Management

Der Kunde im Fokus

Mit Category Management Kundenzufriedenheit steigern – ein Erfahrungsbericht

Neue Kundschaft und gesteigerte Kundenzufriedenheit: Dies gelang den Medicon-Apotheken in der Metropolregion Nürnberg-Fürth-Erlangen allein durch die Umgestaltung der Produktpräsentation. Dabei mussten sich die Apotheker keineswegs auf das Bauchgefühl oder vage Ahnungen zur richtigen Platzierung der Frei- und Sichtwahl verlassen: Sie bauen auf das "Category Management", ein etabliertes Instrument zur Optimierung des Sortiments und der Platzierung in den Geschäftsräumen.
Die Freiwahl vor (li.) und nach der Einführung des Category Managements.
Fotos: Document 1 GmbH

"So etwas geht nicht von heute auf morgen", berichtet Verena Schielein, kaufmännische Leiterin der Medicon-Apotheken. "Im Mai 2009 haben wir das erste Seminar zum Category Management besucht, dort eine Einführung ins Thema erhalten." Im Rahmen eines vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie geförderten PROZEUS-Projektes, das kleinen und mittleren Unternehmen bei der Steigerung der eigenen Effizienz durch die Einführung etablierter Prozess- und eBusiness-Standards unterstützt, stand im Jahr 2010 die Einführung des Category Management in drei der Medicon-Apotheken im Fokus. "Und von diesen drei Apotheken ausgehend konnten wir auch die Umstellung in all unseren zwölf Häusern vornehmen", sagt Verena Schielein.

Sie stammt aus der alteingesessenen Nürnberger Apothekerfamilie Schielein, die sich mit den beiden Apothekerfamilien Bender und Schindler zu der Medicon-Apothekengruppe zusammengeschlossen hat. Und so kennt sie die Herausforderungen der Zukunft: "Der Service zählt – ganz nach unserem Motto ‚Gerne für Sie da‘. Dazu gehört auch, dass unsere Kunden sich schnell bei uns zurechtfinden." Ermöglicht wird die bessere Orientierung durch die Strukturierung des Angebots nach zusammengehörigen Warengruppen – den Kategorien. Dabei stehen die Wünsche der Kunden im Mittelpunkt: Was der Käufer als verwandt erachtet, das gehört zusammen und wird in einer Warengruppe präsentiert. Ziel ist es, die Bedürfnisse und Anforderungen der Kundschaft besser zu erfüllen, die Kundenbindung und -zufriedenheit zu erhöhen – und so den Umsatz zu steigern.

Was ist Category Management?


Category Management oder Warengruppen-Management ist ein Einzelhandelskonzept, bei dem die Produkte in für den Kunden logischen Warengruppen sortiert werden. Dabei werden die einzelnen Produktgruppen (Kategorien) als eigenständige strategische Geschäftseinheiten betrachtet. Damit geht Category Management weit über die bloße Sortierung der Produkte im Regal hinaus, sondern wirkt sich bis auf die Zusammenarbeit mit den Lieferanten aus.ü>

Ziel von Category Management ist eine radikale Kundenorientierung. Die Produktauswahl des Unternehmens wird vom Verhalten der eigenen Kunden bestimmt. Dadurch wird im Idealfall eine Anpassung des Angebots an die spezifischen Bedürfnisse der eigenen Kundschaft erreicht.

Starke Kooperationen

Um dies zu erreichen, starteten die Filialen der Medicon-Apotheken im Januar 2010 mit der Einführung des Category Managements. Unterstützung erhielten sie von zwei Kooperationspartnern, dem Hersteller Klosterfrau und GS1 Germany, einem Spezialisten für die Entwicklung und Anwendung offener, branchenübergreifender Standards für den Waren- und Informationsaustausch (s. Kasten). Die Klosterfrau Healthcare Group lieferte eine systematische Datenanalyse der Marktdaten, gab auf dieser Grundlage Handlungsempfehlungen für das Category Management und berücksichtigte Besonderheiten und strategische Ausrichtung der Medicon-Apotheken. "Ein kundenorientiertes und professionelles Warengruppenmanagement ist ein bedeutendes absatzpolitisches Instrument", erklärt Beate Reinemann, Leiterin "Trade Marketing/Category Management" bei Klosterfrau. "Die Abstimmung des Sortiments mit der Nachfrage vor Ort ist ein bedeutender Faktor. Die Einführung von Category Management in den Geschäftsprozess ermöglicht es, die kundenorientierte Ausgestaltung des Warensortiments mit der strategischen Positionierung der Apotheke zu verknüpfen." Die Folge: mehr Kundenzufriedenheit, aber auch eine Profilierungsstrategie für die Apotheke, um sich im Wettbewerb zu differenzieren. "Die für die Apotheke obersten heilberuflichen Ziele werden um ökonomische Erfolge bereichert", so Reinemann. "Und uns als Hersteller hilft das Wissen um Feinheiten und Besonderheiten in alltäglichen Verkaufssituationen in der Apotheke, um Sortimente auf die Bedürfnisse der Kunden abzustimmen."

Was ist GS1 Germany?


GS1 Germany ist keine Unternehmensberatung im eigentlichen Sinne, sondern begleitet die Entwicklung und Anwendung offener, branchenübergreifender, weltweit gültiger Standards. Diese Standards dienen zur Identifikation von Produkten und Betriebsstätten, aber auch zur Prozessgestaltung und Kommunikation zwischen Unternehmen. Mit ihnen können Geschäftsprozesse effizienter und günstiger, aber auch transparenter und kundenorientierter gestaltet werden.

GS1 Germany ist der deutsche Zweig von GS1 Global, die unter anderem die EAN-Codes (heute Globale Artikelidentnummer, GTIN) vergibt.

Veranstaltungshinweis


Am 13. und 14. November 2012 findet im GS1 Germany Knowledge Center, Köln die Konferenz "Der Kunde im Fokus: Category management in der Apotheke" statt.

Weitere Infos unter www.gs1-germany.de in der Rubrik GS1 Academy, Veranstaltungen.

Die Moderation zwischen Hersteller und Apotheken übernahm Bettina Bartz, Branchenmanagerin von GS1 Germany. "Es ist gut, wenn ein Dritter auf die Dinge schaut, sein Know-how und seine Meinung einbringt", sagt Verena Schielein. "So konnten wir auf die Erfahrungen von GS1 Germany bei der Optimierung von Geschäftsprozessen in den unterschiedlichsten Branchen zurückgreifen."

Das betrifft zum Beispiel EDI, den elektronischen Datenaustausch: Damit der Informationsaustausch zwischen Hersteller und Apotheken künftig noch flüssiger und lückenloser läuft, setzen Medicon-Apotheken und Klosterfrau auf dieses moderne Kommunikationsinstrument. Dabei werden Daten über festgelegte Nachrichtenstandards auf elektronischem Wege von einem Partner zum anderen übertragen – mit einem Minimum an menschlichen Eingriffen. Der Aufwand und die Zahl der Fehlerquellen sinken, der Informationsfluss wird vereinfacht. Dies betrifft zum Beispiel das Rechnungswesen, aber auch das Bestandsmanagement: Der Hersteller weiß, welche Stückzahl von einem Produkt die Apotheke verkauft hat und kann entsprechend mit Nachlieferungen reagieren.

Gemeinschaftsaufgabe: Bei der Einführung des Category Managements muss das Team an einem Strang ziehen.

Kunden profitieren

Einzelne Schritte in dem gesamten Prozess waren die detaillierte Ist-Analyse zur Situation in den Apotheken im Frühjahr 2010 sowie der achtstufige Category Management-Geschäftsprozess (siehe Diagramm). "Das ist sozusagen das Rückgrat des gesamten Projektes. Dabei liegt der Fokus auf den einzelnen Warengruppen, aber auch auf den Strategien für die konkrete Umsetzung", berichtet Schielein. "Es ist wichtig, dass man sich dafür Zeit nimmt. Auch in der Apotheke, wo man immer stark ins Tagesgeschäft eingebunden ist – manchmal muss man einen Schritt zurücktreten und evaluieren, wie man die Kundenzufriedenheit langfristig steigert." Die Ergebnisse dieses Prozesses wurden dann im August und September konkret sichtbar: Die Apotheken wurden so umgebaut, dass sie den Maßgaben des Category-Managements gerecht wurden.

Die 8 Schritte des Category Managements

"Wo früher die einzelnen Produkte ihrem Hersteller zugeordnet waren, sind sie nun in Kategorien unterteilt. So gibt es beispielsweise eine Kategorie für gepflegte Beine", so Schielein. "Wenn unsere Kunden also etwas für ihre Fuß- und Beinpflege benötigen, finden sie in diesem Regal die Produkte von allen Herstellern." Die Suche wird verkürzt, der Kunde schneller fündig. Gleichzeitig wird sein Blick auf Angebote gerichtet, die dieser Kategorie verwandt sind: "Neben unserem Sortiment für gepflegte Beine haben wir etwa die Reisestrümpfe positioniert, und hier machen wir darauf aufmerksam, dass wir Venenfachzentrum sind und bei uns Kompressionsstrümpfe angepasst werden", so Verena Schielein. "Zudem haben wir uns auf Produkte aus der Naturheilkunde spezialisiert – diese Artikel finden unsere Kunden nun alle gebündelt unter der Überschrift ‚natürlich‘."

Hell, freundlich, übersichtlich: Die Offizin nach dem Umbau.

Investitionen und Aufwand haben sich gelohnt – das zeigen die Zahlen: Während sich der Umsatz auf dem Gesamtmarkt der deutschen Apotheken im vierten Quartal 2010 in der Freiwahl nur um 1 Prozent steigerte, stieg er nach der Umstrukturierung bei den drei Projektapotheken von Medicon insgesamt um satte 13,9 Prozent. Die einzelnen Häuser verzeichneten zudem einen Kundenzuwachs von bis zu 12,6 Prozent, der Zuwachs bei der Stammkundschaft – in Form von Besitzern einer Kundenkarte – betrug in der Stammapotheke 18,5 Prozent bzw. bis zu 71,9 Prozent in einzelnen Filialen. Verena Schielein: "Natürlich ist all dies mit Arbeit verbunden. Doch das Feedback ist außerordentlich positiv – von unseren Mitarbeitern, aber auch von unseren Kunden, die sich nun viel besser zurechtfinden. Die Umstellung auf Category Management hat sich für uns bezahlt gemacht! Die gesammelten Erfahrungen und das Wissen über die praktische Umsetzung des Category Management Prozesses werden wir auch an weitere Kooperationspartner weitergeben.".


Dr. Markus Bremers, Document 1 GmbH, 47574 Goch



AZ 2012, Nr. 45, S. 4

Das könnte Sie auch interessieren

Damit sich der Kunde besser orientieren kann

Category Management – so geht’s

Oder: Wie viel Management für wie viel Category?

Oh Captain, my Captain!

Was haben Sicht- und Freiwahl mit Emotionen zu tun?

Ich kaufe, ich kaufe nicht

Teil 12: Sortiments- und Dienstleistungspolitik

Grundkurs Apothekenmarketing

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.