Arzneimittel und Therapie

Schmerzmittel nach Herzinfarkt

In der letzten Ausgabe der DAZ (DAZ 2012; Nr. 38; S. 38 ff) berichteten wir über eine Studie, nach der das kardiale Risiko auch Jahre später noch erhöht sein soll, wenn nicht-steroidale Analgetika (NSA) nach einem Herzinfarkt zur Schmerzbekämpfung eingesetzt werden. Prof. Dr. Thomas Herdegen hatte die Studie kommentiert und war auf Ungereimtheiten zwischen der aktuellen und einer älteren Veröffentlichung der Autoren gestoßen. Er hat nachgefragt und uns das folgende Ergebnis mitgeteilt.

Thomas Herdegen

Im Kommentar zur Studie von Schjering-Olsen et al. 2012 (DAZ 2012; Nr. 38, S. 40) wurde angemerkt, dass die Ereignisraten zwischen den zusammenhängenden Publikationen von Schjering-Olsen et al. aus 2011 und 2012 stark divergieren (0,1 bis 0,3 Ereignisse pro 1000 Patientenjahre versus 3,5 bis 7 Ereignisse pro 100 Patientenjahre). Die Nachfrage bei der Erstautorin hat nun die erstaunende Information erbracht, dass die Ereignisrate in 2011 nicht auf 1000 Patientenjahre, sondern auf 1000 Patiententage zu berechnen ist.

Für die ersten 14 Wochen nach einem Herzinfarkt lassen sich im Schnitt 0,14 Ereignisse pro 1000 Patiententage durch NSA berechnen, das sind 5 Fälle pro 100 Patientenjahre. Die Ereignisrate bleibt von der ersten bis zur 14. Woche gleich. Nach einem Jahr treten ca. 7, nach 5 Jahren ca. 3,5 zusätzliche tödliche Ereignisse pro 100 Patientenjahre auf. Der geringe rechnerische Anstieg auf 7 Ereignisse nach einem Jahr ist nicht plausibel, die 3 bis 5 Ereignisse zwischen dem 2. und 5. Jahr entsprechen der Zeit unmittelbar nach dem Herzinfarkt. Geht man davon aus, dass viele Patienten "nur" über einen oder drei Monate NSA erhalten, lassen sich 3 bis 5 Ereignisse auf 300 bis 1200 Patientenmonate errechnen. Bei der Abschätzung des Schadenpotenzials der NSA gilt zu berücksichtigen, dass Patienten in der Vergleichsgruppe ohne NSA offensichtlich keine Schmerzen haben. Schmerzen, zumal chronische Schmerzsyndrome, reduzieren die Beweglichkeit und erhöhen somit das Risiko für Stürze, Infektionen, Gerinnungsstörungen, aber auch für affektive Störungen. An dieser Stelle kann nur wiederholt werden: Die Warnung der Autoren vor schädlichen Auswirkungen einer Analgetika-Therapie bis hin zu fünf Jahre nach einem Herzinfarkt geht an den Bedürfnissen der Patienten vorbei und wird der kardiovaskulären Problematik nicht gerecht.


Prof. Dr. Thomas Herdegen, Kiel



DAZ 2012, Nr. 39, S. 41

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