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Neues zu Anorganika in der Onkologie

Metallverbindungen spielen eine zentrale Rolle in der Krebstherapie. Derzeit werden vor allem Weiterentwicklungen von Platin- sowie Neuentwicklungen mit Ruthenium, Gallium und Lanthan in präklinischen und teilweise bereits in klinischen Studien untersucht. Über den Stand der Forschung berichtete Prof. Dr. Bernhard Keppler, Institut für Anorganische Chemie der Universität Wien.

Inhaltsverzeichnis: DPhG-Jahrestagung

Bernhard Keppler
Foto: DAZ/hb

Platin

Platinhaltige Komplexe werden seit Jahrzehnten erfolgreich in der Chemotherapie angewandt. So enthält etwa jedes zweite Therapieschema, das bei verschiedenen Tumorarten eingesetzt wird, Cisplatin oder Carboplatin. Die einzige Verbindung, die auch beim weit verbreiteten Kolonkarzinom wirkt, ist Oxaliplatin, was auf ein anderes Aktivitätsspektrum und einen komplett anderen Metabolismus zurückzuführen ist.

Eine starke Wirksamkeit der Metallverbindungen ist nicht unbedingt zielführend, wenn damit eine hohe Toxizität einhergeht. So verläuft die Therapie mit Oxaliplatin momentan nur suboptimal, weil sie viele Nebenwirkungen hat – vor allem neurologische Probleme wie Taubheit der Hände oder Verlust des Geschmackssinns – und weil Oxaliplatin die Tumorzellen nur ungenügend erreicht.

Gegenwärtige Forschungsstrategien zur Verbesserung dieser Situation bestehen zum einen in der Variation der Molekülstruktur durch "sperrigere" Substituenten. So konnte in Tierversuchen mit neuen Derivaten die Dosis erhöht werden, ohne dass Nebenwirkungen auftraten.

Als weitere vielversprechende Ansätze führte Keppler an:

  • Carrier-Komplexe, etwa mit Phosphonaten, zum genaueren Targeting,
  • pH-sensitive Komplexe, die sich die Tumor-Umgebung zunutze machen, sowie
  • Platin-Oxim-Komplexe mit aktiven trans -Isomeren.

Ruthenium

Ruthenium-Komplexe sind prinzipiell ebenfalls in der Lage, mit der DNA zu interagieren, allerdings unterscheidet sich deren Geometrie stark von Cisplatin. Eine besondere pharmakologische Option ergibt sich darüber hinaus aus der großen Ähnlichkeit hinsichtlich Koordinationschemie und Redox-Aktivität mit dem Eisenstoffwechsel. Diese erlaubt es, gezielter in die pathophysiologischen Eigenschaften des Tumors einzugreifen. Der Wirkmechanismus der Ruthenium-Komplexe beinhaltet die Akkumulation über das Transferrinsystem. Maligne Tumoren haben aufgrund ihres hohen Eisenbedarfs eine hohe Dichte an Transferrinrezeptoren. Die Rutheniumverbindung KP1019/KP1339 bindet innerhalb weniger Minuten nach der Applikation an Transferrin und andere Plasmaproteine. Aktiviert wird sie erst im reduktiven Milieu des Tumors, wo Ruthenium(III) zu Ruthenium(II) reduziert wird. Dieses induziert schon in geringer Konzentration die Apoptose.

KP1019/KP1339 wirkt sowohl am Primärtumor als auch an den Metastasen, während die Rutheniumverbindung NAMI-A lediglich bei den Metastasen einen inhibierenden Effekt zeigt. Beide Verbindungen haben die Phase I der klinischen Prüfung bestanden, daher werden derzeit Phase-II-Studien vorbereitet.

Gallium

Galliumverbindungen haben ebenfalls schon eine längere Geschichte in der onkologischen Forschung und wurden sowohl als Nitrat intravenös als auch als Chlorid oral appliziert. Eine neuere Entwicklung, der oral bioverfügbare Galliumkomplex KP46, erwies sich als besonders wirksam in der Primärzellkultur des malignen Melanoms. Außerdem erbrachte eine erste klinische Studie, die allerdings abgebrochen werden musste, Hinweise auf eine Aktivität beim Nierenzellkarzinom. Die lipophile Ligandensphäre der Verbindung hat nicht nur Auswirkungen auf ihre Verteilung im Körper, sondern möglicherweise auch auf den Wirkmechanismus, der von anderen Galliumverbindungen abzuweichen scheint.

Lanthan

Das antitumorale Potenzial der Lanthaniden wurde bis vor Kurzem kaum untersucht. Die Lanthanverbindung KP772 wurde jedoch in vivo als wirksam erkannt; Multidrug-resistente Zellen reagierten auf sie in vitro hochempfindlich.

Die klinische Prüfung der meisten Metallverbindungen in der Onkologie steht erst am Anfang. Die einzigen Wirkstoffe, die bislang weltweit zugelassen sind, sind Carboplatin, Cisplatin und Oxaliplatin. hb

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