Gesundheitspolitik

Ist Category Management ein Muss für Apotheken?

Andreas Kaapke

Category Management ist ein Ansatz zur besseren Steuerung von Sortimenten. Sortimente sollen stringent nach Kategorien gestaltet werden und die Kategorien gemäß ihrer Bedeutung für das Unternehmen hinsichtlich der Sortimentsbreite, -tiefe und -lage gebildet werden. Insbesondere Lebensmittler arbeiten gerne mit Category-Management-Ansätzen. Zunehmend findet sich dieser Ansatz aber auch in Baumärkten, Drogerien oder Buchhandlungen.

In der klassischen Einteilung unterscheidet Category Management vier Arten von Kategorien, die aufeinander abzustimmen sind. Zum einen die sog. Pflichtkategorien, die, wie der Name sagt, in der Regel jeder Anbieter in der Branche anbieten muss und mit denen sich der Anbieter im Markt einer gewissen Branche zugehörig positioniert. Wer diese Sortimentsteile nicht hat, verliert an Glaubwürdigkeit, wer sie anbietet, zählt damit aber nicht automatisch zu den Gewinnern. Molkereiprodukte sind ein absolutes Muss bei jedem Lebensmittelhändler, während Obst und Gemüse nicht in absoluter Breite bei jedem anzutreffen sind. Daneben spielen sogenannte Profilierungskategorien eine wichtige Rolle, da diese den besonderen Nutzen der Verkaufsstelle gegenüber den Kunden dokumentieren sollen. Hier versucht das Unternehmen sich besonders hervorzutun, besonders gut zu sein und gegenüber Mitbewerbern einen strategischen Vorteil nachzuweisen. Saisonkategorien werden nicht ganzjährig angeboten, sondern haben bestimmte Hoch- und bestimmte Niedrigphasen. Je nachdem, um was es sich handelt, kann es sein, dass bestimmte Sortimentsteile (Kategorien) nicht immer, sondern nur zu bestimmten Zeiten angeboten werden. Der Textilhandel ist klassisches Beispiel für stark saisonal geprägte Sortimente, aber auch im Bereich Obst und Gemüse trifft man Saisonkategorien sehr häufig an. Andere Beispiele finden sich im Buchhandel (Weihnachtsbücher) oder im CD-Handel (Weihnachtsmusik), die selten ganzjährig angeboten werden, warum auch. Schließlich gibt es noch sogenannte Ergänzungskategorien. Diese runden das Sortiment ab, gegebenenfalls eröffnen sie Möglichkeiten in angrenzende Branchen, z. B. Papeterie im Buchhandel, Schuhe im Textilhandel, Fach-Bücher/Reiseführer im Handel mit Sportartikeln usw.

Apotheken haben bedingt durch den Kontrahierungszwang quasi per se schon einen großen Anteil eines vordefinierten Sortiments, also sogenannte Pflichtkategorien. Rabattverträge haben darüber hinaus in den Pflichtkategorien noch zu einer klaren Hinwendung zu ausgewählten Marken/Herstellern geführt, so dass die Pflichtkategorien in Apotheken ungewöhnlich stark vordefiniert sind. Während sich andere Händler praktisch auch innerhalb von Pflichtkategorien profilieren können, da sie über die Auswahl von Marken der Pflichtkategorie ihren persönlichen Stempel aufdrücken, ist dies bei Apotheken ausgesprochen schwer. Von daher spielt Category Management im Rx-Bereich keine oder eine sehr untergeordnete Rolle oder, anders gesagt, wurde Category Management schon immer gemacht, quasi per Gesetz. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob das Restsortiment einer Apotheke ein Category Management im dargestellten Sinne rechtfertigt.

Die Grundidee des Category Management ist sicher sehr gut auf Apotheken übertragbar, da außerhalb der Rx-Produkte der Freiheitsgrad bei Apotheken überraschend groß ist. Zwar meint man in Apotheken auch in der Freiwahl quasi dasselbe Sortiment anzutreffen, dies ist aber nicht zwingend der Fall. Ein Besuch in zehn Apotheken zeigt aufsummiert, was eigentlich alternative Sortimentsbestandteile sein könnten. Gerade die Idee der Profilierung könnte den Apotheken den Weg ebnen, bestimmte Sortimentsbereiche/Indikationsbereiche besonders kompetent zu bespielen und dann dienen die Anregungen des Category Managements in der Tat dafür, sich eine besondere Kompetenz anzueignen. Schließlich lädt die Idee der Ergänzungskategorien gerade dazu ein, auch etwas Ungewöhnliches zu wagen und Warengruppen im Sortiment mit aufzunehmen, die zumindest als überraschend angesehen werden dürften.

Saisonkategorien könnten gezielt auf besondere Anlässe ausgerichtete Geschenksortimente (Valentinstag, Ostern, Muttertag, Vatertag, Abitur oder sonstiger Schulabschluss, Ferienzeit, Erntedank, Advent, Nikolaus, Weihnachten, Neujahr) sein, die die Apotheke dazu nutzen kann, zusätzlich Frequenz zu generieren und von daher "immer mal wieder einen frischen Wind" in die Offizin zu bringen.

Das Category Management lenkt den Blick auch auf die Präsentation der Waren, da in Themenwelten gedacht werden soll und weniger in Markenwelten. Erkältung steht im Mittelpunkt und nicht ein einzelner Anbieter. Aus der kompetenten Darstellung eines Themenfeldes leitet sich für Kunden dann auch eine Profilierung ab, die wahrgenommen wird und sich im Kopf der Kunden verankert. Also Category Management ein Muss? Es kommt darauf an! Wer sich profilieren will, dem dient das Category Management zu konsequentem Handeln. Wer sich strukturieren will, dem hilft das Category Management zu einem planvollen Vorgehen. Und wer sich unabhängig von einzelnen Herstellern im Freiwahl-Bereich machen will, dem hilft das Category Management zu entsprechendem Selbstvertrauen. Das heißt aber am Ende des Tages nicht, dass die Apotheke, die dieses Category Management weder gekannt oder nicht umgesetzt hat, die schlechtere Sortimentssteuerung haben muss.


Andreas Kaapke


Andreas Kaapke ist Professor für Handelsmanagement und Handelsmarketing an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg, Standort Stuttgart, und Inhaber des Beratungsunternehmens Prof. Kaapke Projekte. E-Mail: a.kaapke@kaapke-projekte.de



AZ 2011, Nr. 45, S. 2

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