Gesundheitspolitik

Apothekenpflicht: Hexal stoppt dm und Rossmann

Berlin (az). In den Regalen von Drogeriemarktketten sind schon in der Vergangenheit immer wieder apothekenpflichtige Präparate aufgetaucht. Nun hat der Generikahersteller Hexal im Fall von N-Acetylcystein-haltigen Brausetabletten, die bei dm und Rossmann im Sortiment zu finden sind, wettbewerbsrechtliche Schritte eingeleitet. Sowohl dm als auch Rossmann haben inzwischen eine Unterlassungserklärung abgegeben.

In apothekenüblicher Dosierung und Darreichungsform bieten die beiden Drogeriemarktketten einen "Hustenlöser" als Brausetabletten mit jeweils 200 mg NAC pro Tablette an. Diese sind laut Packungsaufdruck und Gebrauchsinformation zur "ergänzenden bilanzierten Diät zur diätetischen Behandlung von Bronchitis" geeignet. Beim ACC® -Hersteller Hexal ist man überzeugt, dass hier ein Arzneimittel unzulässigerweise als Lebensmittel verkauft wird. Der Arzneimittelhersteller forderte daher dm und Rossmann auf, den Verkauf dieser Produkte zu unterlassen. In der nun von den Drogerien unterzeichneten Unterlassungserklärung verpflichten sich diese, die Produkte vom Markt zu nehmen. Es wird ihnen allerdings noch eine Aufbrauchfrist gewährt.

Rossmann bleibt überzeugt: nicht apothekenpflichtig

Rossmann bestätigte gegenüber der AZ, dass nach Ablauf des Winterhalbjahres zum April der Acetylcystein-haltige Hustenlöser "Altapharma Hustenlöser akut" aus dem Verkauf genommen werde. Das Unternehmen gab sich jedoch weiterhin überzeugt, dass der Hustenlöser nach der "bekannten Sach- und Rechtslage nicht der Apothekenpflicht" unterliege und somit "vielmehr freiverkäuflich und damit in Deutschland uneingeschränkt verkehrsfähig" sei. "Altapharma Hustenlöser akut" enthalte zwar den medizinisch wirksamen Wirkstoff Acetylcystein, dieser könne jedoch sowohl in pharmakologisch wirkenden Funktionsarzneimitteln als auch in Lebensmitteln, zum Beispiel in Form von diätetischen Lebensmitteln, eingesetzt werden, schreibt Rossmann in der Stellungnahme. Beim fraglichen Produkt handelt es sich aus Sicht der Drogerie gerade nicht um ein pharmakologisch wirkendes Funktionsarzneimittel, sondern um ein diätetisches Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke. Als solches sei es auch klar und deutlich gekennzeichnet. Das Unternehmen tut die Angelegenheit dennoch betont gelassen ab: "Die Bedeutung des Artikels im Rossmann OTC-Sortiment ist eher von untergeordnetem Rang und steht in keinem Verhältnis zu etwaigen durch Rechtsstreitigkeiten ausgelösten Irritationen der Verbraucher."

Tatsächlich gibt es eine rechtliche Lücke in der Verordnung für diätetische Lebensmittel (Diätverordnung). Dort wird Acetylcystein in der Anlage 2 als möglicher Zusatzstoff diätetischer Lebensmittel benannt. Der Gehalt im Endprodukt wird dabei nicht definiert, es wird lediglich darauf hingewiesen, dass Acetylcystein als Zusatzstoff "nur in bilanzierten Diäten" eingesetzt werden darf. Diese Ungenauigkeit fiel schon 2010 in einer Abstimmung eines Sachverständigenausschusses des BfArM zur Entlassung von Acetylcystein aus der Apothekenpflicht auf: Während einstimmig beschlossen wurde, die Apothekenpflicht für NAC beizubehalten, hatte ein Sachverständiger damals angemerkt, dass einige NAC-haltige Produkte auch als Nahrungsergänzungsmittel vertrieben würden und dass bezüglich dieser Produkte eine Überprüfung der Verkehrsfähigkeit bzw. eine Abstimmung zwischen den verschiedenen zuständigen Behörden erfolgen solle.

ABDA: Dringender Klärungsbedarf

Der Pressesprecher der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände, Florian Martius, erklärte auf AZ-Anfrage, dass die ABDA "dringenden Klärungsbedarf" sehe und "ungeachtet von Einzelfällen oder Rechtsfragen" der Meinung ist, dass "NAC-haltige Präparate in die Apotheke gehören". Martius: "Die Diskussion zeigt erneut, dass eine scharfe Abgrenzung zwischen Arzneimitteln auf der einen und Lebensmitteln auf der anderen Seite dringend notwendig ist".

Hexal will nicht locker lassen

Bei Hexal ist man entschlossen, weiter zu kämpfen: "Wir werden auch in Zukunft mit allen rechtlichen Mitteln gegen Anbieter vorgehen, die NAC-haltige Präparate ohne Arzneimittelzulassung als diätetische Lebensmittel anbieten", so der Leiter der Unternehmenskommunikation Hermann Hofmann gegenüber der AZ. Noch besser wäre es aber, wenn von vornherein durch die Zulassungsbehörde ein Riegel vorgeschoben würde. Hofmann: "Die Spielchen müssen ein Ende haben! Wir als Hersteller wollen klare Regeln genau wie die Apotheker."

Nach diesen wettbewerbsrechtlichen Schritten von Hexal bleibt abzuwarten, wie sich die zuständigen Aufsichtsbehörden verhalten werden.



AZ 2012, Nr. 3, S. 1

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