Aus Kammern und Verbänden

Giftmörderinnen

Am 5. Oktober 2010 referierte die Kölner Pharmaziehistorikerin Dr. Erika Eikermann in den Räumen der Wittheit zu Bremen über das Thema "Frauen als Giftmörderinnen – toxikologische Expertinnen". Die Veranstaltung wurde von der Deutschen Gesellschaft für Geschichte der Pharmazie in Zusammenarbeit mit der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft organisiert.

In fesselnder und ansprechender Form spannte Eikermann den Bogen von der Giftmörderin Agrippina, der Mutter des Kaisers Nero, über spektakuläre Verbrechen im Laufe der Jahrhunderte bis in die heutige Zeit. Giftmorde gehören zu den nicht aussterbenden Übeln dieser Welt; Frauen haben dabei mit ihren raffiniert ausgeführten Vergiftungstaten illustre Kapitel der Toxikologie geschrieben. Je raffinierter das Giftverbrechen ausgeführt wurde, umso schwieriger gestaltete sich die Aufdeckung des Verbrechens angesichts der Vielzahl der verwendeten und infrage kommenden Substanzen. Diese änderten sich im Laufe der Zeit: Anfangs kamen narkotisch wirksame Giftpflanzen zum Einsatz; später trat das Arsenik als sogenanntes "Erbschaftspulver" seinen Siegeszug an. Die darblose, geschmack- und geruchlose Substanz konnte bequem, unauffällig und sicher angewendet werden. Arsenik avancierte zur beliebtesten Giftwaffe für mörderische Zwecke.

Gesche Gottfried

Ganz besonderen Bezug nahm die Referentin auf die Bremer Giftmörderin Gesche Gottfried (1785 – 1831). Fünfzehn Menschen, darunter ihre nächsten Angehörigen, vergiftete sie mit Arsen; einer nicht mehr genau feststellbaren Personenzahl, auf jeden Fall mehr als 30, streute sie wahllos Arsen in nicht tödlichen Mengen in verschiedene Speisen. Die Taten erstreckten sich über 15 Jahre hinweg, von 1813 bis 1828. An der gerichtschemischen Untersuchung waren der Apotheker Georg Christian Kindt (1793 – 1869) und der Arzt Dr. Luce beteiligt. Der Arzt und Naturforscher Gottfried Reinhold Treviranus (1776 – 1837) und der Stadtphysikus J. Heineken, beide Professoren am "Gymnasium illustre", erstellten das forensische Gutachten.


Zum Weiterlesen


Giftmorde – Meilensteine der forensischen Toxikologie

DAZ 2007, Nr. 39, S. 49

www.deutsche-apotheker-zeitung.de


Nach drei Jahren Untersuchungshaft verhängte das Gericht über Gesche Gottfried die Todesstrafe, welche am 21. April 1831 vollzogen wurde. Sie war die letzte Frau, die in Bremen öffentlich auf dem Marktplatz der Stadt, dem "Domshof", mit dem Schwert hingerichtet wurde. Die Bedeutung dieses Geschehens ist noch heute in der Stadt gegenwärtig; die Erinnerung an die Stelle der Hinrichtung hält ein sog. "Spuckstein", ein Pflasterstein mit einem eingemeißelten Kreuz, aufrecht.

Marshsche Probe

Nachdem der englische Chemiker James Marsh (1790/94 – 1846) den validen forensischen Nachweis von Arsen entwickelt hatte (1836), wurde die Aufklärung von Arsenvergiftungen leichter und ein Mord mithilfe von Arsen entsprechend riskanter. So avancierten neue Mittel wie Thallium, später E 605 und heutzutage Arzneimittel zu bevorzugten Giften. Auch dies demonstrierte Eikermann an einigen interessanten Mordfällen.


Dr. Gerald Schröder, Bremen

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