Arzneimittel und Therapie

Beta-Blocker für Melanom-Patienten?

Der Nachweis von Noradrenalin-Rezeptoren auf der Oberfläche von Melanomzellen legte eine Stress-bedingte Wachstumsförderung durch Catecholaminen nahe. Eine Möglichkeit, die Überlebenszeit von Melanom-Patienten zu verlängern, wurde in einer Medikation mit Beta-Blockern gesehen. Eine retrospektive Auswertung des dänischen Krebsregisters zeigte jetzt tatsächlich eine deutlich reduzierte Sterblichkeit von Patienten, die mit Beta-Blockern behandelt worden waren.
Foto: "Hautkrankheiten im Blick", WVG
Zellen des malignen Melanoms traten Catecholamin-Rezeptoren, deren Antagonisierung mit Betablockern möglicherweise das Wachstum hemmt.

Immer mehr Menschen erkranken an einem malignen Melanom. Derzeit liegt die Zahl der Neuerkrankungen in Deutschland bei mehr als 15.000 jährlich, etwa 2500 Patienten sterben an den Folgen dieser Krankheit. Sie machen damit rund 2% aller malignen Krebserkrankungen beim Erwachsenen aus. Als Todesursache hat das maligne Melanom für beide Geschlechter einen Anteil von 1,3% an allen Krebstodesursachen in Deutschland.

In einer vor mehr als zwei Jahren veröffentlichten Studie wiesen US-amerikanische Wissenschaftler Catecholamin-Rezeptoren auf der Oberfläche von Melanomzellen nach [2]. Bindet das Stresshormon Noradrenalin an den Rezeptor, kommt es in menschlichen Melanom-Zelllinien zu einer verstärkten Bildung des Signalmoleküls VEGF ("Vascular Endothelial Growth Factor") und den Interleukinen IL-8 und IL-6.

Propranolol – eine Option?

Nach Behandlung einer Melanom-Zelllinie mit Propranolol stagnierte die Expression dieser Faktoren, die an Angiogenese und Metastasierung beteiligt sind. Die Autoren der Studie werteten dies als eine durch Stress bedingte Förderung der Tumorprogression und diskutierten den Einsatz von Beta-Blockern als Therapieoption bei Melanomerkrankungen.

Jetzt werteten die US-Wissenschaftler die Daten von 4179 Melanom-Patienten aus dem dänischen Krebsregister im Hinblick auf eine Medikation mit Beta-Blockern, Komorbidität und Überlebenszeit aus. Sie stellten fest, dass Patienten, die bereits Beta-Blocker vor der Krebsdiagnose erhalten hatten, eine im Vergleich zu Patienten ohne vorherige Beta-Blockertherie um 19% reduzierte Gesamtsterblichkeit und eine um 13% reduzierte Melanom-Sterblichkeit aufwiesen. In einer randomisierten klinischen Studie sollen die Ergebnisse jetzt überprüft werden. Sollten danach sichere Belege für eine Verlängerung der Überlebenszeiten bei malignen Hauttumoren durch Beta-Blocker vorliegen, könnten diese die Chemotherapie ergänzen.


Quelle

[1] Lemeshow, S.; et L:. β-Blockers and Survival among Danish Patients with Malignant Melanoma: A Population-Based Cohort Study. Cancer Epidemiol. Biomarkers Prev. 2011; 20(10): 1 – 7.

[2] Yang, E.V.; et al.: Norepinephrine upregulates VEGF, IL-8, and IL-6 expression in human melanoma tumor cell lines: implications for stress-related enhancement of tumor progression. Brain Behav. Immun. 2009; 23(2): 267 – 75.


Dr. Hans-Peter Hanssen



DAZ 2011, Nr. 39, S. 65

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