Arzneimittel und Therapie

Blutdrucksenkung erhält die Nierenfunktion bei Kindern

Bei chronisch nierenkranken Kindern lässt im Krankheitsverlauf die Nierenfunktion oft stetig nach, bis sie schließlich auf eine regelmäßige Dialyse oder Nierentransplantation angewiesen sind. Je länger dieser Zeitpunkt hinausgezögert werden kann, desto besser. Die Ergebnisse einer europäischen Studie zeigen jetzt erstmals, dass die Nierenfunktion länger erhalten bleibt, wenn der Blutdruck der Kinder konsequent abgesenkt wird.

Weniger als ein Prozent aller Patienten mit chronischer Nierenerkrankung sind Kinder. Oft sind dabei angeborene Fehlbildungen der Nieren, Harnwegserkrankungen oder genetische Defekte die Ursache. Rund 50% der Kinder mit einer chronischen Nierenerkrankung leiden zugleich an Bluthochdruck. In Studien an Erwachsenen konnte bereits nachgewiesen werden, dass die Hemmung des Renin-Angiotensin-Systems das Fortschreiten einer chronischen Nephropathie merklich verzögert. Zuverlässige Daten für eine Therapie bei Kindern fehlten jedoch bislang. Eine internationale Forschergruppe untersuchte nun die langfristigen nephroprotektiven Wirkungen einer konsequenten Blutdruckkontrolle bei Kindern, die mit einer festen ACE-Inhibitor-Dosis und gegebenenfalls weiteren Blutdrucksenkern therapiert wurden.

385 Kinder über fünf Jahre beobachtet

Nach einer sechsmonatigen Run-in-Phase erhielten 385 Kinder im Alter von drei bis 18 Jahren, die an einer chronischen Nierenerkrankung litten (glomeruläre Filtrationsrate von 15 bis 80 ml/min pro 1,73 m2 Körper-Oberfläche) täglich 6 mg Ramipril pro Quadratmeter Körperoberfläche. Die jungen Patienten wurden randomisiert entweder der intensivierten (mit dem Ziel, den mittleren arteriellen Blutdruck im unteren Normbereich zu halten) oder herkömmlichen Blutdruckkontrolle (mittlerer arterieller Blutdruck im oberen Normbereich) zugewiesen. Eingestellt wurde der Zielblutdruck falls nötig mit einer zusätzlichen antihypertensiven Therapie, die nicht über das Renin-Angiotensin-System wirkt. Die Patienten wurden über einen Zeitraum von fünf Jahren beobachtet. Der primäre Endpunkt war die Zeit, in der die glomeruläre Filtrationsrate um 50% absank oder bis zum Eintreten einer Nierenerkrankung im Endstadium. Sekundäre Endpunkte waren Veränderungen des Blutdrucks, der glomerulären Filtrationsrate und der Proteinurie.

Risiko für Nierenversagen sank um 35%

Obwohl sich die therapeutisch erzielten Blutdruckwerte zwischen den beiden Gruppen nur leicht unterschieden (3 bis 4 mmHg), waren die Ergebnisse bei der intensivierten Therapie signifikant besser. Während unter intensivierter Blutdruckkontrolle insgesamt nur 30% der Patienten eine Nierenersatztherapie benötigten, war dies in der, auf Blutdruckwerte im oberen Normbereich eingestellten, Vergleichsgruppe bei 42% der Fall. Das Risiko eines endgültigen Nierenversagens konnte durch die niedrigere Blutdruckeinstellung sogar um 35% gesenkt werden. Im Hinblick auf die Häufigkeit unterschiedlicher Nebenwirkungen oder die Anzahl der Studienabbrecher zeigten sich keine Unterschiede zwischen den beiden Patientenkollektiven. Trotz gleich bleibend guter Blutdruckeinstellung, stieg die Proteinurie, nach einem anfänglichen Rückgang um rund 50%, im Laufe der Behandlung mit ACE-Inhibitoren wieder an. Die Autoren schließen daraus, dass Blutdruck und Proteinurie voneinander unabhängige Prädiktoren für die Progression renaler Erkrankungen darstellen.

Reduktion der Proteinurie erhöht Erfolgsaussichten

Eine intensivierte Blutdruckkontrolle mit dem Ziel, den mittleren 24-Stunden-Blutdruck im unteren Normalbereich zu halten, führt demnach zu einem längeren Erhalt der Nierenfunktion bei Kindern mit chronischer Nephropathie und verzögert so die Notwendigkeit von Dialyse oder Transplantation. Das Wiederauftreten einer Proteinurie nach der ersten erfolgreichen pharmakologischen Blutdruckeinstellung ist bei Kindern unter Langzeitbehandlung mit ACE-Hemmern nicht selten. Dennoch stehen die Chancen, eine Nierenersatztherapie aufschieben zu können, gerade dann besonders gut, wenn neben den angestrebten Blutdruckwerten zumindest zu Behandlungsbeginn auch eine Abnahme der Eiweißausscheidung im Urin auftrat.

 

Quelle

Wühl, E.; et al.: Strict Blood-Pressure Control and Progression of Renal Failure in Children. N Engl J Med 2009; 361: 1639 –1650.

Ingelfinger, J. R.: Blood-Pressure Control and Delay in Progression of Kidney Disease in Children. Engl J Med 2009; 361: 1701 –1703.

 


Apotheker Dr. Andreas Ziegler

 

 

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