Praxis aktuell

Umsatzsteuervoranmeldung – tückische Folgen für Apotheken

Die Gefilde des Umsatzsteuerrechts sind steinig und auch die Finanzverwaltung wird diesem Teilgebiet keine höhere Logik zubilligen als dem Rest des Steuerrechts. Im Apothekenbetrieb wird der Umsatzsteuer so gut wie keine Aufmerksamkeit geschenkt. Nach landläufiger Auffassung in der Praxis handelt es sich bei der Umsatzsteuer nur um einen "durchlaufenden Posten"…
Umsatzsteuervoranmeldung Die Berechtigung zum Vorsteuerabzug hängt an den Rechnungen, die den Erfordernissen des Umsatzsteuergesetzes entsprechen müssen.
Foto: DAZ/hvj

... da sie wirksam erst beim Endverbraucher erhoben wird, während in der Lieferantenkette der jeweilige Unternehmer durch den Abzug der Vorsteuer die eigentlich gesetzlich geschuldete Steuer für jene Lieferungen und sonstige Leistungen zur Erstattung beantragen kann, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind (§ 15 UStG) [1]. Die Ausübung des Vorsteuerabzugs setzt freilich voraus, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14a UStG ausgestellte Rechnung besitzt.

Bundesweite Betriebsprüfungen bei Apotheken haben in den letzten Monaten jedoch die Relevanz des Vorsteuerabzugs für den Apothekenbetrieb bestätigt. Die Berechtigung zum Vorsteuerabzug und die Höhe des Vorsteuerabzugs hängt nach dem UStG eindeutig an den Rechnungen, die den Erfordernissen des Umsatzsteuergesetzes entsprechen müssen und sich im Einklang mit der Umsatzsteuer-Datenverordnung (UStDV) befinden müssen. Werden diese Erfordernisse nicht erfüllt, so versagt die Finanzverwaltung auch nachträglich den Vorsteuerabzügen die Berechtigung mit der Folge von Umsatzsteuernachforderungen, die bei branchendurchschnittlichen Apotheken durchaus rasch in sechsstellige Größenordnungen führen können. Die Versagung des Vorsteuerabzugs erfolgt dabei meist in vollem Umfange und nicht etwa gemäß des strittigen Unterschiedsbetrags der Umsatzsteuer.

Bereits im Jahre 2004 hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) in Schreiben an die Obersten Finanzbehörden vom 29. Januar 2004 im Zusammenhang mit der Rechnungsrichtlinie der Europäischen Union (RL 2001/115/EG) und mit Schreiben vom 3. August 2004 im Zusammenhang mit im voraus vereinbarten Minderungen des Entgelts (also Rabatte, Skonti oder Boni) die Anforderungen an die Rechnungen präzisiert und auf Versagungsgründe für den Vorsteuerabzug hingewiesen [2, 3].

Rabatt- oder Bonusvereinbarungen

So muss in jeder Rechnung eine im Voraus vereinbarte Entgeltminderung (Rabatt oder Bonus) ausgewiesen sein. Es reicht auch aus, wenn in der Rechnung auf die entsprechende Konditionsvereinbarung hingewiesen wird, allerdings muss diese Angabe hinreichend genau sein und jederzeit die Erfordernisse einer leichten und eindeutigen Nachprüfbarkeit erfüllen (§31 Abs. 1 Satz 3 UStDV). Es müssen also schriftliche Rabattvereinbarungen vorliegen, die ohne Verzögerung der jeweiligen Rechnung zugeordnet werden können. Werden in einer Rechnung unrichtige Angaben gemacht, so entfällt der Vorsteuerabzug. Zu den unrichtigen Angaben in einer Rechnung gehören Rechenfehler, unrichtige Angabe des Entgelts, des Steuersatzes oder des Steuerbetrags. Was oft nicht bekannt sein dürfte: die entsprechende Prüfung obliegt stets dem Rechnungsempfänger, also in den angesprochenen Fällen dem Apothekeninhaber (Randziffer 90, [2]). Regelmäßig kann bei unrichtiger Angabe des Vorsteuerabzugs dieser Mangel erst durch eine korrigierte Rechnung des leistenden Unternehmers (Lieferanten) behoben werden (§§14c, 17 Abs. 1; s. a. Steuerinfo des Zentralverbands des Deutschen Handwerks [4]). Für die Finanzverwaltung unterbricht nur das Vorliegen einer korrigierten Rechnung den für den Steuerpflichtigen schädlichen Zinslauf auf die zu Unrecht erstattete Vorsteuer.

Ein Beispiel mag die Relevanz für die Apotheken verdeutlichen. Rechnungen von pharmazeutischen Großhandlungen existieren bisweilen in Doppelausfertigung, bei der die Ausweisung des Rabattbetrages nicht übereinstimmt. Ein völlig identisches Rechnungsdatum des Doppels kommt hierbei nicht selten vor. Dies ist bereits für die Betriebsprüfer regelmäßig ein gravierender Tatbestand, denn damit ist bei einem einzigen identischen Rechnungsfall plötzlich eine unterschiedlich hohe Umsatzsteuer ausgewiesen, so dass die Finanzverwaltung eine unrichtige Anmeldung und damit falsche Erstattung der Vorsteuer für gegeben hält. In der Praxis wurden in der Vergangenheit solche Rabattbeträge auch durch Verrechnungsscheck den Apotheken übersandt. Nun kommt es primär für diesen letzteren Sachverhalt noch nicht einmal darauf an, ob diese Rabattbeträge wieder korrekt in den Geschäftskreislauf zurückgeführt wurden, sondern vor allem darauf, dass ein transparenter, unzweideutiger Querverweis (§31 UStDV) die Zuordnung für die Finanzverwaltung durchführbar werden lässt. Fehlt ein solcher eindeutiger Querverweis und der höhere, nicht durch Rabatt geminderte Umsatzsteuerbetrag wird irrtümlich zur Vorsteuer angemeldet, dann wird der gesamte in der Rechnung genannte Umsatzsteuerbetrag bei einer nachträglichen Betriebsprüfung nicht als Vorsteuerabzug anerkannt. Folglich wird die einstmals erstattete Vorsteuer durch den Betriebsprüfer gemindert und zusätzlich auf den in Frage stehenden Betrag 6% Verzugszinsen erhoben, während sich der steuerehrlich fühlende Apotheker durchaus keiner Schuld bewusst ist.

Ob die unter Randziffer 88 [2] vermerkte Ansicht des BMF "Der Leistungsempfänger hat die in der Rechnung enthaltenen Angaben auf ihre Vollständigkeit und Richtigkeit zu überprüfen. Dabei ist allerdings der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren." zugunsten des Steuerpflichtigen angewandt werden könnte, ist in Anbetracht der angespannten Finanzlage der öffentlichen Kassen zumindest in Zweifel zu ziehen. Es dürfte im Zweifel für den Steuerpflichtigen eher teuer werden.

 

Quellen

[1] http://bundesrecht.juris.de/bundesrecht/ ustg_1980/gesamt.pdf

[2], [3] Download unter: http://www.bundesfinanzministerium.de/nn_58004/DE/BMF__Startseite/Aktuelles/BMF__Schreiben/node.html?__nnn=true

[4] http://www.zdh.de/fileadmin/user_upload/ themen/Steuerinfo/Umsatzsteuer_-_Boni__ Skonti_und_Rabatte.pdf

 

Autor

Prof. Dr. rer. nat. habil. Thomas Beck, Institut für Anatomie, Gertrudenstr. 9, 18057 Rostock, E-Mail: thomas.beck@uni-rostock.de

 

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