Arzneimittel und Therapie

Präventionsstudie mit Truvada® abgebrochen

Nachdem Studien eine erfolgreiche Präinfektionsprophylaxe gegen eine Ansteckung mit dem HI-Virus durch das Kombinationspräparat Truvada® (Emtricitabin plus Tenofovir) gezeigt hatten, wurde eine erneute Studie nach einer Zwischenauswertung jetzt abgebrochen. An der Studie nahmen nahezu 2000 Teilnehmerinnen teil. Sowohl in der Truvada® - als auch in der Placebo-Gruppe hatten sich bis Mitte Februar jeweils 28 Frauen mit dem HI-Virus infiziert. Auch war die Schwangerschaftsrate unter Verum erhöht, obwohl eine hormonelle Kontrazeption zu den Studienbedingungen gehörte.
Foto: DAZ Archiv
HI-Virus Eine Studie zur HIV-Präinfektionsprophylaxe bei oraler Applikation einer Kombination aus Emtricitabin und Tenofovir bei Frauen wurde jetzt erfolglos abgebrochen, da sich unter Truvada® und Placebo gleich viele Frauen mit HIV infiziert hatten.

Geradezu euphorisch zeigten sich die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und das Aids-Programm der Vereinten Nationen (UNAIDS), nachdem im letzten Jahr die positiven Studienergebnisse einer Präinfektionsprophylaxe (PrEP) durch die Kombination aus Emtricitabin plus Tenofovir veröffentlicht worden waren. Das neue Medikament könne ein wichtiges Instrument sein, um HIV-Infektionen zu verhindern. Truvada® ist ein Kombinationspräparat mit den Wirkstoffen Emtricitabin (FTC) und Tenofovir (TDF). An der seit dem Jahr 2007 laufenden iPrEx (Preexposure Prophylaxis Initiative)-Studie hatten nahezu 2500 homosexuelle Männer teilgenommen, die zuvor nicht HIV-infiziert waren. Nach Abschluss der Studie hatten sich im Placebo-Arm 64 Teilnehmer mit dem HI-Virus infiziert, im Truvada® -Arm hingegen waren es nur 36, was einer Reduktion der Infektionsrate um 43,8% entspricht.

Orale Applikation von Truvada® bei Frauen erfolglos

Im Rahmen der Weltaidskonferenz im Juli 2010 waren die Ergebnisse einer südafrikanischen Pilotstudie mit etwa 900 Teilnehmerinnen vorgestellt worden, die eine erfolgreiche HIV-Präinfektionsprophylaxe mit einem Vaginalgel zeigten. Das 1%ige Tenovir® -Vaginalgel, das vor dem Geschlechtsverkehr appliziert wird, führte zu einer Reduktion des Ansteckungsrisikos um knapp 40%.

Nach diesen erfolgreich abgeschlossenen Studien sah man auch der FEM-PrEP-Studie optimistisch entgegen. An der von der gemeinnützigen US-amerikanischen Organisation FHI (Family Health International) durchgeführten Studie waren 1951 zuvor nicht HIV-infizierte Frauen aus Kenia, Südafrika und Tansania beteiligt. Insgesamt sollten 3900 Frauen an der Studie teilnehmen. Die Teilnehmerinnen erhielten entweder täglich eine Tablette mit dem Kombinationspräparat Truvada® oder ein Placebo. Die Studie wurde jetzt nach einer Zwischenauswertung im Februar gestoppt. Bis zu diesem Zeitpunkt hatten nur wenige Frauen die Studie abgebrochen. In beiden Gruppen hatten sich jedoch bis zu diesem Zeitpunkt jeweils 28 Frauen mit HIV infiziert.

Interagieren die Wirkstoffe mit Kontrazeptiva?

Es wird zu klären sein, warum eine orale Präinfektionsprophylaxe bei Männern wirkt, bei Frauen hingegen nicht.

Auch die erhöhte Schwangerschaftsrate im Truvada® -Arm erscheint bedenklich, da eine Sicherheit des Präparats in der Schwangerschaft nicht belegt ist. So gehörte eine hormonelle Kontrazeption zu den Konditionen der Studie. Immerhin mussten dann doch 9% der Teilnehmerinnen die Studie wegen einer Schwangerschaft abbrechen. Es bleibt zunächst unklar, ob dies auf Wechselwirkungen der Wirkstoffe Emtricitabin und Tenofovir mit den Kontrazeptiva oder mangelnde Compliance zurückzuführen ist.

Kondome bleiben weiterhin das wirksamste Mittel gegen eine HIV-Infektion und andere Geschlechtskrankheiten, wie auch WHO und UNAIDS betonten. Zudem werden die enormen Kosten einer HIV-Prävention mit dem Kombinationspräparat aus Emtricitabin plus Tenofovir von etwa 10.000 Euro jährlich in solche Überlegungen sicherlich mit einfließen.


Quelle

FHI Statement on the FEM-PrEP HIV Prevention Study. FHI to Initiate Orderly Closure of FEM-PrEP, Pressemitteilung vom 18. April 2011.

Grant, R.M.; et al.: Preexposure Chemoprophylaxis for HIV Prevention in Men Who Have Sex with Men. New Engl. J. Med. (2010) 363(27): 2587 – 2599.


Dr. Hans-Peter Hanssen



DAZ 2011, Nr. 17, S. 46

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