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Gefahrstoffe
TRGS 201
Neues aus dem Gefahrstoffrecht
Die TRGS 201 ist für alle Stoffe und Gemische gültig, die in der EU-Chemikalienverordnung REACH (Registration, Evaluation, Authorisation and Restriction of Chemicals [2]) bewertet und eingestuft sind. Sie regelt den Schutz der Arbeitnehmer bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen und bezieht sich dabei auf die Gefahrstoffverordnung (GefStoffV [3]).
Einstufung und Kennzeichnung von Gefahrstoffen
Grundlagen für die Einstufung und Kennzeichnung von Gefahrstoffen sind
das Global Harmonisierte System (GHS), das mit der CLP-Verordnung (Regulation on Classification, Labelling and Packaging of Substances and Mixtures [4]) in der EU eingeführt wurde, und
die Sicherheitsdatenblätter der Lieferanten.
Die TRGS 201 nimmt Bezug auf die Stoffliste in der CLP-Verordnung (Anhang VI, Tab. 3.1). Bei ortsbeweglichen Behältern mit Gefahrstoffen unterscheidet sie zwischen vollständiger und vereinfachter Kennzeichnung, die jeweils von der Gefährdungsbeurteilung abhängt [5]:
Eine vollständige Kennzeichnung ist notwendig, wenn sich aus der Gefährdungsbeurteilung eine beachtliche Gefährdung für die Mitarbeiter ergibt.
Die vereinfachte Kennzeichnung darf verwendet werden, wenn aufgrund der Gefährdungsbeurteilung von einer geringen Gefährdung für die Mitarbeiter ausgegangen werden kann.
Vollständige Kennzeichnung
Eine vollständige Kennzeichnung enthält
den Stoffnamen,
den Handelsnamen oder die Handelsbezeichnung (bei Gemischen),
die Identität bestimmter Inhaltsstoffe (bei Gemischen),
Gefahrenpiktogramme (Tab. 1),
ein Signalwort (Gefahr oder Achtung),
Gefahren- und Sicherheitshinweise (H- und P-Sätze; Tab. 2) sowie
ergänzende Gefahrenhinweise (EUH-Sätze), falls vorgeschrieben.
Tab. 2: H-Sätze oder Gefahrenhinweise gemäß CLP-Verordnung, Anhang III (Auswahl, teilweise gekürzt; aus [9]) | |
Gesundheitsgefahren | |
H300 |
Lebensgefahr bei Verschlucken |
H301 |
Giftig bei Verschlucken |
H302 |
Gesundheitsschädlich bei Verschlucken |
H304 |
Kann bei Verschlucken oder Eindringen in die Atemwege tödlich sein |
H310 |
Lebensgefahr bei Hautkontakt |
H311 |
Giftig bei Hautkontakt |
H312 |
Gesundheitsschädlich bei Hautkontakt |
H314 |
Verursacht schwere Verätzungen der Haut und schwere Augenschäden |
H315 |
Verursacht Hautreizungen |
H317 |
Kann allergische Hautreaktionen verursachen |
H318 |
Verursacht schwere Augenschäden |
H319 |
Verursacht schwere Augenreizung |
H330 |
Lebensgefahr bei Einatmen |
H331 |
Giftig bei Einatmen |
H332 |
Gesundheitsschädlich bei Einatmen |
H334 |
Kann bei Einatmen Allergie, asthmaartige Symptome oder Atembeschwerden verursachen |
H335 |
Kann die Atemwege reizen |
H336 |
Kann Schläfrigkeit und Benommenheit verursachen |
H340 |
Kann genetische Defekte verursachen […] |
H341 |
Kann vermutlich genetische Defekte verursachen […] |
H350 |
Kann Krebs erzeugen […] |
H351 |
Kann vermutlich Krebs erzeugen […] |
H360 |
Kann die Fruchtbarkeit beeinträchtigen oder das Kind im Mutterleib schädigen […] |
H361 |
Kann vermutlich die Fruchtbarkeit beeinträchtigen oder das Kind im Mutterleib schädigen […] |
H370 |
Schädigt die Organe […] |
H371 |
Kann die Organe schädigen […] |
H372 |
Schädigt die Organe […] bei längerer oder wiederholter Exposition […] |
H373 |
Kann die Organe schädigen […] bei längerer oder wiederholter Exposition […] |
Umweltgefahren | |
H400 |
Sehr giftig für Wasserorganismen |
H410 |
Sehr giftig für Wasserorganismen mit langfristiger Wirkung |
H411 |
Giftig für Wasserorganismen, mit langfristiger Wirkung |
H412 |
Schädlich für Wasserorganismen, mit langfristiger Wirkung |
H413 |
Kann für Wasserorganismen schädlich sein, mit langfristiger Wirkung |
H420 |
Schädigt die öffentliche Gesundheit und die Umwelt durch Ozonabbau in der äußeren Atmosphäre |
Vereinfachte Kennzeichnung
Bei der vereinfachten Kennzeichnung sind die Bezeichnung des Stoffes oder Gemisches und die Gefahrenpiktogramme bzw. Gefahrensymbole und -bezeichnungen nach der Richtlinie 67/548/EWG (für Stoffe) bzw. Richtlinie 1999/45/EG (für Gemische) anzugeben. Falls die Aussagekraft der Piktogramme nicht eindeutig ist, sind die Codes der H-Sätze oder die Gefahrenklassen hinzuzufügen.
In der CLP-Verordnung sind den 28 Gefahrenklassen neun unterschiedliche Piktogramme mit der Kodierung GHS01 bis GHS09 zugeordnet. Die eindeutige Zuordnung eines Stoffes in die entsprechende Gefahrenklasse ist nur am H-Satz erkennbar (Abb. 1). Deshalb ist es sinnvoll, bei der Kennzeichnung grundsätzlich die Codes der H-Sätze anzugeben. Dies gilt auch für die EUH-Sätze.
Zur schnellen Information bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen ist es in der Apothekenpraxis durchaus üblich, auch das Signalwort und den Wortlaut der H-Sätze und EUH-Sätze anzugeben. Zudem empfiehlt die Bundesapothekerkammer, bei der Kennzeichnung ein von ihr entwickeltes Farbkonzept anzuwenden (Abb. 2) [6, 7].
Bei sehr kleinen Gefäßen, z. B. Ampullen, Probennahmeröhrchen, Vials für die Analytik, reicht die Angabe des Stoffnamens oder einer betriebsinternen Probenbezeichnung aus.
Die vereinfachte Kennzeichnung setzt voraus, dass entsprechende Gefährdungsbeurteilungen, Betriebsanweisungen und Sicherheitsdatenblätter vorhanden sind und dass die Mitarbeiter regelmäßig unterwiesen werden. Die Sicherheitsdatenblätter können in elektronischer Form vorhanden sein.
Reduzierung der Anzahl der Piktogramme
Werden bei der Gefährdungsbeurteilung mehr als eine Hauptgefahr je Art der Gefahr (physikalisch-chemische Gefahren, Gesundheits- oder Umweltgefahren) ermittelt, müssen nicht alle Gefahrenpiktogramme auf dem Etikett angegeben werden. Die Piktogramme können dann gemäß folgender Reihenfolge reduziert werden:
Physikalisch-chemische Gefahren: GHS01 > GHS02 > GHS03 > GHS04;
Gesundheitsgefahren: GHS06 und/oder GHS05* > GHS08** > GHS07;
Umweltgefahren: GHS09 > GHS07.
Beispielsweise erhält ein Stoff statt folgender Piktogramme
explodierende Bombe (GHS01) und Flamme (GHS02),
Totenkopf mit gekreuzten Knochen (GHS06) und Ausrufezeichen (GHS07) sowie
Umwelt (GHS09)
nur die Piktogramme
explodierende Bombe (GHS01),
Totenkopf mit gekreuzten Knochen (GHS06) und
Umwelt (GHS09).
* Bei einer Einstufung in die Gefahrenkategorien "Acute Tox. 1 – 3" und "Skin Corr. 1" sind ggf. beide Piktogramme erforderlich (Beispiel: Flusssäure). ** Bei der Einstufung als "Resp. Sens. 1, H334 (Sensibilisierung der Atemwege) darf das Piktogramm GHS08 nicht entfallen.
Kennzeichnung und Einstufung von Gemischen
Die Stoffliste in der CLP-Verordnung enthält bis auf wenige Ausnahmen (z. B. Wasserstoffperoxid, Salzsäure) keine Angaben für die Einstufung von Verdünnungen der Gefahrstoffe. Allgemeine Kriterien für deren Einstufung finden sich in Anhang I, Teil 2 bis 4 der CLP-Verordnung und wurden in der Anlage 1 der TRGS 201 umgesetzt. Die Angaben mit Hinweisen zur Einstufung und Kennzeichnung sind in der Tabelle 3 zusammengefasst.
Tab. 3: Kennzeichnung von Standgefäßen (ortsbeweglichen Behältern) für Gemische, die Gefahrstoffe enthalten, gemäß Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 und TRGS 201, Anlage 1 | |||
Gefahrenklasse |
Gefahrenklasse (engl.) und ‑kategorie, H-Satz-Code |
Konzentration des Gefahrstoffs im Gemisch |
Vereinfachte Kennzeichnung mit Piktogramm, Signalwort* und H-Satz-Code |
Physikalische Gefahrenklassen1 |
alle |
– |
Entsprechend dem gefährlichsten enthaltenen Stoff |
Akute Toxizität2
|
Acute Tox. 1,2,3 |
≥ 1% w/w oder V/V |
GHS06, Gefahr, H300 und/oder H310 und/oder H330
H301 und/oder H311 und/oder H331
|
Acute Tox. 4 |
GHS07, Achtung, H302 und/oder H312 und/oder H332 |
||
Hautätzende Wirkung |
Skin Corr. 1, H314 |
≥ 5%
pH-Wert ≤ 2 oder ≥ 11,5
|
GHS05, Gefahr, H314 |
Hautreizend |
Skin Corr. 1, H314 |
≥ 1% bis < 5% |
GHS07, Achtung, H315 |
Skin Irrit. 2, H315 |
≥ 10% |
||
Schwere Augenschädigung |
Skin Corr. 1, H314 |
≥ 3% |
GHS05, Gefahr, H318 |
Eye Dam. 1, H318 |
≥ 3% |
||
Augenreizend |
Skin Corr. 1, H314 |
≥ 1% bis < 3% |
GHS07, Achtung, H319 |
Eye Irrit. 2, H319 |
≥ 10% |
||
Sensibilisierung der Atemwege und der Haut |
Resp. Sens. 1, H334 |
≥ 1% (flüssig und fest) |
GHS08, Gefahr, H334 |
≥ 0,2% (gasförmig) | |||
Skin Sens. 1, H317 |
≥ 1% |
GHS07, Achtung, H317 |
|
Keimzellmutagenität |
Muta. 1A, 1B, H340 |
≥ 0,1% |
GHS08, Gefahr, H340 |
Muta. 2, H341 |
≥ 1% |
GHS08, Achtung, H341 |
|
Karzinogene Wirkung |
Carc. 1A, 1B, H350 |
≥ 0,1% |
GHS08, Gefahr, H350 |
Carc. 2, H351 |
≥ 1% |
GHS08, Achtung, H351 |
|
Reproduktionstoxische Wirkung |
Repr. 1A, 1B, H360 |
≥ 0,1% |
GHS08, Gefahr, H360 |
Repr. 2, H361 |
≥ 1% |
GHS08, Achtung, H361 |
|
Spezifische Zielorgantoxizität bei einmaliger Exposition |
STOT SE 1, H370 |
≥ 10% |
GHS08, Gefahr, H370 |
STOT SE 2, H371 | |||
STOT SE 1, H370 |
> 1% < 10% |
GHS08, Achtung, H371 |
|
STOT SE 2, H371 |
≥ 10% |
||
Spezifische Zielorgantoxizität bei wiederholter Exposition |
STOT RE 1, H372 |
≥ 10% |
GHS08, Gefahr, H372 |
STOT RE 1, H372 |
> 1% < 10% |
GHS08, Achtung, H373 |
|
STOT RE 2, H373 |
≥ 10% |
||
Aspirationsgefahr |
Asp. Tox. 1, H304 |
≥ 10% |
GHS08, Gefahr, H304 |
Akut wassergefährdend3
|
Aquatic Acute 1, H400 |
≥ 0,1% w/w |
GHS09, Achtung, H400 |
Chronisch wassergefährdend |
Aquatic Chronic 1, H410 |
≥ 0,1% w/w |
GHS09, Achtung, H410 |
Aquatic Chronic 2, H411 |
≥ 1% w/w |
GHS09, H411 |
|
Aquatic Chronic 3, H412 |
H412 |
||
Aquatic Chronic 4, H413 |
H413 |
||
Ozonschicht-schädigend4
|
Ozone, H420 |
≥ 0,1% |
GHS07, Achtung, H420 |
* keine Pflichtangabe 1 siehe auch Verordnung (EG) Nr. 1272/2008, Anhang I, 2 und TRGS201 2 siehe auch Verordnung (EG) Nr. 1272/2008, Anhang I, 3.1.3 3 siehe auch Verordnung (EG) Nr. 1272/2008, Anhang I, 4 4 siehe auch Verordnung (EU) Nr. 286/2011, E
Zwei Beispiele zur Kennzeichnung von Standgefäßen zeigt die Abbildung 3.
Übliche Größe der Gefäße bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen
Die TRGS 526 [8] gibt Auskunft über die labortypischen Größen von Standgefäßen für Gefahrstoffe. Sie ist maßgeblich, weil hier noch keine Anpassung an die CLP-Verordnung erfolgt ist. Labortypisch sind nach TRGS 526
bei Flüssigkeiten maximal 2,5 Liter und
bei Feststoffen maximal 1 kg.
Die Höchstmengen für sehr giftige bzw. giftige Gefahrstoffe sind
bei Flüssigkeiten 0,1 Liter bzw. 0,5 Liter und
bei Feststoffen 0,1 kg bzw. 0,5 kg.
Das entspricht in der CLP-Verordnung in etwa (jeweils abhängig von der LD50)
GHS06, H300 und/oder H310 und/oder H330 bzw.
GHS06, H301 und/oder H311 und/oder H331,
GHS08, H370 und/oder H372.
Für CMR-Substanzen sind als labortypische Handgebrauchsmengen 0,5 Liter bzw. 0,5 kg angegeben. Gemäß CLP-Verordnung:
GHS08, H340 und/oder H350 und/oder H360.
Zusammenfassung
Die TRGS 201 ermöglicht die vereinfachte Kennzeichnung von Standgefäßen und Reagenzien in Apotheken, Laboratorien und wissenschaftlichen Instituten. Vorgeschrieben sind Piktogramm und ggf. H-Satz-Code. Es ist sinnvoll, das Signalwort sowie grundsätzlich die H-Satz- und EUH-Satz-Codes anzugeben. Die Voraussetzung für die vereinfachte Kennzeichnung ist, dass die vorausgegangene Gefährdungsbeurteilung eine geringe Gefährdung ergeben hat. Alle Mitarbeiter müssen ausreichend über die Gefahren informiert sein. Die Gefährdungsbeurteilungen, Betriebsanweisungen und Sicherheitsdatenblätter müssen aktuell und griffbereit sein. Die jährliche Unterweisung muss erfolgt sein (GefStoffV § 6, § 8, § 14).
Quellen [1] Gemeinsames Ministerialblatt v. 24.11.2011, S. 855. [2] Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 vom 18. Dezember 2006. [3] Verordnung zum Schutz vor Gefahrstoffen vom 26. November 2010 (BGBl. I S. 1643), § 2 Abs. 4, § 6 Abs. 3 und § 8 Abs. 2 [4] Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 vom 16. Dezember 2008. [5] TRGS 400. GMBl. v. 31.1.2011, S. 19-32. [6] www.abda.de/1136.html. [7] Emsbach MR. GHS-Poster für den Arbeitsschutz in Apotheken. Dtsch Apoth Ztg 2011;151:1854-1856. [8] GMBl. v. 02.04.2008, S. 295-314. [9] Hörath H, Schulz A (Bearb.). Hörath Gefahrstoff-Verzeichnis. 8. Aufl. Stuttgart 2012.
Autorin
PhR Dr. Angela Schulz, Wolframstr. 80c, 12105 Berlin
Literaturtipp
Helmut Hörath, Angela Schulz (Bearb.)
Hörath Gefahrstoff-Verzeichnis
Gesetzlich vorgeschrieben gemäß § 6 GefStoffV
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