Steuer

Maxi-Probleme mit Minijobs

Nicht nur Urlaubs- und Weihnachtsgeld können die Laune verderben

(bü). In der Theorie ist das Thema "Minijobs" schnell abgehandelt: Wer regelmäßig nicht mehr als 400 Euro im Monat verdient, der bleibt von Abzügen weitgehend verschont – wenn der Arbeitgeber komplett mitzieht. Und da beginnt bereits der Facettenreichtum der Regelungen zu den geringfügigen Beschäftigungen, wie diese Beispiele zeigen:

  • Eine durch ihren Ehemann in der gesetzlichen Krankenversicherung familienversicherte Frau arbeitet gegen ein monatliches Entgelt von 300 Euro als Verkäuferin in einer Bäckerei. Die Verkäuferin ist versicherungsfrei, da ihr Arbeitsentgelt 400 Euro nicht übersteigt. Ihr Arbeitgeber zahlt den Pauschalbeitrag zur Kranken- und Rentenversicherung sowie die Pauschalsteuer – insgesamt 30% des Verdienstes.

  • Eine Raumpflegerin erhält einen monatlichen Lohn von 395 Euro. Zusätzlich bekommt sie im August ein vertraglich zugesichertes Urlaubsgeld sowie im Dezember ein Weihnachtsgeld von je 200 Euro. Das Jahresgehalt der Raumpflegerin beträgt insgesamt (12 x 395 + 200 + 200 =) 5140 Euro. Auf den Monat umgerechnet ergibt das 428,33 Euro, so dass das Beschäftigungsverhältnis versicherungspflichtig ist. Die Sozialbeiträge werden jeweils vom tatsächlichen Arbeitsentgelt berechnet, in den Monaten August und Dezember somit von 595 Euro, im Übrigen von 395 Euro. Anzuwenden ist die sogenannte Gleitzonenregelung, die für versicherungspflichtige Arbeitnehmer mit einem regelmäßigen Monatsverdienst bis 800 Euro einen geringeren Beitragsanteil vorsieht. Der Arbeitgeber zahlt seinen üblichen Anteil am Gesamtsozialversicherungsbeitrag, die Raumpflegerin einen geminderten Beitrag, berechnet nach einem fiktiven Arbeitsentgelt, das in einem komplizierten Verfahren ermittelt wird. Das bedeutet für den Arbeitgeber bei einem Monatsverdienst von 395 Euro einen Aufwand in Höhe von 77,32 Euro, für die Raumpflegerin von 41,18 Euro und bei einem Monatsverdienst von 595 Euro von 116,47 Euro beziehungsweise 101,23 Euro.

  • Eine familienversicherte Hausfrau trainiert in einem Verein eine Jugendturngruppe. Ihr werden dafür monatlich 550 Euro überwiesen. Die Trainerin ist versicherungsfrei. Von ihrem Gehalt werden für ihre versicherungsrechtliche Beurteilung 175 Euro monatlich als Aufwandsentschädigung abgezogen (das entspricht der "Übungsleiterpauschale" von 2100 Euro pro Jahr), so dass nur noch 375 Euro ihres Gehaltes berücksichtigt werden und somit die 400-Euro-Marke nicht überschritten wird. Der Arbeitgeber zahlt die üblichen Pauschalbeträge (28% auf die 375 Euro und 2% auf die 375 Euro).

  • Ein Arbeiter verdient bei seinem "Hauptarbeitgeber" monatlich 1800 Euro. Nebenbei hilft er in einem Privathaushalt bei der Gartenarbeit und erhöht damit sein Monatseinkommen um 200 Euro. Die Hauptbeschäftigung als Verkäufer ist versicherungspflichtig. Arbeitgeber und Arbeitnehmer zahlen zu gleichen Teilen den Beitrag zur Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung, in der Krankenversicherung ist der Anteil des Arbeitnehmers um 0,9 Beitragssatzpunkte höher. Die Beschäftigung im Privathaushalt ist dagegen versicherungsfrei, da sie für sich allein betrachtet werden muss und der Verdienst im Monat 400 Euro nicht überschreitet. Die Verdienste aus beiden Beschäftigungen werden nicht zusammengerechnet. Der Arbeitgeber im Privathaushalt führt für seine Gartenhilfe die Pauschbeträge ab (als Besonderheit im Privathaushalt nur je 5% Kranken- und Rentenversicherung plus 2% Pauschalsteuer – insgesamt 12%). 20% seiner gesamten Ausgaben kann er von seiner Steuerschuld abziehen, maximal 510 Euro im Jahr.

  • Ein Kassierer arbeitet seit Jahren in einem Kaufhaus und verdient 900 Euro im Monat. Am 1. Oktober 2012 nimmt er zusätzlich eine Beschäftigung als Kellner in seiner Stammkneipe auf. Monatlich erhält er dafür 210 Euro. Weitere zwei Monate später entschließt er sich, ein weiteres Jobangebot anzunehmen: Für die Hilfe im Büro eines Handwerksbetriebes werden ihm monatlich 190 Euro überwiesen. Die (Haupt-)Beschäftigung als Kassierer ist versicherungspflichtig. Zu allen Sozialversicherungszweigen müssen hierfür volle Beiträge gezahlt werden. Bei den beiden "jüngeren" Arbeitsverhältnissen handelt es sich jeweils um geringfügig entlohnte Beschäftigungen. Die Tätigkeit als Kellner wird nicht mit der Hauptbeschäftigung zusammengerechnet, da dieser Minijob eher als der andere ("zeitlich zuerst") aufgenommen wurde. Sie bleibt versicherungsfrei, weil der Verdienst 400 Euro monatlich nicht überschreitet. Der Job im Handwerksbetrieb muss allerdings mit der Hauptbeschäftigung zusammengerechnet werden. Es werden somit auch Beiträge zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung fällig. In der Arbeitslosenversicherung ist dieser Minijob allerdings versicherungsfrei, weil es dort keine Zusammenrechnung von Beschäftigungen gibt und das Arbeitsentgelt nicht die Grenze von 400 Euro überschreitet. Der Kneipenbesitzer zahlt Pauschalbeiträge in Höhe von 28% und 2% Pauschalsteuer.

  • Ein Kraftfahrer ist bei einer Spedition gegen ein monatliches Arbeitsentgelt von 2300 Euro beschäftigt. Am 1. Oktober 2012 nimmt er erstmals im Kalenderjahr 2012 zusätzlich eine Beschäftigung als Kellner auf, die bis zum 30. November 2012 befristet ist. Dort verdient er pro Monat 500 Euro. Die Hauptbeschäftigung des Kraftfahrers ist versicherungspflichtig – somit sind volle Sozialversicherungsbeiträge zu zahlen. Das Arbeitsverhältnis als Kellner bleibt hingegen versicherungsfrei, weil es von vornherein auf nicht mehr als zwei Monate befristet ist. Die Höhe des Verdienstes ist dabei unerheblich.

  • Eine Verkäuferin nimmt am 15. November 2012 eine bis zum 15. Februar 2013 befristete Beschäftigung auf. Sie verdient monatlich 1500 Euro. Die Verkäuferin ist versicherungspflichtig – mit der Folge, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer jeweils zur Hälfte die Beiträge zur Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung aufzubringen haben, in der Krankenversicherung ist der Anteil der Verkäuferin 0,9 Beitragssatzpunkte höher als der des Arbeitgebers. Die Beschäftigung ist auf mehr als zwei Monate befristet und deshalb nicht kurzfristig – was Versicherungsfreiheit bedeutet hätte. Dass die Beschäftigungszeiten in den zwei Kalenderjahren jeweils zwei Monate nicht überschreiten, spielt keine Rolle.

Grundsätzliche Anmerkung: Es ist zwar nicht die Regel – doch die Arbeitgeber von Minijobbern haben das Recht, die zweiprozentige Pauschalsteuer auf ihre Beschäftigten "abzuwälzen". Die Sozialversicherungs-Pauschalen aber verbleiben endgültig bei den Arbeitgebern.



AZ 2012, Nr. 46, S. 4

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