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Arzneimittel und Therapie
Zeitpunkt der HIV-Infektion lässt sich abschätzen
Die Verbreitung von HIV hat sich in den letzten 25 Jahren zu einer Pandemie entwickelt, die nach Schätzungen der Organisation UNAIDS bisher etwa 25 Millionen Leben gefordert hat. Etwa 33,4 Millionen Menschen sind weltweit mit dem Virus infiziert, davon ca. 50% Männer. Die Zahl der Neuinfektionen sinkt seit 1996 stetig und lag 2008 bei 2,7 Millionen Menschen. In Deutschland leben etwa 67.000 Menschen mit HIV, davon 82% Männer und 200 Kinder. Im Jahr 2009 war Aids bei 11.300 Personen bereits ausgebrochen; außerdem kam es zu 3000 neuen HIV-Infektionen.
Zeitpunkt der Infektion wichtig für Studien zur Ausbreitung der Krankheit
Angaben zum Ansteckungszeitpunkt bringen verschiedene Vorteile. Der Arzt kann zum Beispiel einfacher abschätzen, wie rasch die Krankheit fortschreitet und damit den Behandlungsbeginn entsprechend anpassen. Und in epidemiologischen Studien lässt sich mit höherer Sicherheit voraussagen, wann Übertragungen stattgefunden haben, wie sich also die Krankheit ausgebreitet hat. Zusammen mit Kollegen der ETH Zürich nutzten die Wissenschaftler der Schweizerischen HIV-Kohortenstudie (s. Kasten) Daten aus dem Resistenztest, der bei HIV-Positiven routinemäßig durchgeführt wird. Dabei wird das Erbgut der Viren untersucht um herauszufinden, gegen welche Medikamente sie resistent sind. Wenn der Patient verschiedene HIV-Stämme in sich trägt, liefert der Test an einigen Positionen im Viruserbgut kein eindeutiges Ergebnis.
Die Schweizerische HIV-KohortenstudieZiel der seit 1988 bestehenden Studie ist, die Krankheit Aids besser zu verstehen sowie die Betreuung der Patientinnen und Patienten zu verbessern. Sämtliche in der Schweiz auf HIV spezialisierte Kliniken (Basel, Bern, Genf, Lausanne, Lugano, St. Gallen und Zürich) haben Daten zum Krankheitsverlauf von bisher über 16.000 HIV-Infizierten gesammelt und ausgewertet. Derzeit nehmen über 7500 Personen an der Studie teil, davon etwa ein Drittel Frauen. |
"Während langer Zeit galt die Unschärfe im Viruserbgut als Abfallprodukt des Tests", erläutert Huldrych Günthard vom Universitätsspital Zürich. "Aber wir fragten uns, ob sie ein Maß für die Vielfalt der Viren im Blut sein könnte." Weil die Virenvielfalt aus der Vermehrung und der Evolution der Erreger im Körper resultiert und über die Jahre hinweg zunimmt, könnte die Unschärfe im Viruserbgut daher Informationen über die Infektionsdauer enthalten. Günthard und sein Team prüften diese Vermutung, indem sie die Resistenztestdaten mit einer früheren, rudimentären Berechnungsmethode des Ansteckungszeitpunkts verglichen. Zudem gibt es bei einigen Patientengruppen genauere Angaben zur Infektionszeit: etwa, wenn jemand sich in der akuten Infektionsphase testen ließ, oder vor und nach der Infektion je einen HIV-Test machte. Die Wissenschaftler konnten so zeigen, dass der Anteil der uneindeutigen Stellen in den genetischen Sequenzen der Viren tatsächlich in den ersten etwa acht Jahren nach der Ansteckung gleichmäßig ansteigt; dann wird die Kurve flacher.
Um den Infektionszeitpunkt genau vorauszusagen, ist die neue Methode zwar noch nicht genau genug. Doch es gelang, einen Schwellenwert zu bestimmen, ab dem die Infektion mit 99-prozentiger Sicherheit länger als ein Jahr zurückliegt.
Quelle
Kouyos, R.D.; et al: Ambiguous Nucleotide Calls From Population-based Sequencing of HIV-1 are a Marker for Viral Diversity and the Age of Infection. Clin Infect Dis. (2011) 52(4): 532 – 539.
Dr. Hans-Peter Hanssen
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