Arzneimittel und Therapie

Gelatinase-Inhibitor im Tiermodell erfolgreich

Ausbreitung von Blutungen im Gehirn verhindert

Durch einen Schlaganfall (Apoplex) kommt es zu einer plötzlichen Minderversorgung des Gehirns mit Blut, Gehirnzellen werden nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt. Bei einem ischämischen Schlaganfall sind die Blutgefäße durch Arteriosklerose oder ein verschlepptes Blutgerinnsel verstopft, der hämorrhagische Apoplex wird durch eine Gehirnblutung verursacht. Im Mausmodell zeigten US-Wissenschaftler die Therapieoption mit einem neuen Wirkstoff auf, der die Ausbreitung der Blutungen im Gehirn verhindert.
Nach einem Schlaganfall kann es durch einen enzymatisch gesteuerten Gewebeumbau zu Schädigungen der Hirnzellen kommen. Eine Kombination von Lysetherapie und der Gabe eines Gelatinase-Hemmers könnte Prognose und Lebensqualität von Schlaganfall-Patienten künftig deutlich verbessern. Foto: prs/Degemed

In Deutschland erleiden etwa 200.000 Menschen pro Jahr einen Schlaganfall. Weltweit ist der Apoplex die zweithäufigste Todesursache. Das Durchschnittsalter bei Männern liegt bei 70 Jahren, bei Frauen bei 75 Jahren. Doch etwa 10% aller Schlaganfälle treten bei unter 40-Jährigen auf, und auch Neugeborene und Kinder kann die Erkrankung treffen. Jeder Schlaganfall ist ein akuter Notfall, und bei etwa jedem zehnten Betroffenen endet er tödlich.

Bei einem ischämischen Apoplex kommt es zu einem Sauerstoffmangel durch eine plötzlich unterbrochene Gehirndurchblutung (Ischämie), aber auch eine Blutung (Hämorrhagie) im Gehirn kann die Ursache für einen Apoplex (hämorrhagischen Schlaganfall) sein. In beiden Fällen werden die Nervenzellen im betroffenen Gebiet geschädigt und sterben ab.

Neurologische Auffälligkeiten deutlich geringer

Metalloproteine spielen eine bedeutende Rolle sowohl in zahlreichen physiologischen, aber auch pathologischen Prozessen und können somit eine mögliche Zielstruktur für eine therapeutische Intervention mit Arzneimitteln darstellen. Hierzu gehören verschiedene Gruppen von Matrix-Metalloproteinasen (MMP), darunter auch die Gelatinasen (MMP-9-Enzyme). In höheren Lebewesen sind sie außerhalb von Zellen in der extrazellulären Matrix lokalisiert, die sie im Rahmen des Gewebeumbaus (Remodeling) nach Aktivierung abbauen können. Durch eine zerebrale Ischämie, entweder primär durch ein ischämisches Geschehen oder sekundär nach einer Blutung, werden diese Enzyme aktiviert, die die Blut-Hirn-Schranke zerstören und die Degeneration der Hirnzellen einleiten. In einer aktuellen US-Studie wurde daher versucht, die Gelatinasen mit dem Ziel zu blockieren, den nach einem Schlaganfall enzymatisch gesteuerten Gewebeumbau zu verhindern.

Als MMP-Inhibitor wurde SB-3CT verwendet, ein hochselektiver Gelatinase-Hemmer, der auch in der Tumortherapie getestet wird. Im Mausmodell wurden die Hirngefäße der Tiere zunächst mit einem Fibrin-reichen Gerinnsel verengt, um möglichst realitätsnahe Bedingungen für pathophysiologische Veränderungen vor einem Schlaganfall zu erhalten. Nach einer mikroskopischen Untersuchung des Hirngewebes erhielt ein Teil der Tiere den Gelatinase-Inhibitor. Bei dieser Gruppe wurden anschließend deutlich weniger Schädigungen der Hirnzellen nachgewiesen. Auch zeigten sich in dieser Gruppe signifikant weniger neurologische Auffälligkeiten.

Nach Ansicht der Autoren könnte eine Therapie mit einem Gelatinase-Hemmer wie SB-3CT in Verbindung mit einer Thrombolyse künftig dazu beitragen, Prognose und Lebensqualität von Schlaganfall-Patienten deutlich zu verbessern.


Quelle

Cui, J.; et al.: Inhibition of MMP-9 by a selective gelatinase inhibitor protects neurovasculature from embolic focal cerebral ischemia. Molecular Neurodegeneration 2012, 7:21 doi:10.1186/1750-1326-7-21 vom 15. Mai 2012.


Dr. Hans-Peter Hanssen



DAZ 2012, Nr. 25, S. 45

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