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Fortbildung
Desinfektion von Haut und Wunden
Eine "normale" Kontamination der Wunde ist nicht bedrohlich. Jede chronische Wunde ist mit einem gewissen Spektrum an Keimen kontaminiert. Es muss dann nicht unbedingt zu einer relevanten Beeinträchtigung der Wundheilung kommen. Sind Keime vorhanden, vermehren sie sich und es erfolgt keine klinisch bedeutsame immunologische Wirtsreaktion, so spricht man von einer Kolonisation. Hier ist die Wundheilung verzögert oder zum Stillstand gekommen. Erst wenn sich die Keime vermehren und eine massive immunologische Wirtsreaktion erfolgt, spricht man von einer akuten Wundinfektion. Dies ist z. B. der Fall, wenn eine Erregereinschleppung von innen (Bakteriämie) oder von außen stattfindet. Ein typisches Beispiel ist der massenhafte Erregereintrag durch einen Unfall oder eine Darmkeimkontamination bei einer Operation oder der Kontakt mit hochvirulenten Erregern. Es zeigen sich dann die klassischen Zeichen einer lokalen Wundinfektion. Bei weiterer Vermehrung der Erreger, beeinflusst durch verschiedene Faktoren wie schlechter Immunstatus oder Durchblutungsstörungen kann sich eine chronische Wundinfektion im tieferen Wundgewebe unter der Oberfläche des Wundbettes entwickeln. Im ungünstigsten Fall bis zu einer Sepsis.
Infektion: Interventionszeitpunkt erkennen
Eine Wunde mit Kolonisation oder Infektion muss saniert werden, um eine Weiterverbreitung der Erreger zu verhindern. Zu welchem Zeitpunkt Antiseptika eingesetzt werden, ist eine entscheidende Frage. Denn im Verlauf einer Wundbehandlung kann zu jedem Zeitpunkt eine Wundinfektion als ernste Komplikation auftreten, die den bisherigen Heilungsverlauf deutlich zurückwirft und unter Umständen zu lebensbedrohlichen Situationen führt. Darum ist es überaus wichtig, das Kritischwerden einer Wunde, den sogenannten Interventionszeitpunkt zu erkennen: Geruch und Sekretion der Wunde und auch die Schmerzen des Patienten ändern sich. Dies kann nur durch genaues Beobachten, Anfertigen von Abstrichen, mehrfach täglichen Visiten und Verbandswechsel erkannt werden. Ziel der eingeleiteten Maßnahmen sollte die Abtötung bzw. zumindest die Verminderung der pathogenen Kontaminationserreger sein. Dabei sollte die Selbsthilfe des Körpers durch einen Schutz der physiologischen Flora gefördert werden, eine "Maximalantisepsis", die alle Keime abtötet, kann nicht das Ziel sein, aber eine effiziente Neubesiedlung muss verhindert werden. Daneben darf nicht die Wirtschaftlichkeit und die einfache Anwendbarkeit aus den Augen verloren werden.
Um dieses Ziel zu erreichen stehen eine Reihe von antimikrobiellen Wirkstoffen und Prinzipien zur Verfügung:
- Antibiotika lokal/systemisch
- Antiseptika (Octenisept, Polihexanid, PVP, Ethanol, Isopropanol, Triclosan)
- Farbstoffe (Eosindinatrium, Pyoctanin, Toluidinblau)
- Strahlung (UV, IR, Plasma)
- Hitze bzw. Kälte
Bei der Auswahl eines Antiinfektivums gilt zu berücksichtigen, dass es kein universell geeignetes Mittel gibt. Die Auswahl muss in Abhängigkeit von der gestellten Indikation, dem erwarteten Erregerspektrum, der lokalen und gegebenenfalls auch systemischen Verträglichkeit, der realisierbaren Einwirkungszeit sowie der Galenik des zu verwendenden Präparats erfolgen.
Polihexanid ist ein kationisches Diguanidin mit breiter mikrobiozider Wirksamkeit, es ist jedoch nicht viruzid oder sporozid wirksam. Verglichen mit Povidon-Iod und Octenidin tritt die Wirkung erreger- und konzentrationsabhängig langsamer, mit einer Wirkverzögerung von 30 Minuten ein. Aufgrund der tiefen Gewebegängigkeit und guten Gewebeverträglichkeit gilt Polihexanid als bevorzugter Wirkstoff bei empfindlichen und schlecht heilenden chronischen Wunden.
Octenidin(-dihydrochlorid) ist ein kationaktives Bispyridin, das für die Antiseptik in Kombination mit 2% Phenoxyethanol eingesetzt wird. Die Wirkung tritt nach etwa einer Minute ein. Es weist eine breite Wirksamkeit auf, das Wirkungsspektrum umfasst grampositive und gramnegative Bakterien, Pilze sowie eine Reihe von Virusarten. Es ist jedoch nicht für Fistelgänge und tiefe Gewebe sowie aufgrund der Knorpeltoxizität auch nicht für Gelenke geeignet. Bei Fistelgängen und verwinkelten bzw. schlecht erreichbaren Wunden hat Daeschlein gute Erfahrungen mit dem Einsatz von Maden gemacht, den Fliegenlarven von Lucilia serricata, die bei solchen schwierigen lokalen Gegebenheiten die Wunde sauber halten und abgestorbenes Gewebe beseitigen. Silber weist eine breite Wirksamkeit auf, jedoch treten schnell nach dem Kontakt Resistenzen auf, es ist vor allem wirksam gegen gramnegative Keime, die keine Effluxpumpe haben. ck
Anforderung an eine optimale Wundauflage
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