Ernährung aktuell

IgG-Tests bei Lebensmittelunverträglichkeit ungeeignet

Die Europäische Akademie für Allergologie und Klinische Immunologie (EAACI) hat ein aktuelles Positionspapier zum Stellenwert von IgG- oder IgG4-Tests zur Feststellung von Lebensmittelunverträglichkeiten verfasst, das von den fünf deutschsprachigen Allergiegesellschaften in ihre Leitlinie übernommen wurde. Darin wird die Diagnostik von Lebensmittelunverträglichkeiten mittels IgG-Antikörpertests als ungeeignet eingestuft und strikt abgelehnt.

Bei einer Unverträglichkeit gegenüber Lebensmitteln wird zwischen einer immunologisch bedingten Allergie und einer Intoleranz ohne immunologische Beteiligung unterschieden. Während die IgE-vermittelte allergische Unverträglichkeit auf körpereigenen Reaktionen gegenüber Proteinen beruht und mit wissenschaftlich evaluierten Tests geprüft werden kann, stehen für die nicht allergische Intoleranz keine Tests zur Verfügung; die klinische Diagnose beruht ausschließlich auf Anamnese, Symptomtagebuch, Eliminationsdiäten und kontrollierten Provokationen. Dies hält Vertriebsfirmen und Labors laut einer Mitteilung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) allerdings nicht davon ab, Serum-IgG-Tests anzubieten, mit denen angeblich Unverträglichkeiten auf bis zu 300 Lebensmittel bestimmt werden können. Die Testergebnisse werden gemeinsam mit Diätempfehlungen verkauft.

In einem aktuellen Positionspapier der EAACI wird die Diagnostik von Lebensmittelunverträglichkeiten mittels IgG-Antikörpertests als ungeeignet eingestuft und strikt abgelehnt. Das Vorhandensein von IgG4 -Antikörpern nach dem Verzehr von Lebensmitteln sei nach aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen nicht als Indikator für krank machende Vorgänge einzustufen. Es gebe keine gesicherten Hinweise in Form kontrollierter, aussagekräftiger Studien auf einen diagnostischen oder pathologischen Wert des Nachweises von IgG- oder IgG4 -Antikörpern gegen Lebensmittel, so das Positionspapier.

Darin wird weiter kritisiert, dass die durch die IgG-Bestimmung angeblich festgestellten Lebensmittelunverträglichkeiten als Verursacher einer Vielzahl von Krankheiten sowie von Übergewicht angesehen werden. Die durch die Unverträglichkeit verursachte erhöhte IgG-Ausschüttung soll z. B. über die Freisetzung des Botenstoffs Tumornekrosefaktor alpha (TNFα), der Insulinrezeptoren blockiert und damit die Insulinkonzentration erhöht, eine erfolgreiche Fettreduktion verhindern und Heißhunger verursachen. Abnehmen ist entsprechend der Aussagen der Anbieter demnach ganz einfach möglich: Anhand des Immuntests sollen die Lebensmittel bestimmt werden, die der Körper nicht "verträgt"; wird auf den Verzehr dieser Lebensmittel verzichtet, nimmt die Person ab. Dieser aus der Grundlagenforschung abgeleitete Zusammenhang trifft laut EAACI nicht zu. Es sei zwar bekannt, dass Entzündungsmediatoren aus dem Fettgewebe funktionell mit der Energiehomöostase verbunden sind und dass eine chronisch entzündliche Stoffwechsellage bei übergewichtigen Menschen besteht. Insofern stünden entzündliche Zytokine wie TNFα mit Übergewicht in Verbindung, sie stellten aber keine etwaigen Entzündungsreaktionen auf Lebensmittel dar. Dies bestätigt Prof. Dr. Margitta Worm vom Allergie-Centrum Charité: "Immunglobulin G hat nichts mit Übergewicht zu tun. Generell gibt es keinen wissenschaftlich belegten Zusammenhang zwischen Übergewicht und Lebensmittelunverträglichkeiten."

In der Leitlinie der deutschsprachigen Allergiegesellschaften wird die irreführende Interpretation der Ergebnisse von IgG-Antikörpertests, die anschließend als Begründung für ungerechtfertigte und häufig einseitige Diäten verwendet wird, verurteilt. Der Verzicht auf gewisse Lebensmittel(gruppen) kann zwar dazu führen, dass generell weniger gegessen, d. h. weniger Energie aufgenommen wird. Dies kann dann zu einem Gewichtsverlust führen. Betrifft die aufgrund der Unverträglichkeiten empfohlene Ernährung allerdings den Verzicht auf wichtige Lebensmittelgruppen wie Milchprodukte oder Gemüse, kann es langfristig zu einer Unterversorgung mit lebenswichtigen Nährstoffen kommen. ral

Quelle: DGEinfo 12/2009

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