Arzneimittel und Therapie

Tuberkulose-Impfstoff in Phase-I-Studie erfolgreich

Die Entwicklung eines neuen Impfstoffes gegen die Tuberkulose hat sich als langwierig und kompliziert erwiesen. Der ursprünglich verwendete BCG-Impfstoff wird seit über zehn Jahren nicht mehr in Deutschland verwendet, da bei eingeschränkter Wirksamkeit erhebliche Impfkomplikationen auftreten können. Der gentechnisch weiterentwickelte Impfstoff VPM1002, der sich 2008 im Tiermodell als wirksam und sicher erwiesen hatte, hat jetzt auch die klinische Phase-I-Studie bestanden. Jetzt soll der Impfstoff in großen Studien auf Wirksamkeit und Sicherheit geprüft werden.
Foto: CDC/Dr. Ray Butler; Janice Carr
Mycobacterium tuberculosis Gegen den Tuberkulose-Erreger steht derzeit kein wirksamer und sicherer Impfstoff zur Verfügung. Der genetisch veränderte BCG-Impfstoff VPM1002 hat jetzt die Phase-I-Studie erfolgreich bestanden.

Seit 1998 wird der BCG-Impfstoff gegen Tuberkulose in Deutschland nicht mehr empfohlen. Der Bacille Calmette-Guérin-Impfstoff (BCG) wurde vor etwa 90 Jahren entwickelt und enthält abgeschwächte Bakterien der mit Mycobacterium tuberculosis nahe verwandten Art Mycobacterium bovis, dem Erreger der auch auf den Menschen übertragbaren Rinder-Tuberkulose. Die Wirksamkeit ist mäßig; eine Impfung mit BCG schützt zwar zumeist Kinder, nicht aber Erwachsene. Besonders in den Tropen und Subtropen ist dieser Impfstoff von sehr schlechter Wirksamkeit. Bei einer in Indien durchgeführten Studie mit 260.000 Menschen traten mehr Fälle von Tuberkulose bei den Geimpften als bei den Ungeimpften auf. Insgesamt hat der Impfstoff nicht dazu beigetragen, Tuberkulose-Infektionen weltweit zu verringern – so das ernüchternde Ergebnis.

Genetisch veränderter BCG-Impfstoff genügt Sicherheitsanforderungen

Der neue, am Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie entwickelte Impfstoff VPM1002 basiert auf dem BCG-Impfstoff, enthält aber genetisch veränderte Mycobacterium-bovis-Bakterien, die durch den Einbau eines Gens von den Zellen des Immunsystems besser erkannt werden. Im Tiermodell hat sich der Impfstoff als sehr wirksam und sicher erwiesen [DAZ 2008 (41) S. 41]. Seit 2008 wird VPM1002 durch den Lizenznehmer Vakzine Projekt Management GmbH Hannover an freiwilligen gesunden Probanden in Deutschland hinsichtlich des Sicherheitsprofils klinisch getestet.

Nebenwirkungen seien während dieser Phase-I-Studie nicht aufgetreten, betont Stefan Kaufmann vom Berliner Max-Planck-Institut. In einer geplanten Phase-Ib-Studie soll jetzt die Wirksamkeit auch bei Menschen in Regionen mit hoher Tuberkulose-Verbreitung untersucht werden.

Jährlich erkranken an Tuberkulose weltweit etwa neun Millionen Menschen, zwei Millionen sterben daran. Der Druck, eine wirksame und sichere Vakzine herzustellen, ist somit gewaltig. Derzeit befinden sich zwölf unterschiedliche Impfstoffe in klinischen Studien. Drei von ihnen, darunter VPM1002, sind genetisch veränderte Varianten des Impfstoffs BCG. Die übrigen bestehen aus immunreaktiven Substanzen, die die Wirkung von BCG verstärken sollen. Keine dieser Entwicklungen könnte jedoch vor 2016 zum Einsatz kommen. "Wenn alles gut geht und VPM1002 auch in großen international angelegten Studien wirksam und sicher ist, könnte der neue Impfstoff in rund fünf Jahren einsatzbereit sein", hofft Stefan Kaufmann. Ein gegenüber BCG verbesserter Impfstoff könnte fast acht Millionen Todesfälle verhindern, so das Max-Planck-Institut.


Quelle

Max-Planck-Gesellschaft: Tuberkulose-Impfstoff besteht Phase-I-Studie. Pressemitteilung vom 21. März 2011.

Macgregor, G. A.: BCG – Bad News from India. Lancet (1980) 315(8159): 73 – 74.


Dr. Hans-Peter Hanssen



DAZ 2011, Nr. 16, S. 38

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