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Feuilleton
Aus dem Leben des Botanikers Hieronymus Bock
Der Stiftsherr, Pfarrer und Mediziner Hieronymus Bock, der wohl berühmteste Hornbacher Einwohner, hatte den botanischen Erfahrungsschatz der Bevölkerung Südwestdeutschlands gesammelt und in seinem Kräuterbuch in deutscher und lateinischer Sprache publiziert. Er wird oft mit seinen Zeitgenossen Otto Brunfels (1488 – 1534) und Leonhart Fuchs (1501 – 1566) in einem Atemzug genannt und mit ihnen zu den "Vätern der Botanik" gezählt.
Bocks Herkunft – er nannte sich in damaliger Manier auch Tragus (griech. tragos = Ziegenbock) – ist nicht eindeutig geklärt. Er stammte entweder aus dem damals kurpfälzischen Heidelsheim bei Bretten (heute Baden-Württemberg) oder aus Heidelsbach bei Zweibrücken. 1519 schrieb er sich an der Universität Heidelberg für theologische und medizinische Studien ein, die er aber – vermutlich aus Geldmangel – nicht abschloss. Trotzdem erhielt er, noch nicht 25-jährig, 1522 die Rektorenstelle an der Stadtschule Zweibrücken und wurde bald Berater und Leibarzt von Ludwig II., Herzog von Pfalz-Zweibrücken (1502 – 1532), seinem Förderer und Gönner, dem er auch die Schlossgärten anlegte.
Frühe Anerkennung
Eigentlich hatten die Eltern Bock ihren begabten Sohn Hieronymus für das Klosterleben vorgesehen. Als dieser aber im April 1518 Martin Luther während der Heidelberger Disputation persönlich erlebte, begeisterte er sich für die neue Glaubensrichtung. Wie in manch anderen Klöstern war auch im Benediktinerkloster Hornbach die Reformationsidee auf fruchtbaren Boden gefallen. Auch der Hornbacher Abt Johann Kindhäuser war protestantisch gesonnen, und nach dem frühen Tod des Landesfürsten bot er dem "Kräutersammler" Bock 1533 eine Stiftsherrenstelle im zum Kloster gehörigen St. Fabianstift an. Bock lehrte nun an der Hornbacher Stiftsschule und predigte als Pfarrer ohne Weihen die "neue Lehre". Auch sonst gewährte man ihm offensichtlich Privilegien: Mit seiner großen Familie – er hatte zehn Kinder, von denen aber nur zwei das Erwachsenenalter erreichten – durfte er "extern" im "Kooperatorhäusl" (dem Ort der Ausstellung) wohnen, konnte sich intensiv seinen Pflanzenstudien widmen und botanische Exkursionen in Süddeutschland, im Elsass und in der Schweiz unternehmen. Alles unterwegs Notierte verglich er akribisch mit den antiken Schriften zur Medizin und Pharmakognosie.
Beziehungen zu Straßburg
1533 erhielt Bock Besuch von Otto Brunfels aus Straßburg, der damals bereits einen Namen als Mediziner und Botaniker hatte. Beeindruckt von dem Wissen und Fleiß seines pfälzischen Kollegen, ermunterte und unterstützte Brunfels ihn bei der Veröffentlichung seines umfangreichen Materials. 1539 erschien in Straßburg in erster, noch unbebilderter Auflage das New Kreütter Buch von underscheydt, würckung und namen der kreütter so in Teütschen landen wachsen. […] Beschriben durch Hieronymum Bock auß langwiriger vnnd gewisser erfarung.
Bereits 1546 folgte eine zweite Ausgabe, diesmal mit 477 Holzschnitten des jungen Straßburger Illustrators David Kandel (1520 – 1590) versehen. Um es auch außerhalb des deutschen Sprachraums zu verbreiten, wurde das Werk 1552 ins Lateinische übersetzt. Bis weit ins 17. Jahrhundert hinein erlebte es viele Neuauflagen und Nachdrucke.
Der große Erfolg des Werkes beruht auf den sorgsamen Beobachtungen und den für die Zeit singulär genauen Pflanzenbeschreibungen Bocks sowie seiner in den Text eingeflossenen langjährigen Erfahrung als Arzt. Reich soll Bock allerdings durch sein Kräuterbuch und weitere Bücher nicht geworden sein. Unter anderem veröffentlichte er 1550 ein Buch "Über die wohltuende Wirkung des Bades" und bereits 1540 die "Teutsche Speißkammer oder was gesunden und kranken Menschen zur Leibesnahrung gegeben werden soll".
Unter dem nächsten Abt wehte wieder ein katholischer Geist im Hornbacher Kloster. Prompt verlor Bock seine Pfarrstelle, kam aber am Hof des Grafen Philipp II. von Nassau-Saarbrücken unter. Schwer krank kehrt er 1551 nochmals als Pfarrer nach Hornbach zurück und starb dort 1554. Er wurde in der Stiftskirche St. Fabian beigesetzt, eine Gedenktafel erinnert heute an ihn.
Hörbilder ergänzen Bildtafeln und Modelle
Die feine kleine Dauerausstellung an historischer Stelle informiert mit ausgewählten Bildkopien und Objekt-Nachbildungen wie einem Bett des Herzogs oder einem Abendmahlskelch ausführlich über das Werk und die bewegte Biographie des Hieronymus Bock. Dabei erfährt man auch, wie sich die großen Zeitgeschehnisse Bauernkrieg und Glaubensstreit auf die lokalen Verhältnisse in Hornbach ausgewirkt haben. Insgesamt umfasst der vom Ausstellungsleiter Axel Mönch konzipierte Audioguide 15 Hörbilder.
Dem Kräuterbuch ist ein ganzer Raum gewidmet. Ausgesuchte Seiten in Großabzügen lassen Bocks bildreiche und handfeste Sprache erkennen. Man liest, wie die Mönche einst ihre Lust zügelten, wie unruhige Kinder zum Schlafen gebracht wurden oder wie Noah nach seinem Alkoholrausch seinen Sohn Ham bestrafte. Auch manche witzige Bemerkung hat Bock sich nicht verkniffen. So nannte er die Brennnessel "die reinste Pflanze", weil die gemeinen Leute niemals ihre Blätter nach der Verrichtung ihrer Notdurft beschmutzen.
"Die Meisterwurz kann einem alten Mann wieder auf den Gaul helfen."
"Die Rauke lähmt die ehelichen Gewerke." Bock liebte bildhafte Formulierungen |
Einigen wenig beachteten Kräutern, die er für heilkräftig hielt, schenkte Bock besondere Aufmerksamkeit. Mit solchen "Simplicia", die jedermann in Feld, Wald und Wiese oder sogar im eigenen Garten finden konnte, wollte er seinen ärmeren Zeitgenossen nützen: "Solche Arzenei habe ich den Armen wollen anzeigen, die da nicht viel Geld haben in die Apotheke zu schicken" (Auflage 1577, S. 161).
An einer Auswahl aktueller Arzneidrogen werden Bocks Darstellungen den heutigen, pharmakologisch und klinisch belegten Indikationen gegenübergestellt. Die Übereinstimmungen sind erstaunlich.
Eine raffinierte Fotomontage über das Fabianstift beschließt den Rundgang durch die sehenswerte kleine Gedenkstätte.
Dr. Renate Seitz, Emmering
Kloster Hornbach – einst und jetztHornbach, im Grenzgebiet von Pfalz, Saarland und Lothringen und am historischen Jakobsweg von Speyer nach Metz gelegen, war im Mittelalter ein bedeutender Ort gewesen. Der (vermutlich) irische Wandermönch Pirminius hatte 742 das Benediktinerkloster St. Petrus gegründet (zuvor gründete er u. a. Mittelzell auf der Reichenau und Kloster Murbach im Elsass) und war hier 753 gestorben. Schon bald wurde er als Heiliger verehrt, sodass Hornbach zu einem Ziel für viele Wallfahrer wurde. Schnell gewann das Kloster an Bedeutung in Oberlothringen (wozu die Westpfalz damals gehörte). Im Jahr 1087 schenkte Kaiser Heinrich IV. es dem Bischof von Speyer. Durch das von Kaiser Heinrich V. verliehene Münzrecht wurde das Kloster sehr reich und erlebte auch einen kulturellen Aufschwung. Das "Hornbacher Sakramentar" ist ein Meisterwerk der im Hornbacher Kloster blühenden mittelalterlichen Buchkunst. Im 12. Jahrhundert entstand eine riesige dreischiffige Pfeilerbasilika, deren fünf Türme schon von Weitem zu sehen waren. Der Bau stand dem Speyrer Dom kaum nach – und dieser galt in der Romanik nach dem (frühchristlichen) Petersdom in Rom als zweitgrößter Kirchenbau des Abendlandes. Die um das Kloster entstandene Siedlung erhielt 1352 Stadtrechte. Schon vor und erst recht während der Reformation erlebte das Kloster seinen Niedergang; 1557 wurde es vom Herzog von Pfalz-Zweibrücken aufgelöst und in eine ("hohe") Schule umgewidmet. Der Leichnam des heiligen Pirmin wurde 1577 über Speyer nach Innsbruck transferiert (dort als Stadtpatron verehrt). Die ehemalige Grabkapelle in Hornbach ist noch erhalten. Im 30-jährigen Krieg und in den Kriegen König Ludwigs XIV. hatten Stadt und Kloster Hornbach wie die ganze Pfalz schwer zu leiden und starke Verluste zu beklagen. Brände und Abriss ließen die ehemaligen Klosterbauten mehr und mehr verschwinden. Immerhin deuten auch heute noch einige Gebäude(reste) auf Hornbachs Blütezeit hin. Vor etwa zehn Jahren wurden die verbliebenen Klosteranlagen zu einem stilvollen Hotel mit Klosterschenke "umgenutzt". In den angrenzenden noch vorhandenen Pfeilerarkaden und dem in seiner Proportion nachempfundenen Seitenschiff der ehemaligen Basilika hat die Stadt Hornbach das multimediale Klostermuseum "Historama" eingerichtet, wo europäische und Hornbacher Geschichte sowie mittelalterliches Klosterleben höchst anschaulich dargestellt werden. Weiterhin wurde ein stimmungsvoller, vorbildlich gestalteter Klostergarten angelegt – natürlich auch hier mit Hinweisen auf den früheren Hornbacher Stiftsherrn Hieronymus Bock. |
AusstellungAusstellung Hieronymus Bock Burgstr. 9, 66500 Hornbach Besuch nach telefonischer Absprache mit Axel Mönch, Tel. (0 63 38) 99 49 71 |
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