Rezeptur nach ApBetrO

Herstellung planen und vorbereiten

Schritt 3 der Rezepturherstellung in sieben Schritten

Ulrike Fischer, Katrin Schüler | Die novellierte Apothekenbetriebsordnung fordert die Herstellung eines Rezepturarzneimittels nach einer vorab erstellten Herstellungsanweisung und gibt Mindestinhalte für die Erstellung vor. Somit ist der Apotheker verpflichtet, Festlegungen zu wesentlichen Aspekten der Herstellung inklusive Kontrolle und Dokumentation zu treffen. Diese Vorbereitung ist eine grundlegende Voraussetzung, damit die eigentliche Herstellung zügig und ohne unnötige Unterbrechungen erfolgen kann.

Der Ordner "Rezeptur nach ApBetrO" [1] bietet vorbereitete Herstellungsanweisungen für verschiedene Darreichungsformen an, die mit betriebsspezifischen Angaben ergänzt, den Anforderungen nach ApBetrO gerecht werden.

Auswahl von Waagen

Ein wesentlicher Aspekt, der bei der Herstellungsplanung zu beachten ist, ist die Auswahl geeigneter Waagen. Unzulässige Gehaltsabweichungen führen immer wieder zu Beanstandungen im Rahmen der ZL-Ringversuche. Im NRF [3] sowie im Buch "Rezeptur – Qualität in 7 Schritten" [2] finden sich detaillierte Ausführungen zur Auswahl und Nutzung von Waagen.

Generell sollte die Festlegung der Waagen Bestandteil der Herstellungsanweisung sein. Allgemeine Hinweise zur Verwendung und Überprüfung von Waagen lassen sich besser im QMS-Handbuch bzw. in einer apothekeninternen SOP verankern. Die Mitarbeiter sollten regelmäßig zum Thema geschult werden.

Für die Arzneimittelherstellung und -prüfung in der Apotheke werden vorrangig elektronische Präzisions-/Rezepturwaagen, Fein- bzw. Analysenwaagen mit Digitalanzeige eingesetzt. Wichtige Kenngrößen der Waage sind auf dem Typenschild oder aus der Bedienungsanleitung ersichtlich, z. B. Ablesbarkeit "d" und Mindestlast "Min". Die Mindestlast ist die untere Grenze des eichfähigen Wägebereiches und nicht mit der Minimaleinwaage gleichzusetzen. Die Minimaleinwaage ist keine Kenngröße der Waage, sondern muss je nach geforderter Genauigkeit für die Substanzeinwaage festgelegt werden. Dazu kann die Ablesbarkeit "d" herangezogen werden.

Entsprechend den Empfehlungen des NRF sollten Wirkstoffe mit einem Fehler von maximal 1% eingewogen werden. Das kann erreicht werden, indem die Minimaleinwaage nach der Formel 100 d berechnet wird (d = Ablesbarkeit). Zu beachten ist, dass die Einwaage in ein Gefäß die Genauigkeit der Substanzeinwaage nicht erhöht, sondern die Minimaleinwaage für jede einzelne Einwaage gilt.

Häufig sind in der Apotheke Präzisionswaagen mit d [g] = 0,1 vorhanden. Das bedeutet, dass an der Waage eine Nachkommastelle abgelesen werden kann. Die Einwaage von 0,1 g Substanz ist dabei mit einem Fehler von bis zu 100% behaftet! Bei einer Einwaage von 0,5 g beträgt der Fehler immer noch bis zu 20%. Ausreichend genaue Einwaagen sind auf dieser Waage ab einer Minimaleinwaage von 10 g möglich.

Analysenwaagen in der Apotheke haben häufig eine Ablesbarkeit von d [g] = 0,0001. Die Minimaleinwaage für die Wägung mit einem maximalen Fehler von 1%, wie für die Einwaage von Wirkstoffen gefordert, beträgt hier 10 mg.


Hinweis


Lesen Sie auch die ersten Folgen dieser DAZ-Serie:

Schritt 1: Hygienestandards einhalten. Nr. 37, S. 62

Schritt 2: Plausibilität überprüfen. Nr. 39, S. 73

Vermeidung von Wägefehlern

Auch wenn die Auswahl der geeigneten Waage generell die Einwaage mit der notwendigen Genauigkeit erlaubt, sind weitere Punkte zu beachten, um Wägefehler zu vermeiden:

  • Überprüfung der korrekten Aufstellung der Waage, gegebenenfalls Nivellierung,
  • Anschalten der Waage mindestens 30 Minuten vor dem ersten Wägevorgang (um Ungenauigkeit durch Driften der Waage zu minimieren),

  • Regelmäßige Kalibrierung/Justierung der Waage,
  • Beachtung einer eventuell notwendigen Einwaagekorrektur (aufgrund von Mindergehalt, Trocknungsverlust der Substanz),

  • Beladung in der Mitte des Wägetellers,
  • Zugluft, Erschütterung, elektrostatische und magnetische Einflüsse (z. B. durch Nutzung von Mobiltelefonen) bei der Wägung vermeiden,

  • Transport des Wägegutes in verschlossenem Gefäß und anschließend sorgfältiges Überführen in das Ansatzgefäß (ggfs. durch Nachspülen).

Generell kann der Fehler der Einwaage mit zunehmender Belastung der Waage deutlich ansteigen. Es ist deshalb die Auswahl eines geeigneten, möglichst leichten Wägegefäßes zu beachten.

Zur Minimierung von Wägefehlern trägt des Weiteren die Auswahl eines geeigneten Wägemodus bei. Je nach Waagentyp sind Tara-, Differenz- bzw. Zuwaage-Modus möglich [2, 3].


Abb. 1: Verordnung eines Kinderarztes für 60 Kapseln à 1,5 mg Captopril.

Praxisbeispiel – Herstellung pädiatrischer Kapseln

Im Beispiel liegt ein Rezept für pädiatrische Captopril-Kapseln vor (Abb. 1). Die Plausibilitätsprüfung wird anhand der Dokumentationsvorlage des Deutschen Apotheker Verlags durchgeführt (Abb. 2). Die Dosierung von Captopril wurde mithilfe der pädiatrischen Dosistabellen geprüft. Die Verordnung ist plausibel und darf hergestellt werden.

Zur Herstellung der Kapseln sind verschiedene Verfahren möglich. Im Beispielfall entscheidet sich der Apotheker für die Herstellung der Kapseln nach dem Ergänzungsverfahren, welches insbesondere für kleine Ansätze geeignet ist. Die Herstellungsanweisung wird mithilfe der Vorlage "FesKapErgPäd" erstellt (Abb. 3).

Die Wirkstoffverreibung wird aus 20 Tabletten eines Captopril-haltigen Fertigarzneimittels (FAM) hergestellt. Generell ist auch die Verwendung einer Stammverreibung aus geprüfter Rezeptursubstanz möglich.


Abb. 2a: Dokumentation der Plausibilitätsprüfung, 1. Seite
Abb. 2b: Dokumentation der Plausibilitätsprüfung, 2. Seite.
Abb. 3: Herstellungsanweisung.

Herstellung und Kennzeichnung

Die Verreibung aus 20 Tabletten [5] wird gewogen und die notwendige Aliquotmenge berechnet (Abb. 4).


Abb. 4: Herstellungsprotokoll.

Für die Einwaage der geforderten Menge an Wirkstoffverreibung (0,9 g) ist eine Waage mit einer Ablesbarkeit von d [g] = 0,001 oder geringer einzusetzen. Waagen mit Anzeige von ein oder zwei Nachkommastellen sind nicht geeignet, da sich ein Wägefehler von mehr als 1% ergibt. In der Beispielapotheke ist eine vierstellige Waage vorhanden, für die Einwaage der Aliquotmenge ergibt sich ein tolerabler Wägefehler von ca. 0,011%.

Entsprechend § 14 ApBetrO ist die Angabe der Bezeichnung des eingesetzten Fertigarzneimittels auf dem Etikett ausreichend. Das Ausrezeptieren der Bestandteile ist nicht notwendig (Abb. 5).


Abb. 5: Kennzeichnung des Abgabegefäßes.

Literaturtipp

Rezeptur nach ApBetrO


Von der Überprüfung der Hygienestandards bis zur Etikettierung des Abgabegefäßes folgen sieben Schritte der Rezepturherstellung aufeinander. Typische Probleme, die dabei auftreten können, lassen sich mithilfe von Angaben und Checklisten in diesem Buch leicht lösen.


Ulrike Fischer, Katrin Schüler

Rezeptur – Qualität in 7 Schritten

XVIII, 350 S., 55 farb. Abb., 101 Tab. Kart.
38,– Euro

Subskriptionspreis bis 31.01.2013: 29,80 Euro


Deutscher Apotheker Verlag, Stuttgart 2012

ISBN 978-3-7692-5602-4


Dieses Buch können Sie einfach und schnell bestellen

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Deutscher Apotheker Verlag, Postfach 10 10 61, 70009 Stuttgart

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Quellen

[1] Rezeptur nach ApBetrO. Deutscher Apotheker Verlag, Stuttgart 2012.

[2] Fischer U, Schüler K. Rezeptur – Qualität in 7 Schritten. Deutscher Apotheker Verlag, Stuttgart 2012.

[3] Neues Rezeptur Formularium. Hrsg. ABDA, Stand 1. August 2012. Deutscher Apotheker Verlag, Stuttgart / Govi Verlag, Eschborn.

[4] Linse L, Wulff B. Pädiatrische Dosistabellen. 14. Aufl., Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2009.

[5] Rezepturhinweis "Kapseln für die pädiatrische Anwendung", 15.09.2010, www.pharmazeutische-zeitung.de/fileadmin/nrf/pdf/1-Kapseln_Paediatrie.pdf (passwortgeschützt).


Autorinnen

Apothekerin Dr. Ulrike Fischer, Dresden

Diplom-Medizinpädagogin Katrin Schüler, Dresden



DAZ 2012, Nr. 41, S. 74

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