Feuilleton

Tiere im Garten

Anlässlich des Jahres der Biodiversität zeigt das Naturkundemuseum Potsdam eine Sonderausstellung unter dem Motto "Tiere im Garten". Die Dioramen und Präparate sind bis zum 31. Dezember zu sehen.
Der Star war früher ein obligater Zugvogel, inzwischen überwintern viele Tiere in Deutschland. Hier ein Teilalbino.
Fotos: Wylegalla

Die Generalversammlung der UNO hat 2010 zum Internationalen Jahr der Biodiversität erklärt. Artenvielfalt ist eine Grundvoraussetzung für die Stabilität der weltweiten Ökosysteme. Sie beginnt auf dem eigenen Grundstück oder in den öffentlichen Grünanlagen. Nutzgärten, deren Ernteerträge in Zeiten des Mangels die Speisezettel bereicherten, wurden in den letzten Jahrzehnten zusehends zu Zier- und Erholungsgärten umstrukturiert. Auf ehemaligen Kartoffel- und Erdbeerbeeten wurde Rasen eingesät. Viele Obstbäume mussten Koniferen und exotischen Ziersträuchern weichen.

Damit verloren zahlreiche Tierarten, die früher in den Gärten gern gesehene Gäste waren, ihre Lebensräume. Zugleich konnten sich Schädlinge unkontrolliert vermehren. Die Ausstellung im Naturkundemuseum Potsdam will anregen, durch das Anlegen naturnaher Gärten mit artenreicher Flora wieder zusagende Lebensbedingungen für Tiere zu schaffen, ihnen ihre ökologischen Nischen zu geben. Neben der Auswahl heimischer Gehölze und Kräuter sind biologische Bodenbearbeitungsmethoden wie Mulchen und Einarbeiten von Kompost sowie der Verzicht auf Pestizide gute Voraussetzungen dafür, dass Tierarten, die in den letzten Jahrzehnten aus den Gärten verschwunden sind, zurückkehren.

Geeignete Maßnahmen für die Ansiedlung von Tieren im Garten


Säugetiere:

  • Igel sind nachtaktiv und bevorzugen unterwuchsreiche Reviere. Kompost-, aber auch Laub- oder Reisighaufen sind geeignet für die Aufzucht der Jungen und die Überwinterung. Im Herbst sollten junge Tiere einer Igelstation übergeben werden, wenn sie weniger als 400 Gramm wiegen.

  • Wiesel suchen gern Unterschlupf in Reisig- oder Steinhaufen.

  • Spitzmäuse fühlen sich in naturnahen Gartenbereichen wohl und bauen ihre Nester in Komposthaufen.

  • Fledermäuse halten ihren Tages- und Winterschlaf in jederzeit zugänglichen Gebäuden oder in Fledermauskästen.


Vögel:

  • Die Uferbereiche des Gartenweihers und flache Schalen dienen Vögeln als Trink- und Badeplätze.

  • Höhlenbrüter wie Stare und Meisen brauchen für die Brutpflege Baumhöhlen oder Nistkästen, Rotkehlchen und andere Halbhöhlenbrüter brauchen Mauernischen oder künstliche Halbhöhlen. Für Zaunkönige und andere frei brütende Vögel sind Mischhecken geeignet.

  • Eine Winterfütterung ist nicht unbedingt notwendig. Sie hilft aber einzelnen, insbesondere unterentwickelten Vögeln zu überleben. Das Futter sollte an trockenen und sauberen Plätzen, allerdings erst bei stürmisch-nasser Witterung oder Dauerfrost und geschlossener Schneedecke angeboten werden.


Insekten:

  • Die Ansiedlung nützlicher Insekten kann gefördert werden durch gezieltes Anpflanzen oder Schonen von wilden Futterpflanzen (z. B. Brennnesseln für die Larven des Tagpfauenauges) sowie das Aufstellen von "Insektenhotels".


Gäste aus dem hohen Norden Seidenschwänze kommen in sehr kalten Wintern nach Mitteleuropa. Sie ernähren sich von Beeren und nehmen auch gern Weichfutter an.

Insekten als Blütenbestäuber

Von der faunistischen Biodiversität im Garten profitieren auch Kulturpflanzen. Viele von ihnen sind auf die Bestäubung durch Insekten angewiesen. Farbenprächtige Falter und den Wespen ähnelnde, aber harmlose Schwebfliegen, Hummeln und viele andere Insekten beladen sich mit Pollen, während sie in der Blüte Nektar saugen, und transportieren ihn danach in andere Blüten. Hummeln beginnen schon bei Temperaturen um fünf Grad, Nektar zu sammeln. Deshalb sind sie im zeitigen Frühjahr die wichtigsten Bestäuber. Hornissen ernähren sich überwiegend von Blütenstaub. Für die Aufzucht ihrer Brut benötigen sie jedoch Eiweiß, das sie durch das Ausrauben von Wespennestern gewinnen.

Die populärsten Blütenbestäuber sind indessen die Honigbienen. Für die Gewinnung eines Liters Honig müssen die Arbeiterinnen zehn Millionen Blüten besuchen. Einige Wildbienenarten leisten mit dem Besuch von mehr als 8000 Blüten am Tag sogar die doppelte Menge wie ihre domestizierten Verwandten.


Der Gartenrotschwanz ist ein fleißiger ­Insektenvertilger – hier ein Männchen.

Schädlingsvertilger

Ameisen, die wie die Bienen zur Ordnung der Hautflügler zählen, sind wirksame biologische Schädlingsbekämpfer. Zudem vertilgen sie Aas, sammeln den von Blattläusen ausgeschiedenen Honigtau und legen in ihrem Bau Pilzkulturen an.

Auch die parasitär lebenden Larven von Schlupf-, Brack- und Erzwespen verhindern die unkontrollierte Verbreitung von schädlichen Insekten. Florfliegenlarven, aber auch Marienkäfer und einige Ohrwurmarten ernähren sich von Blattläusen. Viele Laufkäferarten und Spinnen können als spezialisierte Räuber die Ausbreitung von Schädlingen verhindern, wenn man sie im Garten nur zulässt. Bestimmte Raubmilben jagen ihre nahen Verwandten, die an Kulturpflanzen große Schäden anrichten können, und werden deshalb mittlerweile sogar im Erwerbsgartenbau zur biologischen Schädlingsbekämpfung eingesetzt. Auch bei den schädlingsvertilgenden Tieren ist eine kontinuierliche Selektion durch Fraßfeinde notwendig, damit sich möglichst gesunde und widerstandsfähige Bestände entwickeln. In einem intakten Ökosystem steht ihre Anzahl in einem angemessenen Verhältnis zum Pflanzen- und Tierbestand.


Mauersegler können weder stehen noch laufen und fliegen ihr ganzes Leben lang – mit Ausnahme der Kindheit und Brutzeit. Sie ziehen ihren Nachwuchs in alten Gebäuden oder speziellen Nistkästen groß.

Verzicht auf die chemische Keule

Besonders fleißige Insektenvertilger sind Vögel, von denen in Deutschland 253 brütende Spezies – darunter 105 Singvogelarten – bekannt sind. Einige von ihnen sind Kulturfolger und häufig in Gärten und Parks anzutreffen. So suchen Kohl- und Blaumeisen im Garten emsig nach Spannern, Blattläusen und Fliegen. Buch- und Grünfink ernähren sich sowohl von Insekten als auch von Blütenknospen und Sämereien. Rotkehlchen fressen neben Insekten auch Würmer und Schnecken (diese können ihnen zum Verhängnis werden, wenn sie vergiftet sind).

Um auch die Nützlinge zu schonen, sollten Gartenbesitzer auf die chemische Keule verzichten. Übrigens sind nicht alle Schnecken schädlich. Viele ernähren sich überwiegend von totem organischem Material. Die Weinbergschnecke sollte man schonen, denn sie frisst die Eigelege von Nacktschnecken. Diese sind zuweilen auch Leckerbissen für den Zaunkönig, der als kleinste heimische Vogelart durch seine Gewohnheiten in der Paarungszeit auffällt: Das Männchen baut im Unterwuchs oder auf dichtbewachsenem Boden mehrere kugelförmige Balznester, von denen sich das Weibchen eines für die Brutpflege aussucht.

Weniger beliebt sind die "intelligenten" Rabenvögel: Krähen, Elstern und Eichelhäher. Weil sie Nester ausrauben, fordern selbst einige Tierschützer die Reduzierung der Bestände. Andere argumentieren dagegen, dass die ebenfalls in großer Anzahl vorkommenden Grünfinken und Amseln ihre häufigsten Beutetiere sind. Trotz der Bedrohung durch die Rabenvögel wurde ihr Bestand bisher nicht dezimiert.

Auch Stare machen sich unbeliebt, wenn sie in Scharen über Obstbäume und -sträucher herfallen. Ihre Naschsucht lässt sich indessen mit Vogelscheuchen oder anderen Vergrämungsmethoden in erträglichen Grenzen halten.

Wo nisten Gartenvögel?


Freibrüter: Neuntöter, Zaunkönig und Heckenbraunelle in Hecken oder dichtem Gebüsch; Buch- und Grünfink in Astgabeln.

Halbhöhlenbrüter: Rotkehlchen und Rotschwänze in Nischen.

Höhlenbrüter: Trauerfliegenschnäpper, Star, Kohl- und Blaumeise in Baumhöhlen. Als Ersatz dienen Nistkästen.


Hermelin oder Großes Wiesel mit Winterfell Hermelinmäntel waren einst ein begehrtes Statussymbol. Wegen der Ausräumung der Kulturlandschaft sind die nützlichen Raubtiere selten geworden.

Wiesel, Igel, Fledermaus: nützliche Säuger

Neben Vögeln spielen auch einige Säugetierarten im Garten eine ökologisch wichtige Rolle. Wiesel, die zur Familie der Marder gehören, sind durch die Ausräumung der Kulturlandschaft leider nur noch relativ selten anzutreffen. Das Große Wiesel oder Hermelin trägt im Sommer ein braunes, im Winter ein schneeweißes Fell, jeweils mit schwarzer Schwanzspitze. Das Winterkleid war einst ein Statussymbol von Herrschern und reichen Patriziern.

Das Mauswiesel ist kleiner als sein Vetter und mit einem kurzen braunen Schwanz ausgestattet. Beide Spezies jagen Mäuse. Das Mauswiesel dringt sogar in Mäusegänge ein. Auf diese Weise kann es eine massenhafte Vermehrung von Wühl- und Feldmäusen, die zum Leid der Gartenbesitzer unterirdische Pflanzenteile fressen, verhindern.

Rötelmaus Ihr Lebensraum sind Laubwälder, aber auch waldnahe Hecken und Gebüsche. Neben vegetarischer Kost stehen Insekten, Würmer und Schnecken auf dem Speisezettel der geschützten Tiere.

Die Spitzmaus gehört trotz ihres Namens nicht zu den Nagetieren. Sie zählt zur Ordnung der Insektenfresser (Eulipotyphla, Insectivora) und sucht das ganze Jahr über mit ihrem Rüssel dicht bewachsene oder laubbedeckte Flächen nach Insekten und anderen Kleintieren ab. Auch Igel und Maulwurf sind Insektenfresser und machen ihrem Namen Ehre, jagen aber auch Würmer und Schnecken. Aus diesem Grund sollten Gartenbesitzer tolerieren, dass Maulwürfe bei der unterirdischen Jagd zuweilen kleine Erdhügel aufwerfen und dass Igel im Herbst am Fallobst naschen.

Fledermäuse fliegen in der Dämmerung und nachts, wobei sie solche Insekten erbeuten, die ebenfalls nachtaktiv sind und von tagaktiven Tieren übersehen werden.

Der Garten als "kleines Biodiversitätszentrum"

Eine Gartenzier und ein interessantes Ökosystem zugleich ist ein Weiher an einem sonnigen Standort. Insbesondere in größeren und tiefen Gewässern können sich dauerhaft Lurche, Libellen und viele andere nützliche Tierarten ansiedeln. Wenn der Gartenbesitzer darin Zierfische hält, vermindert er allerdings die natürliche Artenvielfalt.

Mittlerweile bestätigen wissenschaftliche Untersuchungen, dass naturnahe Gärten durchaus als "kleine Biodiversitätszentren" anzusehen sind. In ihnen wurden immerhin rund 2500 Tierarten nachgewiesen, darunter 650 Schmetterlingsspezies und hundert Vogelarten. Die etwa tausend in Gärten gedeihenden heimischen Wildpflanzenarten dienen vielen Tieren – und zwar nicht nur den Schädlingen – als Nahrungsgrundlage.

Die rund 17 Millionen Gärten mit einer durchschnittlichen Fläche von 400 m2 entsprechen etwa dem Gesamtareal aller Naturschutzgebiete in der Bundesrepublik.


Reinhard Wylegalla

Museum


Naturkundemuseum Potsdam

Breite Straße 13, 14467 Potsdam

Tel. (03 31) 2 89 67 07, Fax 2 89 67 08

www.naturkundemuseum-potsdam.de

Geöffnet: Dienstag bis Sonntag und am 6.12.: 9 – 17 Uhr

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