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Fragen aus der Praxis
Clopidogrel plus PPI
H2-Antagonisten anstelle von Pantoprazol?
FrageZwischen Clopidogrel und Protonenpumpeninhibitoren bestehen bekannte Wechselwirkungen. Wir empfehlen anstelle von Pantoprazol Famotidin. Leider zeigt Famotidin 40 mg viel zu wenig Wirkung. Welche Alternativen bleiben |
Antwort gibtDr. Ulrike König, |
Das Wechselwirkungspotenzial von Clopidogrel ergibt sich bekanntermaßen aus der Tatsache, dass Clopidogrel als Prodrug zunächst aktiviert werden muss. An der Umwandlung zum aktiven Metaboliten (einem Thiolderivat von Clopidogrel) sind grundsätzlich verschiedene CYP450-Enzyme beteiligt (CYP3A4, CYP2C19, CYP1A2 und CYP2B6). Eine Schlüsselfunktion in der mehrstufigen Aktivierung kommt dabei jedoch dem CYP2C19 zu. Dies kommt auch darin zum Ausdruck, dass die Wirkung bei den sogenannten "schlechten Metabolisierern" für CYP2C19 vermindert ist. Insofern ist es aus theoretischer Sicht auch schlüssig, dass insbesondere starke Inhibitoren für CYP2C19 die Aktivierung von Clopidogrel soweit beeinträchtigen können, dass daraus eine geringere Wirkung der Substanz resultieren könnte.
PPI im Fokus
Protonenpumpeninhibitoren (PPI) stehen hier besonders im Fokus, da sie zur Verminderung des gastrointestinalen Blutungsrisikos insbesondere beim Einsatz der Kombination mit ASS oder Marcumar über lange Zeit eine "Standard-Begleitmedikation" waren, die zugelassenen PPI bzw. ihre Metaboliten (Rabeprazol) jedoch überwiegend starke CYP2C19-Inhibitoren sind. Eine gewisse Sonderstellung kommt hier dem Pantoprazol zu, das als einziger Vertreter der derzeit eingesetzten PPI nur ein schwacher CYP2C19-Inhibitor ist.
Da das erhöhte gastrointestinale Blutungsrisiko (vor allem bei Kombination mit Vitamin-K-Antagonisten wie Phenprocoumon) eine nicht zu unterschätzende Gefahr einer Therapie mit Clopidogrel darstellt [2], kommt der Klärung der Frage, inwieweit die Wechselwirkung zwischen Clopidogrel und PPI tatsächlich klinisch relevant ist, eine große Bedeutung zu.
Viele Studien – verwirrende Antworten
Es gibt inzwischen eine sehr große Anzahl Publikationen, die sich mit dieser Fragestellung beschäftigt haben. Leider haben die unterschiedlichen Ergebnisse dieser Studien bisher eher zu einer größeren Verwirrung als zur endgültigen Klärung dieser Frage beigetragen.
Omeprazol und Esomeprazol meiden
Während mehrere pharmakodynamische Studien eine relevante Wechselwirkung zwischen Clopidogrel und dem starken CYP2C19-Inhibitor Omeprazol gezeigt haben, ist die klinische Relevanz dieser Beobachtungen weiterhin umstritten.
Etwas eindeutiger ist die Datenlage für den schwachen CYP2C19-Inhibitor Pantoprazol. In der Summe der Daten gilt die Anwendung von Clopidogrel in Kombination mit Pantoprazol als sichere Alternative.
Gemäß der Empfehlungen der FDA und der europäischen Arzneimittelkommission EMA aus dem Jahr 2010 sollten Omeprazol und Esomeprazol als starke CYP2C19-Inhibitoren weiterhin nicht in Kombination mit Clopidogrel angewendet werden. Schwache CYP2C19-Inhibitoren wie Pantoprazol werden jedoch auch von den Arzneimittelbehörden als Alternative bei bestehender klinischer Indikation für einen PPI angesehen [7; 8].
Im aktuellen Fachinformationstext für das Clopidogrel-Präparat Plavix® (Stand Mai 2011) heißt es, dass aufgrund der "widersprüchlichen Daten zu den klinischen Auswirkungen der pharmakokinetischen/pharmakodynamischen Wechselwirkung" zwischen Clopidogrel und Omeprazol "als Vorsichtsmaßnahme von der gleichzeitigen Anwendung von Omeprazol oder Esomeprazol abgeraten werden sollte", während "Clopidogrel zusammen mit Pantoprazol angewendet werden kann".
Zeitversetzte Einnahme?
Obwohl Studiendaten eher vermuten lassen, dass ein zeitlicher Abstand (mindestens 12 Stunden) zwischen der Einnahme von Clopidogrel und PPIs eine mögliche Wechselwirkung nicht beeinflusst, wird von der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) und der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) eine zeitversetzte Einnahme als grundsätzlich sinnvoll erachtet und empfohlen. Dabei sollte der größere Zeitabstand zwischen der Einnahme des PPI und des Clopidogrels liegen. Bei PPI-Einnahme am Morgen, sollte Clopidogrel demnach am späten Abend eingenommen werden. Bei abendlicher PPI-Einnahme, wird eine Einnahme von Clopidogrel am Mittag empfohlen.
Alternative H2-Antagonisten?
Ranitidin und Famotidin wurden in einigen älteren Studien bezüglich ihrer Wirksamkeit verglichen [4 – 6]. Sie zeigten bei akuten Ulzerationen und in der Vermeidung des Wiederauftretens duodenaler Ulzera vergleichbare Effekte. In einer weiteren Studie zeigte Ranitidin während der ersten 2,5 Stunden eine signifikant stärkere Säurehemmung [4]. Offen bleibt jedoch, inwieweit dieser Effekt klinisch relevant ist. Aus pharmakokinetischer Sicht ist Famotidin der H2 -Antagonist mit der längsten Halbwertszeit (3 bis 3,5 Stunden), allerdings sind auch hier die Unterschiede zum Ranitidin relativ gering (Halbwertszeit: 2,5 bis 3 Stunden). Es scheint aus dieser Sicht nicht sehr wahrscheinlich, dass durch die Gabe von Ranitidin statt Famotidin eine deutlich verbesserte Wirkung erreicht wird. Bezüglich möglicher Wechselwirkungen mit Clopidogrel sind die derzeit eingesetzten H2-Rezeptor-Antagonisten mit Ausnahme von Cimetidin (einem CYP2C19-Inhibitor) unkritisch. Eine den PPI vergleichbare Wirkung kann mit H2-Rezeptorantagonisten jedoch nicht erreicht werden. In Studien zur Ulkusprophylaxe bei Patienten mit einer NSAR-Therapie waren H2-Rezeptorantagonisten den Protonenpumpenhemmern unterlegen. Darüber hinaus wird bei H2-Antagonisten im Gegensatz zu PPIs nach längerer Zeit der Einnahme die Entwicklung einer Toleranz beobachtet, was ebenfalls zu einer verringerten Wirkung führen kann. Da mit H2-Rezeptorantagonisten im Unterschied zu PPIs die beste Wirksamkeit bei abendlicher Einnahme erreicht wird und danach keine Mahlzeit mehr eingenommen werden sollte, könnte evtl. auch ein veränderter Einnahmezeitpunkt zu einer verbesserten Wirkung führen [9].
PPI obligat bei hohem Blutungsrisiko
Für Patienten mit einem sehr hohen Risiko für gastrointestinale Blutungen (z. B. bei Ulkusanamnese oder dualer Plättchenhemmung) sollte die gleichzeitige Einnahme eines Protonenpumpenhemmers jedoch obligat sein. Und auch für Patienten mit einem hohen gastrointestinalen Risiko (Alter > 60 Jahre, schwere Begleiterkrankungen oder eine systemische Glucocorticoid-Gabe) wird die Gabe eines Protonenpumpeninhibitors als sinnvoll erachtet (Abb. 1). Eine ausführliche Entscheidungshilfe für die Indikation eines PPI bei Patienten, die Clopidogrel mit oder ohne ASS erhalten, findet sich in einem Positionspapier der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselerkrankungen (DGVS) und der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK).
Ist ein PPI indiziert, gilt Pantoprazol als sicherer Kombinationspartner.
Fazit
Aufgrund der hohen Mortalität infolge einer Blutungskomplikation sollten Risikopatienten während einer Therapie mit Clopidogrel mit einem PPI behandelt werden. Während Omeprazol und Esomeprazol aufgrund der insgesamt immer noch unklaren Datenlage weiterhin vorsichtshalber nicht zum Einsatz kommen sollten, gilt Pantoprazol als sichere Alternative für Clopidogrel-Patienten.
Ergänzend sollte noch hinzugefügt werden, dass eine gleichzeitige Einnahme von Protonenpumpenhemmern, einschließlich Omeprazol, mit den neueren Thrombozytenaggregationshemmern Prasugrel (Efient®) und Ticagrelor (Brilique®) möglich ist, da die Verstoffwechselung über CYP2C19 für beide Substanzen keine relevante Rolle spielt.
Für Prasugrel wurde jedoch eine etwas verminderte cmax bei gleichzeitiger Gabe von Lansoprazol gemessen. Während der Aufsättigungsphase kann der Wirkeintritt bei einer Prasugrel-Therapie bei gleichzeitiger PPI-Gabe somit etwas verlangsamt sein. Der schnellste Wirkeintritt wird erreicht, wenn während dieser Zeit keine PPI eingenommen werden.
Antwort kurz gefasst
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Literatur
Autorin
Dr. Ulrike König
Fachapothekerin für Arzneimittelinformation – Onkologische Pharmazie
Schwarzwald-Baar Klinikum Villingen-Schwenningen GmbH
Apotheke
Vöhrenbacherstr. 23
78050 Villingen-Schwenningen
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