Arzneimittel und Therapie

Ulipristalacetat wirkt innerhalb von fünf Tagen

Der neue selektive Progesteronrezeptor-Modulator Ulipristalacetat (Ellaone®, engl. ausgesprochen "ella wan") ist zur Notfallkontrazeption innerhalb von 120 Stunden (fünf Tagen) nach einem ungeschützten Geschlechtsverkehr oder Versagen der Kontrazeption zugelassen. Damit ist Ulipristal länger wirksam als das Gestagen Levonorgestrel, das bisher als "Pille danach" (z. B. Unofem® , Levogynon®) verwendet wurde und innerhalb von drei Tagen wirkt.

Levonorgestrel muss spätestens 72 Stunden, also drei Tage nach einer möglichen unerwünschten Befruchtung in einer Dosis von 1,5 mg eingenommen werden. Es wirkt bei dem empfohlenen Dosierungsschema wahrscheinlich hauptsächlich durch Hemmung der Ovulation und der Fertilisation, wenn der Geschlechtsverkehr in der präovulatorischen Phase, in der die Wahrscheinlichkeit der Fertilisation am größten ist, stattgefunden hat. Außerdem könnte Levonorgestrel auch Veränderungen des Endometriums bewirken, die eine Implantation beeinträchtigen. Falls die Implantation begonnen hat, ist Levonorgestrel unwirksam.

Ulipristal verhindert Ovulation

Der selektive Progesteronrezeptor-Modulator Ulipristalacetat wirkt dagegen bis fünf Tage nach einem ungeschützten Geschlechtsverkehr, was der Frau mehr Zeit für einen Arztbesuch lässt. Ulipristalacetat wird einmalig in einer Dosis von 30 mg oral eingenommen. Wenn innerhalb von drei Stunden nach der Einnahme Erbrechen auftritt, sollte eine weitere Tablette eingenommen werden. Nach oraler Gabe von 30 mg wird Ulipristalacetat rasch resorbiert, der Plasmaspitzenspiegel von 176 ± 89 ng/ml wird etwa eine Stunde (0,5 bis 2,0 h) nach der Einnahme erreicht. Die Resorption von Ulipristalacetat kann bei erhöhtem Magen-pH-Wert vermindert sein. Ulipristalacetat wird weitgehend (> 98%) an Plasmaproteine gebunden. Der Wirkstoff wird intensiv überwiegend über CYP3A4 sowie zu einem geringen Anteil über CYP1A2 und CYP2D6 verstoffwechselt. Die terminale Halbwertszeit im Plasma betrug nach einer Einzeldosis von 30 mg 32,4 ± 6,3 Stunden.

Progesteronrezeptor-Antagonist und -Agonist

Ulipristal bindet mit hoher Affinität an den menschlichen Progesteronrezeptor und entfaltet dort antagonistische und partiell agonistische Wirkungen. Als Hauptwirkungsmechanismus wird die Hemmung oder Verzögerung der Ovulation angesehen, aber auch eine Beeinflussung des Endometriums könnte zur Wirkung beitragen. Daneben hat Ulipristalacetat auch eine hohe Affinität zum Glucocorticoidrezeptor. In vitro zeigten sich beim Tier antiglucocorticoide Wirkungen. Beim Menschen wurden diese Wirkungen allerdings selbst nach wiederholter Anwendung einer Tagesdosis von 10 mg nicht beobachtet. Ulipristalacetat hat nur minimale Affinität zum Androgenrezeptor und keine Affinität zu menschlichen Estrogen- oder Mineralocorticoidrezeptoren. Da Ulipristalacetat das Wachstum der Uterusschleimhaut beeinträchtigen kann, wird es auch zur Behandlung von Uterusmyomen untersucht, einem häufig auftretenden gutartigen Tumor bei Frauen im gebärfähigen Alter.

Genauso gut wirksam wie Levonorgestrel

Erste Bewertungen lassen darauf schließen, dass die neue Substanz in den ersten 72 Stunden nach einem ungeschützten Geschlechtsverkehr mindestens ebenso wirksam ist wie Levonorgestrel: In zwei klinischen Vergleichsstudien wurden Frauen untersucht, die zwischen 0 und 72 Stunden nach einem ungeschützten Geschlechtsverkehr oder Versagen der Kontrazeption zur Notfallkontrazeption kamen.

In beiden Studien kam es in 1,5% der Fälle zu einer Schwangerschaft, es wurden 85% bzw. 73% der zu erwartenden Schwangerschaften verhindert. In einer klinischen Studie an Frauen, die zwischen 48 und 120 Stunden nach einem ungeschützten Geschlechtsverkehr oder Versagen der Kontrazeption zur Notfallkontrazeption kamen, betrug die Schwangerschaftsquote 2,1%, das heißt, es wurden 61% der zu erwartenden Schwangerschaften verhindert.

UAW Bauchschmerzen und Menstruationsstörungen

Das Spektrum an Nebenwirkungen scheint sich nicht von dem von Levonorgestrel zu unterscheiden: Die häufigsten Nebenwirkungen von Ulipristalacetat waren Bauchschmerzen und Menstruationsunregelmäßigkeiten, nach der Einnahme kann die folgende Menstruationsblutung um einige Tage verfrüht oder verspätet auftreten. Häufig kam es außerdem zu affektiven Störungen, Kopfschmerzen, Schwindelgefühl und Übelkeit.

Bei Schwangerschaft kontraindiziert

Daten zum Fehlbildungsrisiko bei versehentlicher Einnahme bei einer bereits bestehenden Schwangerschaft fehlen, daher muss vor der Einnahme eine bestehende Schwangerschaft ausgeschlossen werden. Die Herstellerfirma HRA Pharma führt ein Schwangerschaftsregister zur Erfassung des Ausgangs von Schwangerschaften nach Ellaone® -Exposition.

Als lipophile Substanz kann Ulipristalacetat bei Menschen oder Tieren in die Muttermilch übertreten. Ein Risiko für das gestillte Kind ist nicht auszuschließen. Nach Einnahme von Ulipristalacetat wird daher empfohlen, das Stillen für mindestens 36 Stunden zu unterbrechen.

Die Pille wirkt nicht mehr zuverlässig

Da Ulipristalacetat mit hoher Affinität an den Progesteronrezeptor gebunden wird, kann die Wirkung gestagenhaltiger Arzneimittel beeinträchtigt werden, und die kontrazeptive Wirkung von hormonellen Kombinationspräparaten oder rein gestagenhaltigen Arzneimitteln kann vermindert sein. Nach Durchführung einer Notfallkontrazeption empfiehlt es sich, bei jedem weiteren Geschlechtsverkehr bis zum Beginn der folgenden Menstruationsblutung eine zuverlässige Barrieremethode anzuwenden. Bei gleichzeitiger Anwendung von Arzneimitteln, die den pH-Wert im Magen erhöhen, wie Protonenpumpenhemmer, Antazida und H2 -Rezeptorantagonisten kann die Plasmakonzentration von Ulipristalacetat vermindert und die Wirksamkeit beeinträchtigt sein. Die gleichzeitige Anwendung wird daher nicht empfohlen. hel

 

Quelle

Fachinformation zu Ellaone® , Stand Oktober 2009.

 

 

Handelsname: Ellaone
Hersteller: HRA Pharma, Bochum
Einführungsdatum: 1. Oktober 2009
Zusammensetzung: Jede Tablette enthält 30 mg Ulipristalacetat. Sonstige Bestandteile: Lactose-Monohydrat, Povidon K30, Croscarmellose-Natrium, Magnesiumstearat.
Packungsgrößen, Preise und PZN: 1 Tablette, 35,30 Euro, PZN 6179483.
Stoffklasse: Sexualhormone. ATC-Code: noch nicht zugewiesen.
Indikation: Notfallkontrazeption innerhalb von 120 Stunden (fünf Tagen) nach einem ungeschützten Geschlechtsverkehr bzw. Versagen der Kontrazeption
Dosierung: Eine Tablette baldmöglichst und nicht später als 120 Stunden (fünf Tage) nach einem ungeschützten Geschlechtsverkehr bzw. Versagen der Kontrazeption.
Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Bestandteile; Schwangerschaft.
Nebenwirkungen: Sehr häufig: Bauchschmerzen; Menstruationsunregelmäßigkeiten. Häufig: Infektionen; affektive Störungen; Kopfschmerzen, Schwindelgefühl; Übelkeit, Erbrechen, Dyspepsie; Muskelkrämpfe, Rückenschmerzen; Dysmenorrhö, Menorrhagie; Müdigkeit.
Wechselwirkungen: CYP3A4-Induktoren können die Plasmakonzentration und somit die Wirksamkeit von Ulipristalacetat herabsetzen; die gleichzeitige Anwendung wird daher nicht empfohlen. Bei gleichzeitiger Anwendung von Arzneimitteln, die den pH-Wert im Magen erhöhen, kann die Plasmakonzentration von Ulipristalacetat vermindert und die Wirksamkeit beeinträchtigt sein, die gleichzeitige Anwendung wird daher nicht empfohlen. Durch stark wirksame CYP3A4-Inhibitoren kann die Plasmakonzentration von Ulipristalacetat erhöht werden, die klinische Relevanz dieser Wechselwirkung ist nicht bekannt. Da Ulipristalacetat mit hoher Affinität an den Gestagenrezeptor gebunden wird, kann die Wirkung gestagenhaltiger Arzneimittel beeinträchtigt werden; die kontrazeptive Wirkung von hormonellen Kombinationspräparaten oder rein gestagenhaltigen Arzneimitteln kann vermindert sein; die gleichzeitige Anwendung von Ulipristalacetat und Notfallkontrazeptiva auf Basis von Levonorgestrel wird nicht empfohlen.
Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen: Die Anwendung bei Frauen mit schwerem und durch orale Steroide nicht ausreichend kontrolliertem Asthma wird nicht empfohlen. Bei Anwendung von Ulipristalacetat ist die Fortsetzung der regelmäßigen hormonellen Kontrazeption nicht kontraindiziert, diese kann aber in ihrer Wirksamkeit beeinträchtigt sein; nach Durchführung einer Notfallkontrazeption empfiehlt es sich daher, bei jedem weiteren Geschlechtsverkehr bis zum Beginn der folgenden Menstruationsblutung eine zuverlässige Barrieremethode anzuwenden. Durch Notfallkontrazeption mit Ulipristalacetat wird der Eintritt einer Schwangerschaft nicht in jedem Fall verhindert; im Zweifelsfall sollte bei einer Verzögerung der nachfolgenden Menstruationsblutung um mehr als sieben Tage, bei abnormer Blutung zum Zeitpunkt der erwarteten Menstruation oder bei Zeichen einer möglichen Schwangerschaft immer ein Schwangerschaftstest durchgeführt werden. Nach der Einnahme von Ulipristalacetat kann die folgende Menstruationsblutung um einige Tage verfrüht oder verspätet auftreten.
Ulipristal

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