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Arzneimittel und Therapie
Kommt die Diätpille aus Bupropion und Naltrexon?
Nach der Rücknahme von Sibutramin (Reductil®) und Rimonabant (Acomplia®) ist Orlistat derzeit das einzige Arzneimittel zur Behandlung von Adipositas auf dem Markt. Doch der Markt für Appetitzügler ist ein lukratives Geschäft für die Hersteller und Vertreiber. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährungsmedizin und Diätetik schätzt, dass allein in Deutschland jährlich 170 Millionen Euro für Schlankheitsmittel ausgegeben werden. Sehr schwer einzuschätzen ist der Markt der über das Internet bezogenen Mittel. Häufig ist die Appetit mindernde Wirkung nur ein "Nebeneffekt", die Wirkstoffe wurden vielfach für eine ganz andere Indikation entwickelt. Die Nebenwirkungen sind beträchtlich, der Nutzen gering.
FDA-Gutachter empfehlen Zulassung von Contrave®
Contrave® ist ein neuer Appetitzügler, der die Kombination aus dem Antidepressivum Bupropion und dem Opioid-Antagonisten Naltrexon enthält. Zurzeit befindet er sich noch in der Phase klinischer Studien.
Trotz erheblicher Bedenken haben sich die externen Gutachter der US-Arzneibehörde FDA mit 13 gegen sieben Stimmen für die Zulassung von Contrave® ausgesprochen. Wobei der Nutzen gering zu sein scheint: In den klinischen Studien erreichten nur 35% der Studienteilnehmer eine Gewichtsabnahme um 5% und damit das von der FDA vorgegebene Minimum. Insgesamt betrug die Gewichtsreduktion nach 56 Wochen jedoch nur 4,2%.
Neue Appetitzügler: FDA äußert Bedenken
Ein weiterer Appetitzügler, der sich in der Entwicklung befindet und den die US-amerikanische Arzneimittelzulassungsbehörde FDA zu bewerten hat, ist Lorcaserin. Auch eine Medikation mit diesem selektiven Serotonin-Antagonisten führte nur zu einer Reduktion des Körpergewichts um weniger als 5%. Die Risiken, zu denen neben einem potenziellen Krebsrisiko auch die Gefahr von Herzklappenfehlern gehört, führten schließlich zu einer Ablehnung der Zulassung. Eine weitere Wirkstoffkombination aus dem Psychostimulans Phentermin und dem Antiepileptikum Topiramat (Qnexa®) konnte in Studien zwar das Körpergewicht um immerhin 10% reduzieren, die Nebenwirkungen waren aber zu gravierend und zeigten zahlreiche potenzielle Risiken auf. Auch zur Kombination aus Bupropion und Naltrexon (Contrave®) gibt es zahlreiche Sicherheitsbedenken. Die Entscheidung über eine Zulassung soll Ende Januar fallen. Sollte diese positiv ausfallen, müsste die kardiovaskuläre Unbedenklichkeit in weiteren Studien, die jetzt auch von den Gutachtern mehrheitlich gefordert wurden, sicherlich nachträglich nachgewiesen werden. Diese Vorgehensweise erinnert nur allzu sehr an Sibutramin, das als Meridia® (und als Reductil® in Deutschland) zugelassen wurde und anschließend wegen eines in einer späteren Studie nachgewiesenen erhöhten kardiovaskulären Risikos vom Markt genommen werden musste.
QuelleOrexigen® Therapeutics‘ Investigational Drug Contrave® Receives Positive Recommendation from FDA Advisory Committee. Pressemitteilung von Orexigen® und Takeda Pharmaceutical Company vom 7. Dezember 2010.Pallenbach, E.: Die stille Sucht. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart (2009).
Dr. Hans-Peter Hanssen
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