Arzneimittel und Therapie

Hydromorphon hat geringes Interaktionspotenzial

Die meisten älteren Menschen benötigen regelmäßig Arzneimittel, zum Beispiel wegen degenerativer Erkrankungen des Bewegungsapparates mit starken chronischen Schmerzen oder auch wegen verschiedener Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Schmerzmittel, die hier bei akuten Schmerzen eingesetzt werden, sollten also ein möglichst geringes Interaktionspotenzial aufweisen.

"Charakteristisch für Multimorbide ist eine Polypharmakotherapie mit einem hohen Risiko für Arzneimittelinteraktionen", sagte Prof. Dr. Roland Hardt, Katholisches Klinikum Mainz, bei einer Veranstaltung auf dem Deutschen Schmerzkongress in Berlin. Durch eine Patchworktherapie von mehreren behandelnden Ärzten drohe außerdem der Verlust des Überblicks über die medikamentöse Therapie.

Trio infernale: NSAR/COX-2-Hemmer, ACE-Hemmer und Diuretikum

Ein weiteres Problem: Eine adäquate Datenbasis für die Therapie bei Patienten mit Multimedikation fehlt, und Leitlinien sind nur auf die Therapie einzelner Krankheiten zugeschnitten. Eine strikte Einhaltung bedeute oft eine große gesundheitliche Gefahr für den Patienten, so Hardt. Besonders riskant sei das sogenannte Trio infernale aus nicht-steroidalem Antirheumatikum (NSAR) oder COX-2-Hemmer, ACE-Hemmer und Diuretikum.

Hardt verdeutlichte dies am Beispiel einer 83-jährigen Patientin mit Hypertonie, Herzinsuffizienz sowie Diabetes mellitus Typ II und damit einhergehender Retino- und Nephropathie: Mit Ramipril, Torasemid, Bisoprolol und Metformin war sie gut eingestellt. Wegen Knieschmerzen aufgrund von Osteoarthritis erhielt sie nun von einem weiteren Arzt zusätzlich zweimal täglich 75 mg Diclofenac. Innerhalb von zwei Wochen lagerte die Patientin 15 kg Wasser ein und musste wegen globaler Dekompensation stationär aufgenommen werden. Um solche unerwünschten Arzneimittelinteraktionen zu verhindern, müsse das Analgetikum bei Patienten mit Multimedikation sorgfältig ausgewählt werden, führte Hardt aus. Es müsse die Schmerzen effektiv lindern und gleichzeitig ein geringes Interaktionspotenzial haben.

Schmerzen ausreichend behandeln

"Die Angst vor Arzneimittelinteraktionen darf jedoch nicht zu einer analgetischen Unterversorgung von Schmerzpatienten mit Multimedikation führen", sagte Hardt. Dass eine effektive Analgesie bei gleichzeitig hoher Therapiesicherheit möglich ist, zeigte er anhand einer 85-jährigen Osteoporosepatientin, die mit starken Schmerzen, bettlägerig und in Schonhaltung in das Klinikum aufgenommen wurde. Eine pflegerische Versorgung war schmerzbedingt kaum möglich. Die analgetische Vorbehandlung bestand aus NSAR und einem schwachen Opioid. Außerdem erhielt sie Alendronat, Vitamin D3 und Calcium, ACE-Hemmer, Diuretika, orale Antidiabetika sowie Antidepressiva. Aufgrund multipler Vorerkrankungen wie Hypertonie, Herzinsuffizienz, Hypalbuminämie, Sarkopenie und Depressionen und daraus resultierender Multimedikation wurde ihre analgetische Therapie auf zweimal täglich 4 mg retardiertes Hydromorphon (Palladon® retard) umgestellt und die Dosis in 48-Stunden-Abständen erhöht, erläuterte Hardt. Mit zweimal 40 mg täglich und bei Bedarf einem schnell wirksamen Hydromorphon (Palladon® 2,6 mg) waren ihre Schmerzen adäquat gelindert, unerwünschte Wechselwirkungen traten nicht auf. Die Patientin konnte so mobilisiert und nach nur drei Wochen in eine Reha-Klinik verlegt werden.

Kein Abbau über Cytochrom P450

Hydromorphon ist ein hydriertes Morphinketon und ein sehr stark wirksames Opioid-Analgetikum. Angewendet wird es bei starken und stärksten Schmerzen. Es ist verschreibungspflichtig und unterliegt dem Betäubungsmittelgesetz. Hydromorphon wird über die Glucuronyl-Transferase und wahrscheinlich nicht über das Cytochrom-P450-Enzymsystem in der Leber metabolisiert. Zusätzlich hat es mit 8% eine sehr geringe Plasma-Eiweißbindung. Dadurch hat der Wirkstoff nur ein minimales Interaktionspotenzial und wirkt auch bei Begleitmedikation sicher und stabil. Da Hydromorphon keine therapeutisch aktiven Metabolite bildet, ist es auch bei Niereninsuffizienz geeignet. In Deutschland sind vier Präparate mit dem Wirkstoff Hydromorphon auf dem Markt: Als Injektionslösung unter den Namen Dilaudid® mit 2 mg/1 ml pro Ampulle, als Kapseln mit 1,3 und 2,6 mg (Palladon®) und als Retardkapseln (Palladon retard®) in den Dosierungen 4, 8, 16 oder 24 mg Hydromorphon pro Retardkapsel. Ein weiteres Retardpräparat ist Jurnista® in Dosierungen bis zu 64 mg Hydromorphon pro Retardtablette. hel

 

Quelle

Prof. Dr. Roland Hardt, Mainz: "Therapiesicherheit bei Multimedikation – Palladon® verträgt sich gut", Expertengespräch "Meet the expert", im Rahmen des Deutschen Schmerzkongresses in Berlin, 8. und 9. Oktober 2009, veranstaltet von der Mundipharma GmbH, Limburg/Lahn.

 

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