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Gesundheitspolitik
Der Blick des Ökonomen auf die Apotheke
AZ: Herr Kaapke, Sie waren mehrere Jahre am Institut für Handelsforschung in Köln. Sie haben sich dort immer wieder mit ökonomischen Fragen zur Apotheke befasst und als Experte für die ökonomische Seite des Apothekenmarkts einen Namen gemacht. Jetzt arbeiten Sie an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg Stuttgart, Studienzentrum Handel und Distribution. Außerdem sind Sie als freier Projektleiter für unterschiedliche Projekte tätig. Ein Schwerpunkt Ihrer früheren Tätigkeit war auch der Apothekenmarkt. Beobachten Sie weiterhin die Apotheker?
Kaapke: Das habe ich auf alle Fälle vor und zwar aus mehreren Gründen. Apotheken, der pharmazeutische Großhandel und die Pharmaindustrie sind spannende Untersuchungsobjekte. In den letzten Jahren habe ich mir viele Kenntnisse in diesem Markt verschafft, es wäre töricht, dies nicht weiter zu nutzen. Ich werde mich voraussichtlich in meinen Tätigkeiten noch stärker mit der Thematik des Apothekenmarkts befassen, weil ich nun freier bin in der akademischen Lehre und dies in der Projektarbeit mit praktischen Beispielen unterfüttern kann.
AZ: Apotheker fühlen sich und ihre Arbeit von der Politik und der Gesellschaft nicht immer adäquat gewürdigt. Wie sehen Sie dies als Außenstehender durch die ökonomische Brille? Was können Apotheker dagegen tun?
Kaapke: Ich glaube, bei einzelnen Personen sind die Apotheker sehr wohl gelitten. Wenn sich diese Personen am Stammtisch oder in der Familie unterhalten, dann allerdings kommt sehr schnell eine Neiddebatte auf, weil man dem Apotheker, der Apothekerin relativ schnell einen besonderen Status mit relativ guten Verdienstmöglichkeiten unterstellt. Vor diesem Hintergrund findet das, was in persönlichen Gesprächen täglich zuhauf stattfindet, in größeren Runden schon nicht mehr die Entsprechung. Außerdem, die Leistung der Apotheker wird aus meiner Sicht überhaupt nicht gewürdigt. Man rückt sie relativ nahe in die Ecke von ganz normalen Handelsformaten. Das sind zwar alles ehrbare Berufe, aber austauschbar. Und genau das sind Apothekerinnen und Apotheker eben nicht, denn sonst wäre ein solches Studium auch nicht gerechtfertigt. Auch die zahlreichen gesetzlichen Auflagen, eine öffentliche Apotheke betreiben zu dürfen, wären nicht gerechtfertigt. Vor diesem Hintergrund, so meine ich, müsste sich die Politik viel stärker zur Apotheke bekennen und deutlich die Rolle der Apotheke, der Apothekerinnen und Apotheker in der Distribution von Arzneimitteln und im öffentlichen Gesundheitswesen in den Vordergrund stellen. Alles, was in den letzten zehn Jahren bei der Bevölkerung ankam, war: Die Apotheker müssen geschröpft werden, sie sind die Kostentreiber des Gesundheitssystems. Aber genau das sind sie nicht, denn das würde voraussetzen, dass sie die Initiativen und Impulse setzen. Die Apotheker sind im Rahmen der GKV die Ausführenden dessen, was an anderer Stelle verursacht wird. Und das machen sie so gut, wie es ihnen möglich ist. Sie dafür Jahr für Jahr aufs Neue zu bestrafen, halte ich für überhaupt nicht adäquat.
AZ: Wenn Sie heute die Apotheke betrachten – was gefällt Ihnen an Apotheken, was machen sie richtig und wo wäre Ihrer Meinung nach Änderungsbedarf?
Kaapke: Ich sehe drei Apothekentypen. Die eine Art von Apotheken scheint mir gut gerüstet für die Zukunft und damit meine ich nicht unbedingt eine ultramoderne Apotheke. Diese Apotheke hat eine gewisse Ausstrahlung, eine besondere Herangehensweise an ihre Aufgaben und eine klare strategische Ausrichtung, auch wie mit Kunden gesprochen wird.
Ein zweiter Typus von Apotheken schreibt den Status quo fort, durchaus professionell, aber so richtig revolutionäre Änderungen packt sie nicht an.
Und der dritte Typus von Apotheken hat die Zeichen der Zeit nicht erkannt und will sie nicht erkennen. Diese Apotheken werden es extrem schwer haben. Sie haben die Kostendämpfungsgesetze zwar halbwegs überstanden – man möchte gar nicht wissen wie. Diese Apotheken tragen aber auch zum Image der Apotheke bei. Bei diesen Apotheken habe ich Sorge, auch hinsichtlich der Wirkung der Apotheken für das Geschäftsmodell Apotheke, weil das nicht im Verborgenen bleibt, sondern auch bei den Kunden, bei den Politikern und anderen Entscheidungsträgern aufschlägt. Diese werden sich sagen, wenn solche Apotheken überleben können, dann wird das System aber hinreichend attraktiv sein. Da findet kein Sozialdarwinismus im guten Sinne statt – das ist schlecht. Was mir besonders gut gefällt: Das sind Apotheken, die eine Kommunikation und Sprache hinbekommen, die der jetzigen Zeit in aller Offenheit entspricht, die es aber trotzdem schaffen, den Respekt vor dem Kunden, dem Patienten zu wahren und auch in der Dosierung ihrer Worte bei der Beratung es spüren, wann sie sich zurücknehmen müssen. Hier findet dann eine Kundenbindung auf hohem Niveau statt, die nicht substituierbar und nicht leicht kopierbar ist. Um diese Apotheken mache ich mir überhaupt keine Sorge. Bei diesen Apotheken stellt man auch fest, dass das Team toll ist, dass hier eine Freundlichkeit ausgestrahlt wird und alle für die Apotheke brennen. Der Faktor Mensch ist nach wie vor der Erfolgsfaktor Nr. 1. Die Ware ist austauschbar und gibt es in anderen Apotheken auch. Aber wie die Ware über den HV-Tisch gereicht wird, mit welcher Freundlichkeit, mit welcher Offenheit, Kommunikationsintensität und Beratungsqualität – das unterscheidet sich signifikant. Ich glaube, das war schon immer der Schlüssel zum Erfolg und wird es auch für die Zukunft bleiben.
AZ: Herr Kaapke, vielen Dank für das Gespräch.
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