Arzneimittel und Therapie

Verkürzte Wirkung des Impfstoffs bei Adipösen

Ein Zusammenhang zwischen einer erhöhten Morbidität und Mortalität und Adipositas war nach der Schweinegrippe-Pandemie (H1N1 2009/2010) beobachtet worden. Wie eine aktuelle Studie zeigt, ist auch die Grippeimpfung bei fettleibigen Menschen weniger wirksam. Die Immunabwehr reagiert bei ihnen schwächer und weniger lang anhaltend auf den Impfstoff. Die Untersuchungen zeigen eine verminderte Antikörperantwort bei adipösen Menschen. Außerdem ist bei ihnen die Aktivierung bestimmter Gedächtniszellen des Immunsystems eingeschränkt.

Das Immunsystem von adipösen Menschen hat offensichtlich größere Probleme mit der Abwehr von Infektionserregern als das von Normalgewichtigen. So ergab die Auswertung der Daten zur Schweinegrippe-Pandemie (H1N1 2009/2010) eine erhöhte Morbidität und Mortalität für übergewichtige und fettleibige Personen. Weiterhin ist eine verminderte Antikörperantwort nach Impfungen gegen Hepatitis B oder Tetanus bei adipösen Menschen beobachtet worden. Aber auch im Tierversuch konnte eine verminderte Immunantwort auf eine Influenza und eine erhöhte Letalität bei Mäusen nachgewiesen werden.

Schnellerer Abfall der Antikörpertiter bei Adipösen

Die Ergebnisse einer prospektiven Beobachtungsstudie mit zunächst 461 Teilnehmern, die die Immunreaktion auf den inaktivierten trivalenten Grippeimpfstoff der Saison 2009/10 bei Personen mit unterschiedlichem BMI aufzeigen sollte, wurden jetzt veröffentlicht. Die Zusammensetzung der Einzelgruppen entsprach dem US-Bevölkerungsdurchschnitt. Etwa ein Drittel war normalgewichtig, ein Drittel übergewichtig und ein weiteres Drittel fettleibig. Im Herbst 2009 waren die Antikörpertiter der gesunden freiwilligen Probanden, die sich einen Monat zuvor mit dem saisonalen Grippeimpfstoff hatten impfen lassen, bestimmt worden. Ein Jahr danach wurde der Titer erneut bestimmt, allerdings nahmen an dieser zweiten Bestimmung nur noch 74 der Probanden teil.

Bei den adipösen Teilnehmern zeigte die Nachuntersuchung nach einem Jahr einen schnelleren Abfall der Antikörperkonzentration, und bei der Hälfte von ihnen war es zu einem deutlichen Rückgang gekommen. Keinen Unterschied gab es zwischen Schlanken und Übergewichtigen. Aber auch unter den Normalgewichtigen kam es bei etwa einem Viertel zu einer Verminderung des Antikörperschutzes. Bei 75% der normalgewichtigen Probanden reagierten die CD8+ -T-Zellen auf den Kontakt mit Grippeviren noch mit einer gesteigerten γ-Interferon-Ausschüttung. Demgegenüber kam es nur bei 25% der adipösen Probanden zu einer entsprechenden Reaktion. Die Autoren weisen auf die Notwendigkeit von Studien hin, die aufzeigen, inwieweit für geimpfte Adipöse ein erhöhtes Infektionsrisiko für Influenza gegenüber geimpften Normalgewichtigen besteht.


Zum Weiterlesen


Universeller Grippeimpfstoff: one shot fits all?

DAZ 2011, Nr. 36, S. 56 – 59.


Quelle

Sheridan, P.A.; et al.: Obesity is associated with impaired immune response to influenza vaccination in humans. Int. J. Obes. 2011; doi:10.1038/ijo.2011.208, vom 25. Oktober 2011.


Dr. Hans-Peter Hanssen



DAZ 2011, Nr. 44, S. 62

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