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DPhG-Jahrestagung
Neue Targets für bessere Schmerztherapie
Wie Sprott ausführte, war die Einführung der Biologika wie beispielsweise Etanercept, Infliximab oder Adalimumab eine "Revolution" in der Geschichte der Rheumatherapie. Doch obwohl sich diese Wirkstoffe bei Patienten mit rheumatischen Erkrankungen in der Praxis bewähren, werden die Schmerzen der Betroffenen in vielen Fällen nur unzureichend gelindert, wie Sprott in seiner täglichen Arbeit als Rheumatologe beobachten kann. Auch in Untersuchungen hat sich gezeigt, dass etwa 55% der Patienten unter einer Therapie mit Biologika noch Schmerzen verspüren, die ihren privaten und beruflichen Alltag beeinträchtigen. Einer Erhebung der Arthritis Foundation zufolge gaben von 500 befragten Patienten mit rheumatoider Arthritis 71% an, trotz der Einnahme von Methotrexat und/oder Biologika immer noch unter Schmerzen zu leiden.
Schmerzen effektiver lindern
Ein Angriffsziel, um Rheumaschmerzen in Zukunft möglicherweise effektiver lindern zu können, ist der Kappa-Opioid-Rezeptor (κ-Rezeptor). Opioid-Rezeptoren sind sowohl im ZNS als auch in der Peripherie weit verbreitet. Neben dem κ-Rezeptor sind bisher noch δ- und μ-Opioid-Rezeptoren identifiziert worden. Die Stimulation der κ‑Rezeptoren führt vor allem zu Analgesie, Sedierung und Miosis. Da κ-Rezeptoren auch in den Gelenken gefunden wurden, ist die Stimulation dieser Rezeptoren ein vielversprechendes Target zur Therapie von Rheumaschmerzen. Mitarbeiter aus Sprotts Arbeitsgruppe konnten zeigen, dass bei Angriff an diesem Rezeptor auch eine Entzündungshemmung vermittelt wird, unter anderem durch die Verminderung der Synthese und Freisetzung von Tumornekrosefaktor α (TNF-α) sowie der Verminderung der Synthese von Adhäsionsmolekülen.
In der Praxis werden heute Opioide daher auch bei rheumatisch bedingten Schmerzen direkt in die betroffenen Gelenke appliziert. Sprott wendet diese Therapie vor allem bei schwerkranken Patienten an und konnte damit eine mehr als 80%ige Reduktion der Symptomatik sowie Rezidivfreiheit erzielen. Systemische Nebenwirkungen wurden kaum beobachtet.
Suche nach neuen Targets
Betrachtet man alle Antirheumatika insgesamt, so stellt man fest, dass nicht mehr als 60% der Patienten eine 70%ige Reduktion von Schmerzen und Schwellungen gemäß den Kriterien des American College of Rheumatology (ACR) erreichen. Bei der Suche nach neuen Targets waren bisher leider viele Fehlversuche zu verzeichnen, bedauerte Sprott. Eine Ursache dafür, dass viele intensiv beforschte potenzielle Wirkstoffe letztendlich nicht zur Zulassung gelangten, waren hohe Nebenwirkungsraten, vor allem Infektionen.
Als eine interessante Substanzklasse haben sich jedoch die sogenannten CINODs (COX-inhibierende NO-Donatoren) erwiesen. Das sind bifunktionelle Moleküle, bei denen NO-Gruppen kovalent in selektive COX-2-Inhibitoren eingebaut sind. Man erwartet, dass die CINODs weniger Nebenwirkungen als die COX-2-Hemmer (Coxibe) aufweisen.
Angriffspunkt: synoviale Fibroblasten
Alle bisherigen Versuche, neue Rheumatherapeutika zu entwickeln, waren nach Sprotts Ansicht vor allem deshalb wenig effektiv, weil sie letztendlich nicht direkt auf die Hemmung der Gelenkdestruktion abzielen. Daher wären seiner Meinung nach die synovialen Fibroblasten (in der Gelenkinnenhaut lokalisierte Bindegewebszellen) ein interessantes Target.
Synoviale Fibroblasten spielen in der Pathogenese der RA eine zentrale Rolle, denn sie sind maßgeblich an der Zerstörung des Gelenkknorpels beteiligt und halten außerdem die Entzündung aufrecht. Das Problem ist, dass sie relativ stabil und unter anderem nicht wie andere Zellen auf Apoptose-Stimuli reagieren und durch sie nicht den programmierten Zelltod erleiden. Wenn es gelänge, in der Fibroblastenforschung weiter voranzukommen, könnte es vielleicht eines Tages sogar möglich sein, rheumatische Erkrankungen zu heilen, sagte Sprott.
cb
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