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Tierpharmazie
Chronische Niereninsuffizienz der Katze
Die chronische Niereninsuffizienz gilt als eine der häufigsten Todesursachen bei Katzen. Zwar gibt es auch einige Hunderassen, die recht anfällig für die Erkrankung sind (etwa Pudel, Berner Sennenhunde und Yorkshire Terrier), aber bei Katzen sind rund 10% aller Tiere ab sieben Jahre und rund ein Drittel aller Tiere über zehn Jahre betroffen. Die Erkrankung entwickelt sich schleichend und oft unbemerkt über mehrere Jahre und ist nicht heilbar. Klinische Symptome treten jedoch erst auf, wenn bereits etwa 75% des Nierengewebes zerstört ist. Bis dahin kompensieren funktionsfähige Nephrone die bereits ausgefallenen. Irgendwann führt diese Überlastung allerdings zu einem immer schneller fortschreitenden Untergang weiteren Nierengewebes und damit zum Ausfall lebenswichtiger Funktionen.
Gesunde Nieren erfüllen eine Vielzahl wichtiger Aufgaben im Organismus:
- das Ausscheiden von Abbauprodukten und Giften über den Harn;
- die Regulation des Wasserhaushaltes;
- die Regulation des Säure-Basen-Gleichgewichts im Blut;
- die Regulation des Elektrolyt- und Mineralhaushaltes;
- die Abgabe von Hormonen, die die Blutbildung stimulieren und den Blutdruck regulieren.
Funktionsausfälle der Nieren führen dementsprechend zu einer Vielzahl von Symptomen:
- erhöhter Durst
- vermehrter Harnabsatz
- verminderter Appetit
- schleichender Gewichtsverlust
- Erbrechen
- Maulgeruch
- verminderte Aktivität
- erhöhter Schlafbedarf
- struppiges Fell
Oft wird die Krankheit erst entdeckt, wenn eine schlagartige Veränderung des Allgemeinbefindens stattgefunden hat und deshalb der Tierarzt aufgesucht wird. Zur Diagnostik gehören Blut- und Harnuntersuchung. Die beiden wichtigsten Messwerte für die Nierenfunktion im Blut sind Harnstoff, der aus dem Protein- und Aminosäure-Stoffwechsel stammt und zu den harnpflichtigen Substanzen gehört, und Kreatinin, das als Stoffwechselprodukt im Muskelgewebe entsteht und ebenfalls harnpflichtig ist. Der Plasmakreatininspiegel wird zur Klassifizierung des Stadiums einer chronischen Niereninsuffizienz verwendet.
Bei fortgeschrittener Niereninsuffizienz ist auch der Phosphatwert im Blut erhöht. Phosphat gehört zu den Stoffen, die normalerweise von der Niere ausgeschieden werden. Geschieht dies nicht mehr, reichert es sich im Blut und in verschiedenen Geweben an. Aufgrund von Kompensationsmechanismen der Nieren ist eine Erhöhung der Phosphatwerte allerdings erst spät im Verlauf der chronischen Niereninsuffizienz im Blut messbar. Er steht in direktem Zusammenhang mit dem aktuellen Gesundheitszustand der Katzen mit chronischer Niereninsuffizienz.
Mittels Harnanalyse lässt sich feststellen, ob eine Proteinurie vorliegt, das heißt eine vermehrte Ausscheidung von Proteinen über den Urin, weil diese nicht mehr in der Niere gefiltert bzw. rückresorbiert werden.
Lebensverlängerung und Lebensqualität
Stellt der Tierarzt eine chronische Niereninsuffizienz fest, richtet sich das weitere Handeln darauf, die verbliebene Nierenfunktion zu unterstützen und die Lebensqualität der Katze zu erhalten. Je früher die Behandlung erfolgt, umso besser sind die Aussichten, das Fortschreiten der Erkrankung zu verlangsamen. Für Katzen ab sieben Jahre ist deshalb ein jährlicher Nierencheck dringend zu empfehlen!
Viele Medikamente werden in Abhängigkeit von den gemessenen Laborwerten des Patienten verabreicht und durch regelmäßige Kontrolluntersuchungen auf ihren Therapieerfolg hin überprüft.
Erhöhter Blutdruck kann durch die Verabreichung von Medikamenten (z. B. Wirkstoff Amlodipin oder ACE-Hemmer) kontrolliert werden. Die Blutdrucksenkung vermindert die Proteinurie und verzögert so das Fortschreiten der Niereninsuffizienz.
Eine mäßige Stoffwechselübersäuerung des Organismus (Azidose) normalisiert sich meist durch die Verabreichung einer Nierendiät. Sonst kann ein Natriumbikarbonat-Pulver als "Puffer" gegeben werden.
Ein herabgesetzter Blutkaliumspiegel wird ebenfalls in den meisten Fällen durch die Verabreichung einer speziellen Nierendiät normalisiert, die entsprechend mit Kalium angereichert ist.
Bei anhaltendem Erbrechen können zur Stabilisierung des Tieres Antiemetika eingesetzt werden.
Zur Behandlung einer vorliegenden Anämie ist Erythropoietin aus der Humanmedizin einsetzbar. Es führt allerdings bei 30% der behandelten Tiere zu Unverträglichkeitsreaktionen.
Um den Verlust wichtiger Vitamine über die Niere auszugleichen, empfiehlt sich die regelmäßige Verabreichung von Vitamin B und E.
Grundlegende Maßnahmen finden darüber hinaus in der Verantwortung des Tierbesitzers statt. So ist es von entscheidender Bedeutung, dass Katzen mit chronischer Niereninsuffizienz ausreichend Flüssigkeit aufnehmen. Die Unfähigkeit der Nieren, den Urin zu konzentrieren, führt nämlich zum Absatz großer Mengen Urins. Wird dieser Flüssigkeitsverlust nicht durch die Trinkwasseraufnahme ausgeglichen, kommt es zur Austrocknung – ein Zustand, der schnell lebensbedrohlich wird.
Schädliches Phosphat
Zwingend ist auch die Einhaltung von Diätmaßnahmen, um die Phosphatzufuhr zu verringern und damit die Nieren zu entlasten. Spezielle Nierendiäten weisen einen reduzierten Proteingehalt und damit auch einen verringerten Phosphatgehalt auf. Die Proteinreduktion kann allerdings zu Akzeptanzproblemen führen, da Proteine gleichzeitig Geschmacksträger sind. In Studien konnten über 30 bzw. 50% der Katzen nicht auf eine Nierendiät umgestellt werden. Ganz wichtig ist es jedoch, dass die nierenkranke Katze genügend Energie aufnimmt. Verweigert sie die Nierendiät, sollte sie die Nahrung bekommen, die sie noch frisst – sei es gekochter Schinken, Leberwurst oder Fleischwurst.
Alternativ (oder in schweren Fällen auch zusätzlich) zu einer kompletten Umstellung der Fütterung besteht eine wirksame Möglichkeit der Phosphatreduktion in der Zugabe von Phosphatbindern in das Futter. Sie können schon in einem frühen Krankheitsstadium eingesetzt werden, um eine Anreicherung von Phosphat von Anfang an zu verhindern. Bei Katzen, die keine Futterumstellung akzeptieren, bieten sie die Möglichkeit, das gewohnte Futter beizubehalten und das überschüssige Phosphat trotzdem zu reduzieren. Kann die Kontrolle des Phosphatspiegels im Blut nicht allein durch die Verabreichung einer Diätnahrung erzielt werden, können Phosphatbinder auch zusätzlich gegeben werden.
Bisher gingen Phosphatbinder auf Aluminium- und Calciumbasis mit Nebenwirkungsrisiken einher. Ein auf Basis von Lanthancarbonat entwickelter moderner Phosphatbinder, der in der Humanmedizin seit Jahren erfolgreich eingesetzt wird, erwies sich auch bei Katzen als wirksam und gut verträglich. Das Diätergänzungsfuttermittel für die nierenkranke Katze (Renalzin®) ist auch in der Apotheke erhältlich. Es wird unter das Nass- oder Trockenfutter gemischt und, da es geschmacksneutral ist, in der Regel gut angenommen. Es bindet den Phosphor direkt im Futter und bildet mit diesem ein unlösliches Lanthansalz, das mit dem Kot gleich wieder ausgeschieden wird.
Quelle
Elliot, J.: Focus Nephrology, Feline Hyperphosphataemia and CKD. Veterinary Times, 12-16 (2008).Elliot, J.: The role of phosphate in chronic kidney disease (CKD) progression, Part 1+2. Small Animal Medicine UK Vet, 13: 23-28, 37-46 (2008).Parotat, A.; Kohn, B.: Die chronische Niereninsuffizienz - Wie sieht ein effektives Management aus? Enke Verlag, kleintier-konkret, 1: 6-10 (2009).Polzin, D.J.; Osbourne, C.A.; Ross, S.; Chronic Kidney Disease. In: Ettinger ST, Feldmann EC, Textbook of Veterinary Internal Medicine. St. Louis: Elsevier Saunders, 1756-1784 (2005).Schmidt, B.; Spiecker-Hauser, U.; Gropp, J.: Effect of Lantharenol on apparent phosphorus absorption from a conventional feline maintenance diet and a renal diet for cats. Proc Soc Nutritional Physiology, 17: 87 (2008).www.renalzin.de
Anschrift der Verfasserin
Dipl.-Biol. Annette Locher, William-Elliot-Platz 3, 63571 Gelnhausen
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