Prisma

Warum Allergien auf dem Vormarsch sind

Allergien nehmen in den Industrienationen seit Jahrzehnten zu. Deutsche und Schweizer Wissenschaftler haben nun einen möglichen Grund für die Zunahme entdeckt. Sie haben langlebige reaktive Sauerstoffpartikel auf der Oberfläche von Luft-Partikeln nachgewiesen, die durch Abgase entstehen und das Immunsystem stark reizen.

Reaktive Sauerstoffspezies in verschmutzter Luft scheinen für die Entstehung von Allergien eine wichtige Rolle zu spielen. Foto: Sergiy Serdyuk – Fotolia.com

Die nun entdeckten Sauerstoffformen überleben laut den Wissenschaftlern mehr als 100 Sekunden lang auf den Luft-Teilchen und reagieren in dieser Zeit mit anderen Luftschadstoffen wie Stickoxiden. Chemisch werden die Schwebteilchen dabei oxidiert und nitriert. Genau das mache Rußpartikel toxischer und erhöhe das Potenzial von Pollen, Allergien auszulösen, so die Forscher. Dass derartige Sauerstoffformen existieren, wurde zwar schon seit Jahren vermutet. Allerdings ging man davon aus, dass sie nur Sekundenbruchteile "überleben" und daher kaum Auswirkungen auf chemische Prozesse in der Atmosphäre haben. "Unsere Untersuchungen lösen nicht nur den Widerspruch zwischen theoretischen Berechnungen und den Messungen. Die reaktiven Sauerstoffformen sind auch für viele atmosphärische und physiologische Rektionen verantwortlich", sagt Manabu Shiraiwa, Erstautor der aktuellen Studie. Ulrich Pöschl, Leiter der Aerosol-Forschungsgruppe am Mainzer Max-Planck-Institut, geht sogar einen Schritt weiter: "Wir vermuten, dass die Zunahme der Allergien in Industrieländern genau mit diesen Reaktionen zusammenhängt. Je mehr Ozon und Stickoxide durch Industrie- und Autoabgase entstehen, desto häufiger werden Proteine wie etwa in Birkenpollen nitriert, und das reizt unser Immunsystem." Pöschl und seine Kollegen haben Hinweise dafür gefunden, dass Proteine, die auf diese Weise chemisch verändert werden, tatsächlich heftigere allergische Reaktionen auslösen können als die unveränderte Form. Wenn sich dieser Verdacht bestätigt, wäre die menschliche Gesundheit durch Abgase stärker gefährdet als bisher vermutet.

ral


Quelle: Pressemitteilung der Max-Planck-Gesellschaft vom 17. 2. 2011



DAZ 2011, Nr. 8, S. 8

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