienten erhielten einmal täglich 10 mg Rivaroxaban oral, beginnend sechs bis acht Stunden nach dem operativen Eingriff; die mediane Therapiedauer betrug 11,7 Tage.
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Enoxaparin-Gruppe: 959 Probanden erhielten zweimal täglich subkutan 30 mg Enoxaparin, beginnend zwölf bis 14 Stunden nach der Operation; die durchschnittliche Therapiedauer lag bei elf Tagen.
Der zusammengesetzte primäre Studienendpunkt umfasste tiefe Venenthrombosen, nicht tödliche Lungenembolien und die Mortalität bis zu 17 Tage nach dem Eingriff. Ein weiterer Parameter war die Sicherheit der Therapie, insbesondere das Auftreten schwerer Blutungen.
Ein primäres Ereignis trat bei 6,9% der mit Rivaroxaban und bei 10,1% der mit Enoxaparin therapierten Patienten auf. Das entspricht einer 31%igen Verringerung des relativen Risikos und einer 3,2%igen Reduktion des absoluten Risikos unter der Rivaroxabangabe (relative Risikoreduktion 31,36%; 95% Konfidenzintervall 7,5 bis 49,06; p = 0,0160; absolute Risikoreduktion 3,19%; 95% Konfidenzintervall 0,71 bis 5,67; p = 0,0118). Unter Rivaroxaban traten mehr Blutungen jeglicher Art auf, und zehn Probanden (0,7%) erlitten nach der Einnahme von Rivaroxaban und vier (0,3%) nach der Applikation von Enoxaparin eine schwere Blutung; der Unterschied wies keine statistische Signifikanz auf (p = 0,1096).
Folgen einer Venenthrombose
Ein Kommentator befasst sich mit den Folgen einer Venenthrombose, die in ihrem ganzen Ausmaß erst nach und nach erkannt werden. Die kurzfristigen Konsequenzen einer venösen Thromboembolie – längerer Krankenhausaufenthalt, verlängerte Antikoagulation, Arbeitsunfähigkeit, häufigere Arztbesuche, höhere Kosten – sind nicht überraschend. Die mittelfristigen Folgen wie das postthrombotische Syndrom, das wiederum mit einem hohen Leidensdruck und sozioökonomischen Folgen verbunden ist, sind weniger bekannt. Und die langfristigen Folgen sind bis heute noch nicht klar umrissen. Es besteht ein Zusammenhang zwischen einer Venenthrombose und dem vermehrten Auftreten arterieller kardiovaskulärer Ereignisse sowie malignen Erkrankungen. So wurde in einer dänischen Kohortenstudie gezeigt, dass Patienten mit einer Venenthrombose ein erhöhtes Myokard- und Schlaganfallrisiko aufweisen. Die Assoziation zwischen bestehenden malignen Erkrankungen und tiefen Venenthrombosen ist seit Längerem bekannt. Neu ist die Vermutung, dass eine tiefe Venenthrombose das Risiko für einen neuen Tumor erhöhen kann.
Die vielfältigen potenziellen Folgen einer Venenthrombose unterstreichen die Relevanz einer Thromboseprävention. Orale Antithrombotika können diese erleichtern.
Quelle
Turpie A., et al.: Rivaroxaban versus enoxaparin for thromboprophylaxis after total knee arthroplasty (Record4): a randomised trial. Lancet 373, 1673 –1680 (2009).
Becker, R.: The importance of VTE prevention after orthopaedic surgery. Lancet 373, 1661 –162 (2009).
Fachinformation Xarelto; Stand Mai 2009.
Apothekerin Dr. Petra Jungmayr
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