Management

Aktiv verkaufen zahlt sich aus

Wie man auf den Kunden eingeht, gut berät und verkauft

Nicht wenigen Apotheken entgehen Tag für Tag Umsätze, weil sich die Mitarbeiter scheuen, Kunden Zusatzprodukte zu empfehlen und sie auf Angebote aufmerksam zu machen. Das lässt sich ändern.
Zusatzverkauf heißt nicht nur Zusatzverdienst Betrachtet man den Kunden als jemanden, den man kennt und sehr mag, will man nur das Beste für ihn. Die Motivation ist dann nicht der wirtschaftliche Faktor, sondern der menschliche.
Foto: AZ/ekr

"Ich will dem Kunden doch nichts aufschwatzen …" – wenn es um das aktive Verkaufen oder sogar um das Anbieten von Zusatz- und Ergänzungsprodukten geht, hat so manch ein Apothekenmitarbeiter Hemmungen. Zwar wird dem Kunden, der seine Beschwerden schildert und nach einem freiverkäuflichen Medikament fragt, gerne ein entsprechendes Mittel empfohlen. Geht es jedoch darum, ihm auch noch weitere Produkte anzubieten und zu verkaufen, hegen viele Mitarbeiter – und nicht selten auch der Apothekenleiter selbst – erhebliche Vorbehalte. Dabei steckt gerade im Cross-Selling und in Ergänzungsverkäufen ein hohes Umsatzpotenzial.

Dem Kunden etwas Gutes tun

Um Mitarbeitern die Scheu zu nehmen, empfiehlt es sich, das aktive Anbieten von Zusatzprodukten als Chance zu sehen, dem Kunden etwas Gutes zu tun. Denn schließlich wissen viele Kunden ganz einfach nicht darüber Bescheid, welche Produkte es noch gibt und inwieweit sie ihnen nützlich sein können. Oft verwenden sie jahrelang das Gleiche oder haben sich schon mit Problemen abgefunden, für die es eine Lösung gäbe. Oder sie sind der Meinung, dass freiverkäufliche Präparate und Produkte aus dem Ergänzungssortiment grundsätzlich in einer Apotheke besonders teuer sind.

Am einfachsten lässt sich diese neue Sichtweise im Apothekenteam verinnerlichen, wenn man sich vorstellt, es wäre ein guter Freund, ein Familienmitglied oder eine nette Arbeitskollegin, der man gerne etwas Gutes empfehlen möchte. Denn schließlich sollen die Mitarbeiter auch gar nicht beliebige Zusatzprodukte anbieten, nur um den Umsatz zu erhöhen. Vielmehr geht es darum, dem Kunden sinnvolle Angebote zu machen und auf seine Bedürfnisse einzugehen.

Auf den Kunden eingehen

Was es heißt, auf die Bedürfnisse des Kunden einzugehen, lässt sich anhand folgender Beispiele verdeutlichen: Ein Kunde ist besonders preisbewusst und fragt nach den günstigsten Magnesium-Präparaten. In diesem Fall bietet es sich an, ihn zunächst darauf aufmerksam zu machen, dass es immer auch auf die Dosierung ankommt, und dass sich bei hochdosierten Präparaten der Preis oft wieder relativiert. Anschließend kann der Kunde auch noch auf weitere Aktionsangebote aufmerksam gemacht werden, die er vielleicht gerne auf Vorrat kauft.

Oder eine Kundin steht im Freiwahlbereich vor dem Regal mit Sonnenschutz-Produkten: Hier kann die PTA sie guten Gewissens fragen, inwieweit sie auch noch Bedarf an einer Zusatzpflege hat, wie zum Beispiel Lippenstift mit Lichtschutzfaktor, After-Sun-Lotion oder alternative Produkte mit höherem Lichtschutzfaktor.

Dabei können die Mitarbeiter ihre Fachkompetenz unter Beweis stellen und dem Kunden erläutern, warum sie ihm gerade dieses Produkt empfehlen.

Zuhören und nachfragen

Die wichtigste Regel dabei lautet immer: Gut zuhören und gezielt nachfragen. So geben viele Kunden schon von sich aus Hinweise darauf, wo sie noch Bedarf haben. Beispiel: Ein Kunde bringt sein Rezept für die Malaria-Prophylaxe und erzählt, dass er demnächst Urlaub in Kenia macht. Was liegt hier näher, als mit ihm kurz zu klären, ob seine Reiseapotheke schon komplett ist? Dabei kann der Mitarbeiter wieder seine Kompetenz und auch sein Verantwortungsbewusstsein zeigen. Dies gilt auch für Fragen und Tipps, die über den Verkauf apothekenpflichtiger Produkte hinausgehen: Beispielsweise, ob der Kunde schon alle wichtigen Impfungen erhalten hat.

Ein anderes Beispiel: Eine sichtlich nervlich angespannte Kundin kommt in die Apotheke, um für ihren schwer kranken und geistig verwirrten Vater ein Rezept einzulösen. Im Gespräch stellt sich heraus, dass sie nachts kaum noch schlafen kann und in ständiger Sorge lebt. Dass ihr die freundliche Apothekerin aufmerksam zuhört und sich die Zeit für sie nimmt, tut der Kundin sichtlich gut. Nun rät ihr die Apothekerin, doch auch mal an sich selbst zu denken. Zur Stärkung der Nerven empfiehlt sie ihr ein pflanzliches Präparat. Außerdem fragt sie die Kundin, ob sie es schon mal mit einem Entspannungs- oder einem abendlichen Fußbad probiert hat.

Wieder ein anderer Kunde fragt nach einer Mundspüllösung und erzählt, dass er in letzter Zeit immer so starkes Zahnfleischbluten hat. Die PTA erkundigt sich, ob er deswegen schon beim Zahnarzt war, ob er regelmäßig eine professionelle Zahnreinigung durchführen lässt und einmal täglich die Zahnzwischenräume mit Zahnseide reinigt. Neben der Zahnseide verkauft sie ihm auch noch eine Zahncreme speziell für empfindliches Zahnfleisch und eine Interdentalbürste.

Für jeden etwas

Nahezu für jeden Kunden lassen sich geeignete Zusatz- und Ergänzungsprodukte finden. Oft sind die Mitarbeiter jedoch darauf programmiert, ihm nur das Gewünschte auszuhändigen. Oder es fehlt ihnen schlicht an der richtigen Frage- und Gesprächstechnik, um Zusatzverkäufe anzukurbeln.

Beispiel: Der Kunde verlangt ein bestimmtes Produkt oder löst ein Rezept ein. Entweder schließt der Mitarbeiter schon anhand seines Verhaltens darauf, dass er es eilig hat (Der Kunde öffnet bereits den Geldbeutel), oder er weiß nicht, welche Fragen er stellen soll. "Brauchen Sie sonst noch etwas?" oder "Das war alles?" sind dann die Standardfragen. Doch warum nicht einfach mal aktiv etwas anbieten oder den Kunden auf Aktionen aufmerksam machen?

Beispiele:

  • Die Kundin hat sich aus dem Kosmetiksortiment eine Gesichtspflege genommen und erfährt nun, dass es ganz neu aus dieser Serie auch eine Augencreme gibt.

  • Die Kundin sucht sich ein preisreduziertes Aktionsprodukt aus. Die PTA fragt freundlich nach, inwieweit sie denn auch die übrigen Vorteilsangebote nutzen möchte.

  • Der Kunde legt sein Rezept zum Einlösen vor. Nachdem sie das entsprechende Medikament geholt hat, macht ihn der Apotheker noch auf das wöchentliche Angebot im Ergänzungssortiment aufmerksam: "Wenn Sie davon noch etwas benötigen – diese Artikel sind in dieser Woche um zehn Prozent reduziert …"

  • Eine Mutter kommt mit ihrem Baby in die Apotheke und erzählt, dass es aufgrund seiner Blähungen ständig schreit und dass dies an ihren Nerven zerre. Auch nachts sei es schwer, wieder einzuschlafen. Neben den verordneten Tropfen gegen die Koliken verkauft die Mitarbeiterin noch einen Beruhigungstee sowie ein Lavendelbadeöl.

Aktiv zuhören

Sicherlich ist nicht jeder Kunde so offenherzig, dass er dem Apotheker oder einem Mitarbeiter gleich sein Leid klagt. Manche wirken verschlossen und unzugänglich. Dennoch ist es wichtig, gerade bei ihnen Einfühlungsvermögen zu zeigen. Denn nicht selten sind gerade diese Kunden, wenn erst einmal ihr Vertrauen geweckt ist, besonders froh, wenn sich jemand ihren Problemen annimmt.

Wichtig ist, dass dabei eben nicht der Eindruck entsteht, dem Kunden solle unbedingt etwas verkauft werden. Sondern dass der Kunde merkt, dass der Mitarbeiter kompetent und verantwortungsbewusst handelt.

Cross Selling forcieren

Nicht zuletzt lassen sich Zusatzverkäufe auch mit der Warenplatzierung forcieren. Zwar werden freiverkäufliche Medikamente, die häufig nachgefragt werden, gerne im Sichtwahlbereich platziert, weil sie so auch schnell griffbereit sind. Dennoch empfiehlt es sich, gerade dort im Wechsel verschiedene Ergänzungsprodukte aufzustellen, die der Kunde nur so spontan sieht und auf die er dann aufmerksam wird.

Apotheken, die die Möglichkeit dazu haben, können außerdem gezielt im Kassenbereich Cross-Selling-Produkte platzieren. Neben den üblichen Traubenzucker-Rollen, Hustenbonbons und Lippenbalsam können dort auch mal Testprodukte (vor allem Kosmetik) platziert werden, die eigentlich woanders zu finden sind.

Wichtig ist, dass die Mitarbeiter interessierte Kunden daraufhin ansprechen: "Probieren Sie es doch mal aus …" und nun das Originalprodukt holen, wenn die Kundin positiv reagiert. Mit solchen Maßnahmen können relativ leicht Zusatzverkäufe erzielt werden. Erfolgsentscheidend ist, diese nicht nur als Einmal-Aktion zu starten, sondern fortlaufend in die Strategie mit einzubeziehen.


Regina Mittenhuber, Kevelaer



AZ 2011, Nr. 24, S. 6

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