Gesundheitspolitik

Bundesverwaltungsgericht: Notdienstpflicht trifft auch Filialapotheken

Erfolg für Kammer: Sowohl Haupt- wie auch Filialapotheken müssen Notdienst leisten

Leipzig (ks). Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, dass Apotheker mit mehreren Apotheken nicht verlangen können, den turnusmäßigen Notdienst immer nur mit einer ihrer Apotheken wahrzunehmen. Die Landesapothekerkammer Thüringen (LAKT) setzte sich damit in zwei Verfahren gegen Apotheker aus Gera und Jena durch. (Urteile des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. Mai 2011, Az. BVerwG 3 C 21.10 und 22.10)

Zu entscheiden hatten die Leipziger Richter in zwei ähnlich gelagerten Fällen. Geklagt hatten eine Apothekerin aus Jena und ein Apotheker aus Jena, die beide jeweils eine Hauptapotheke sowie eine bzw. drei Filialapotheken betreiben. Grundsätzlich nehmen die Apotheken reihum an dem außerhalb der üblichen Öffnungszeiten eingerichteten Notdienst teil. Die beiden Kläger wollten die auf ihre Apotheken entfallenden Notdienste jedoch ausschließlich mit einer ihrer Filialapotheken wahrnehmen. Die LAKT wies diese Anliegen mit der Begründung ab, dass dies die Entwicklung von Schwerpunktapotheken begünstigen würde. Eine ausnahmsweise Freistellung vom Notdienst sei nach der Apothekenbetriebsordnung für solche Fälle nicht vorgesehen. Die dagegen gerichtete Klage hat in zweiter Instanz vor dem Thüringer Oberverwaltungsgericht teilweise Erfolg gehabt. Das Gericht hat die beklagte Landesapothekerkammer wegen angenommener Ermessensfehler zu einer erneuten Bescheidung der Anträge verpflichtet.

Das Bundesverwaltungsgericht hat nun die Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts geändert und die Klagen abgewiesen. Die schriftlichen Entscheidungsgründe liegen noch nicht vor. In einer Mitteilung des Gerichtes heißt es, die beklagte Apothekerkammer habe eine Verlagerung des Notdienstes nach § 23 Abs. 2 der Apothekenbetriebsordnung zu Recht abgelehnt. Danach kann die Behörde für die Dauer der ortsüblichen Schließzeiten – also auch für die Zeiten, in denen die Kläger eine Verlagerung der Notdienste erreichen wollen – von der Verpflichtung zur Dienstbereitschaft befreien, wenn die Arzneimittelversorgung der Bevölkerung gesichert bleibt. Da diese Voraussetzung in beiden Fällen erfüllt war, musste die Beklagte eine Ermessensentscheidung treffen ("kann").

Fehlerfreie Ermessensentscheidung der Kammer

An diesem von der Kammer ausgeübten Ermessen hatten die Richter nichts auszusetzen: Die Beklagte habe sich von sachgerechten Erwägungen leiten lassen. Die Einbeziehung aller Apotheken einer Gemeinde in einen wechselseitigen Notdienst diene der gleichmäßigen Belastung der Apotheken und ihres Personals sowie der Verteilung der Notdienstapotheken auf das Gemeindegebiet. Zudem entspreche es dem Leitbild der Apothekenbetriebsordnung, wonach jede Apotheke verpflichtet ist, die für den Notdienst erforderlichen Arzneimittel und Einrichtungen bereitzuhalten. Es sei deshalb nicht sachwidrig, wenn die Beklagte nur kurzfristige Ausnahmen aus besonderen Gründen zulässt, etwa bei Umbauarbeiten in einer Apotheke, aber Dauerbefreiungen durch eine Verlagerung des Notdienstes zwischen Haupt- und Filialapotheken ablehnt. Eine solche Ermessenspraxis sei auch im Lichte der Berufsausübungsfreiheit aus Art. 12 des Grundgesetzes nicht zu beanstanden.

Die Präsidentin der Bundesapothekerkammer, Erika Fink, begrüßte die Entscheidung aus Leipzig: "Hier wird erneut deutlich, dass die Rolle der Apotheke geprägt ist von einem Höchstmaß an Qualität und Versorgungssicherheit und eben nicht von Beliebigkeit. Patienten müssen sich darauf verlassen können, dass sie gerade im Nacht- und Notdienst schnell, optimal und auf bestem Niveau versorgt werden können."

LAKT froh über Bestätigung ihrer Verwaltungspraxis

Bei der beklagten Landesapothekerkammer freut man sich ebenfalls über die erste mündliche Begründung des Urteils – vor allem daran, dass die Leipziger Richter die Vollapotheke als das Leitbild der Apothekenbetriebsordnung sehen. "Wir sind froh, dass unsere Position bestätigt wurde und sehen hierin auch ein Signal für die Novellierung der Apothekenbetriebsordnung", sagte LAKT-Sprecher Danny Neidel zur AZ. Aus den Mitte April vorgelegten Eckpunkten für die Überarbeitung der Apothekenbetriebsordnung geht hervor, dass das Bundesgesundheitsministerium meint, in Filialverbünden könne der Notdienst einer der Apotheken von einer der anderen Apotheken (Hauptapotheke, Filialapotheke) im Grundsatz übernommen werden. Dies hatte der Beauftragte der Bundesregierung im Leipziger Prozess ebenfalls vorgetragen. Doch das bestätigte die Richter offensichtlich nur darin, dass die jetzige Regelung nicht in diese Richtung auszulegen sei.

Nun darf man also gespannt sein, ob die Entscheidung aus Leipzig Einfluss auf die Verhandlungen zur Apothekenbetriebsordnung haben wird. Die LAKT sieht guten Grund, gestärkt in die weiteren Diskussionen zu gehen. Indessen ist weiterhin Geduld angesagt, was den Referentenentwurf für die Novelle betrifft. Nach Informationen der AZ ist es nach den Personalveränderungen im Bundesgesundheitsministerium kaum wahrscheinlich, dass dieser schon im Juni vorliegen wird.



AZ 2011, Nr. 22, S. 1

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