Gesundheitspolitik

Neue Sicherheitslücken bei der eGK

Ärzteschaft uneins über die Zukunft der elektronischen Gesundheitskarte

Berlin (lk/ks). Bei der geplanten elektronischen Gesundheitskarte (eGK) gibt es offenbar eine neue Sicherheitslücke. Computer-Hacker könnten im schlimmsten Fall sensible Patientendaten ausspähen, meldete letzte Woche der "Münchner Merkur" unter Berufung auf einen ihm vorliegenden internen Bericht der Betreibergesellschaft Gematik. Ärzteverbände bestätigten dies.

Bei Routineuntersuchungen sei festgestellt worden, dass es über Ärzte-Terminals für Hacker theoretisch möglich ist, von außen an die PIN des Arztes zu gelangen. Allerdings müssten sie zudem in den Besitz des Heilberufeausweises des Arztes gelangen, damit tatsächlich Geschäfte in dessen Namen getätigt werden könnten. Bislang sei die Schwachstelle folgenlos geblieben, erklärten die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV), die Bundesärztekammer (BÄK) und die Bundeszahnärztekammer (BZÄK). Auch seien Patientendaten nicht betroffen. Dennoch fordern die Ärzteorganisationen von den Herstellern der Kartenterminals, diese Schwachstelle umgehend zu beheben. Den Ärzten, Zahnärzten und Psychotherapeuten dürfen dadurch keine Zusatzkosten entstehen. Sollte sich abzeichnen, dass eine der beiden Bedingungen nicht erfüllt werden kann, müsse man einen Stopp des Basis-Rollouts der Terminals prüfen. Die Verbände gehen davon aus, dass die Schwachstelle mit einem Sicherheitsupdate ohne großen Aufwand zu schließen ist. Sie sehen sich nun in ihrer Einschätzung bestätigt, dass dem Datenschutz bei der eGK immer die höchste Priorität einzuräumen ist. "Die Richtigkeit des Leitsatzes ‚Qualität vor Schnelligkeit’ zeigt sich einmal mehr", so die Ärzteorganisationen.

Doch nicht alle sind so zuversichtlich – insbesondere nicht die Vertreter des Aktionsbündnisses "Stoppt die eCard": In einem offenen Brief an die BÄK kritisieren Ärztevertreter aus dem ganzen Bundesgebiet, dass ihre Standesorganisation trotz vieler gegenteiliger Abstimmungsergebnisse des Ärzteparlaments weiter die Einführung der eGK unterstütze. Die eGK werde als angebliche Lösung für alle Probleme im Gesundheitswesen angeboten und verschlinge bis zu 14 Milliarden Euro für eine völlig veraltete Technik: "Seit sechs Jahren werden hier Milliarden investiert, ohne dass ein einziger Erfolg zu verzeichnen ist." Weiter heißt es in dem Brief: "Dieses Projekt setzt nicht an den brennenden Punkten der medizinischen Versorgung an, als da sind: Industrialisierung der Medizin, Verschlechterung der Weiterbildung junger Ärzte, Auswanderung der jungen Generation wegen der schlechten Arbeitsbedingungen nach der Ausbildung."

Auch die Ärzte in sozialer Verantwortung (IPPNW) schrieben letzte Woche einen offenen Brief – sie fordern Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) auf, das Projekt E-Card zu stoppen: "Die Übertragung persönlicher Krankheitsdaten in bundesweite Internetnetze missachtet die Schweigepflicht der Ärzte, hebt die informationelle Selbstbestimmung der Versicherten auf und konterkariert die vom Gesetzgeber bestimmten Ziele," schreibt der IPPNW-Vorsitzende Matthias Jochheim.

Die Gesundheitskarte soll ab Herbst schrittweise an alle gesetzlich Versicherten ausgegeben werden. Ursprünglich sollte die neue Chipkarte bereits 2006 die bisherige Versichertenkarte ablösen.



AZ 2011, Nr. 22, S. 8

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