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Sanofi-Aventis weist Bestechungsvorwürfe zurück

BERLIN (ks). Diese Woche berichtet "Der Spiegel" über einen möglichen Schmiergeld-Skandal bei Sanofi-Aventis: Mitarbeiter sollen jahrelang gegen Bestechungsgelder Arzneimittel verschoben haben, die sich ihrem Verfallsdatum näherten. Angeblich landeten sie nicht wie geplant als Hilfslieferung in Nordkorea, sondern über den Großhandel wieder in deutschen Apotheken. Sanofi-Aventis weist die Vorwürfe zurück: Man sei nicht Veranlasser, sondern selbst Geschädigter.

In die zwielichtigen Machenschaften sind mehrere Firmen und Organisationen verwickelt. Ausgangspunkt ist Sanofi-Aventis: Das Unternehmen soll Arzneimittel, deren Haltbarkeitsdatum bald ablief, mit 20 bis 50 Prozent Rabatt an den norddeutschen Pharmagroßhändler Multi-Trade International (MTI) geliefert haben. Nach "Spiegel"-Recherchen lieferte Sanofi-Aventis allein im Jahr 2010 Medikamente im Wert von 22 Mio. Euro an MTI. Gegenüber der DAZ erklärte eine Sanofi-Aventis-Sprecherin, dass diese Lieferungen mit einer Zweckbindung erfolgten: Die Ware sollte als Hilfslieferung nach Nordkorea gehen. Dabei betonte sie, dass Sanofi kein separates Lager für Hilfslieferungen unterhalte. Sämtliche Lieferungen stammten aus ein und demselben Lager – gleich ob die Arzneimittel letztlich in hilfsbedürftigen Ländern oder in deutschen Apotheken landen. Auch habe diese Ware grundsätzlich eine ausreichende Haltbarkeit von rund zwölf Monaten. Ausnahmen gebe es bei einigen Medikamenten gegen seltene Erkrankungen, die auch nur selten hergestellt werden.

Nachdem die Arzneimittel von Sanofi-Aventis bei MTI ankamen, spielte der Verein "Viva Westfalen hilft" unter Führung des ehemaligen Pharma-Managers Wolfgang Tietze eine Mittlerfunktion – dieser sollte dafür sorgen, dass die Ware in Südkorea ankommt. Doch MTI soll einen Großteil der Ware an Pharmagroßhändler weitergeliefert haben – etwa an Gehe – sodass die Arzneimittel am Ende letztlich doch in den deutschen Apotheken landeten und dort an Patienten abgegeben wurden.

Der Sanofi-Sprecherin zufolge kamen dem Unternehmen nach einiger Zeit selbst Zweifel, ob MTI die Zweckbindung erfüllte. Daraufhin habe man die Geschäftsbeziehung abgebrochen und im vergangenen Sommer Strafanzeige gegen MTI gestellt. Nun ist der Pharmakonzern allerdings selbst ins Visier der Ermittler geraten. Vergangene Woche gab es 17 Hausdurchsuchungen in mehreren Bundesländern. Darunter in der Deutschland-Zentrale von Sanofi-Aventis, aber auch in Wohnungen von Pharma-Managern. Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Verden erklärte, es besteht der Verdacht, dass Bestechungsgelder von Sanofi-Aventis an einen früheren Pharma-Manager gezahlt wurden. 750.000 Euro sollen geflossen sein. Ob es sich bei diesen Provisionszahlungen tatsächlich um Bestechungsgelder handelte, wird nun ermittelt. Ebenso ob hinter der Masche System steckt – dies ist dem Sprecher zufolge noch unklar.

Bei Sanofi sieht man sich zu Unrecht beschuldigt. Es mache keinen Sinn für das Unternehmen, zuvor rabattierte Ware wissentlich wieder in die deutschen Apotheken zurücklaufen zu lassen, betonte die Sprecherin. Hätte Sanofi hiervon gewusst, hätte man sich nicht um diese Gelder beschnitten: "Wieso sollten wir unser Deutschland-Geschäft durch die Gewährung von Rabatten und Provisionen an Dritte schmälern?" Die Sprecherin betonte zudem, dass es sich bei den Lieferungen für Nordkorea um Ware handelte, die dort ausdrücklich gewünscht war. Einige wenige dieser Medikamente mit einer Laufzeit von mehreren Monaten seien dabei zu einem symbolischen Preis von 1 Cent abgegeben, also gespendet, worden.

Becker: "Wie auf einem Basar"

Was nun wirklich passiert ist, muss die Staatsanwaltschaft ermitteln. Möglicherweise sind noch weitere Arzneimittelhersteller in den Fall verwickelt. Auf jeden Fall hat das ohnehin schwierige Image der Pharmariesen einen weiteren Kratzer erhalten. Auch in der Apothekerschaft sieht man so etwas nicht gern. "Wir halten nichts von diesen intransparenten und auch auf den zweiten Blick unseriösen Geschäftspraktiken", sagte der Vorsitzende des Deutschen Apothekerverbandes, Fritz Becker, der "Süddeutschen Zeitung". Es gehe offenbar zu wie auf einem Basar. Dies habe nichts mit dem Auftrag einer sicheren Versorgung der Verbraucher mit Arzneien zu tun. "Einige Pharma- und Zwischenhändler verschieben Arzneimittel nach Gutdünken, aus dem besonderen und in der Regel hoch wirksamen Gut Arzneimittel wird Ramschware. Das ist für Patienten und Apotheker inakzeptabel", kritisierte Becker.



DAZ 2011, Nr. 25, S. 30

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