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Die Sicherheit von Nanomaterialien in der Diskussion
Die Diskussion über die Sicherheit von Nanomaterialien wird seit einigen Jahren immer intensiver geführt und obwohl aus heutiger Sicht die auf dem Markt befindlichen Nanomaterialien keine gesundheitliche Gefährdung darstellen (Zitat: "Bisher gibt es keine wissenschaftlichen Beweise dahingehend, dass Nanomaterialien – wie sie heute hergestellt und verwendet werden – zu Schädigungen von Umwelt und Gesundheit führen." aus: "Vorsorgestrategien für Nanomaterialien", Sondergutachten des Sachverständigenrates für Umweltfragen, Juni 2011, S. 3) wird die Nanotechnologie weiterhin mit großer Aufmerksamkeit durch Medien und Teile der Gesellschaft bedacht. Dabei wird dieser Technologie durchaus ein großer potenzieller Nutzen zugesprochen, beispielsweise sind Sonnenschutzmittel mit hohen Sonnenschutzfaktoren nur mithilfe von Titandioxid-Nanopartikeln zu realisieren.
Nanotechnologie beschäftigt sich unter anderem mit der Analyse, Strukturherstellung oder auch der Manipulation auf Nanometerebene, das heißt in der Größenordnung eines milliardstel Meters. Unter Sicherheitsaspekten, vor allem in gesundheitlicher Hinsicht, sind aber meist Nanoobjekte im Gespräch, deren Dimensionen nach der aktuellen Definition der EU zwischen 1 und 100 nm liegen. Wenn Mikroprozessoren in Computern Transistoren enthalten, die bereits kleiner als 22 nm sein können, so ist dies eine technologische Meisterleistung, aber niemand wird dies als "gesundheitliche Gefährdung" sehen. Anders verhält sich die Beurteilung freier, ungebundener Nanoobjekte, wie in der bereits erwähnten Sonnencreme. Verschiedene gesellschaftliche Gruppen und Stakeholder sehen in der schieren Kleinheit der Nanoobjekte bereits eine potenzielle Gefahr, die durch Aufnahme in den Körper und eine dort ausgelöste biologische Wirkung hervorgerufen werden könnte. Auch die steigende Zahl der Publikationen bringt keine Klarheit ins Bild, da die Resultate nicht einheitlich sind und keine generelle Aussage zu Nanoobjekten zulassen.
Nanopartikel, Nanoobjekte und NanomaterialienIn der allgemeinen Berichterstattung über "Nano" werden heute einige Begriffe verwendet, die zum Teil schon durch DIN/ISO-Normen festgelegt sind, teils aber auch noch nicht eindeutig definiert wurden. Deshalb sei hier der derzeitige Stand der Normung skizziert und die Verwendung der noch nicht genormten Begriffe, wie sie in diesem Artikel verwendet werden, aufgeführt. Nanoskalig bedeutet, dass etwas eine Länge von 1 bis ca. 100 nm aufweist, dies kann in einer, zwei oder drei Dimensionen der Fall sein. Nanoobjekte ist der Oberbegriff für kleine Partikel, die in mindestens einer Dimension nanoskalig sind. Als Nanopartikel bezeichnet man dabei ein Stück Materie, das in allen drei Dimensionen nanoskalig ist, Nanofasern und -röhren sind in zwei Dimensionen nanoskalig, während die dritte (die Länge der Faser) größer ist. Nanoplättchen schließen die Riege der Begriffsdefinitionen ab, sie sind in einer Dimension nanoskalig (die Dicke) die beiden anderen Dimensionen sind größer als nanoskalig. Der Begriff Nanomaterialien ist derzeit noch nicht durch eine ISO-Norm verbindlich definiert; in diesem Artikel werden damit alle Materialien gemeint, die zumindest anteilig aus Nanoobjekten bestehen. |
Gesicherte Fakten zu Nanomaterialien
Der Bedarf an belastbaren Fakten zur Wirkung von Nanoobjekten auf die Umwelt als auch Tier und Mensch ist groß. Daher wurde eine Website etabliert (siehe Abb. 1), die für interessierte Laien und fachfremde Wissenschaftler gedacht ist und über den aktuellen Stand der Wissenschaft und Anwendungen, in denen Nanoobjekte heute schon eingesetzt werden, informiert. Mit einer Datensammlung zu den Materialeigenschaften, human- und ökotoxikologischen Fakten von Nanomaterialien werden die aktuellen Erkenntnisse präsentiert und in einer Anwendungsmatrix den bekannten Anwendungen zugeordnet.
Ein entscheidender Unterschied zu vielen anderen Datensammlungen im Internet ist die stringente Verifikation der ausgewerteten Literatur. Das DaNa-Team prüft die Literatur, die für die Webseite verwertet werden soll, auf wissenschaftliche Qualität mittels eines Literatur-Kriterienkatalogs (zu finden auf der Website, siehe Abb. 1 unten links). Grundlegende Anforderungen an die wissenschaftliche Qualität von Publikationen, wie die zweifelsfreie Charakterisierung der verwendeten Nanomaterialien, aber auch das Arbeiten in toxikologisch sinnvollen Konzentrationsbereichen, werden abgefragt und nur bei bestandener Überprüfung wird ein so verifizierter Artikel in die Wissensbasis von DaNa integriert. Bei einer Reihe von Veröffentlichungen werden solche Kriterien und damit die Paracelsus’sche Direktive "Dosis sola venenum facit" (Allein die Dosis macht das Gift) leider missachtet. Diese Veröffentlichungen tragen aber erheblich zur Verunsicherung der Bevölkerung bei; auf ihnen basieren üblicherweise die (Sekundär)-Veröffentlichungen, die als "Katastrophenmeldungen" in der "Yellow Press" auftauchen. Um die Literaturprüfungen transparent zu belegen, steht dieser DaNa-Kriterienkatalog auf den Seiten des Projekts im Internet zum Download als pdf zur Verfügung.
InformationsangebotDas DaNa-Projektteam widmet sich neben der Schwerpunktarbeit für die Webseiten des Projekts auch der aktiven Verbreitung von Informationen zu Nanomaterialien für Jedermann. Dazu ist ein Informationsflyer aufgelegt worden, mit dem für die Website geworben wird. Auf der Seite www.nanopartikel.info finden Sie zum Herunterladen Broschüren, die Informationen zu einem der meistverwendeten Nanomaterialien Titandioxid vermitteln. Für die kommenden Jahre ist eine Neuauflage dieser Broschüre vorgesehen, in der dann auch weitere Nanomaterialien beschrieben werden und die schon veröffentlichten Daten aktualisiert werden. Mit Vorträgen, Postern bei Fachtagungen und Teilnahmen an Dialogveranstaltungen bietet das DaNa-Team weitere Wege an, auf die aktuellen Informationen aus dem Projekt zuzugreifen. Radiointerviews und Zeitungsartikel sollen zudem über die Arbeit des Teams informieren und klar machen, dass es durchaus gesichertes Material zur Toxikologie von Nanomaterialien gibt, obwohl weiterhin Forschung auf diesem Gebiet notwendig ist. Das DaNa-Team freut sich auf Ihren Besuch auf der Website www.nanopartikel.info und natürlich auch über Ihre Rückmeldung zu den angebotenen Informationen. |
Nanomaterialien – frei verfügbar?
Auf den Seiten des DaNa-Projekts werden die Eigenschaften von zurzeit 23 Materialien erläutert, die heute auch nanoskalig eingesetzt werden. Das heißt jedoch nicht, dass diese Materialien den Verbraucher auch nanoskalig erreichen, denn in vielen Fällen liegen zwischen Produktion und Verkauf eines Produktes Verarbeitungsschritte, in denen die Nanomaterialien z. B. in Komposite eingebettet werden (Beispiel: Carbon Black oder Industrieruß im Gummi der Autoreifen). Jedoch ist prinzipiell eine Freisetzung z. B. durch Abrieb möglich, daher muss eine mögliche Gefährdung ausgeschlossen werden, was durch entsprechende Untersuchungen nachzuweisen ist.
Die Wissensbasis des DaNa-Projektes gibt dafür in einer dreispaltigen Matrix dem Anwender ein Werkzeug an die Hand, entweder über den Materialaspekt ("Ist Titandioxid gefährlich?") oder für eine bestimmte Anwendung ("Setze ich mich mit ‚Nano-Sonnenmilch‘ einem Risiko aus?") herauszufinden, ob es nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft Risiken gibt. Dabei kann der Besucher der Website www.nanopartikel.info auch erfahren, dass unterschiedliche Unterarten des besagten Nano-Titandioxids nicht nur in Sonnencremes, sondern auch in Solarzellen vorhanden sein können.
Verifizierte Daten zur Toxizität
In den Rubriken Exposition – Aufnahme – Verhalten werden die einzelnen Aspekte der jeweiligen Nanomaterialien erläutert. Eine weitere Besonderheit der DaNa-Wissensbasis besteht darin, dass die Informationen dreistufig in wachsendem Detaillierungsgrad angeboten werden. Die erste Stufe ist für den flüchtig vorbeischauenden Benutzer gedacht, der auf diese Weise eine Kurzinformation erhält. Interessiert sich der Besucher für detailliertere Informationen, so kann er durch Anwahl des >>hier...-Links weitere Kurzinformationen abfragen. Noch detaillierter wird es, wenn dann jeweils der Link >>mehr angeklickt wird. Falls auch das nicht genügen sollte – was eventuell schon für fachfremde Experten zutrifft – dann wird auf die Originalliteratur verwiesen. Diese ist nach den oben beschriebenen Qualitätskriterien ausgewählt worden, so dass auch auf dieser Stufe der Qualitätsanspruch des Projektes erhalten bleibt.
Aktuelle Nanotechnologie-Projekte zur Risikoforschung
Neben der Information zu den unterschiedlichsten Nanomaterialien wollen die Projektpartner auf ihren Internetseiten auch über andere Aktivitäten und Projekte berichten. So fördert das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) derzeit weitere 19 Projekte in den BMBF-Fördermaßnahmen "NanoCare" und "NanoNature". Das Projekt DaNa übernimmt dabei als Begleitmaßnahme die Präsentation dieser Projekte und unterstützt sie bei der Ergebnisverwertung (siehe unter www.nanopartikel.info/cms/Projekte).
Die Partner in diesen Projekten arbeiten im NanoCare-Förderprogramm an Forschungsarbeiten zur Humantoxikologie von Nanomaterialien während die NanoNature-Projektbeteiligten Fragestellungen zu "Nano und Umwelt" untersuchen. In diesem zweiten Schwerpunkt NanoNature werden sowohl die Aspekte der Nutzung von Nanomaterialien für z. B. die Beseitigung von Umweltverschmutzungen in Boden, Wasser und Luft untersucht, aber auch die möglichen Nebenwirkungen von Nanomaterialien in der Umwelt auf Lebewesen im Wasser und Boden sind Thema dieser Projekte (siehe Abb. 2).
Zusätzlich werden vom DaNa-Team aber auch weitere Projekte mit vergleichbaren Schwerpunkten erfasst, die nicht von deutschen Förderprogrammen unterstützt werden, sondern z. B. im 7. Forschungsrahmenprogramm der EU gefördert werden.
Verfasser
Christoph Steinbach und Björn Mathes
DECHEMA e.V., Frankfurt
Harald F. Krug und Peter Wick
Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt Empa, St. Gallen, Schweiz
Dana Kühnel
Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung GmbH (UFZ), Leipzig
Katja Nau
Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Karlsruhe
Korrespondenzanschrift:
Christoph Steinbach
DECHEMA Gesellschaft für Chemische Technik
und Biotechnologie e.V.
Theodor-Heuss-Allee 25
60486 Frankfurt am Main
DanksagungDie Autoren bedanken sich beim Bundesministerium für Bildung und Forschung für die finanzielle Unterstützung in den Projekten NanoCare (FKZ 03X0021) und DaNa (FKZ 03X0075). H. F. Krug und P. Wick bedanken sich bei der Europäischen Union für die Unterstützung des Projektes Nanommune (FKZ 214281) sowie bei dem Förderprogramm CCMX und den Schweizer Bundesämtern für Umwelt und Gesundheit für die Unterstützung des Projektes VIGO. |
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