Arzneimittel und Therapie

Cremen statt schlucken

Topische NSAR bei Arthrose ähnlich effektiv wie orale

Eine Cochrane Metaanalyse zeigt, dass topische nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) bei Arthrose an Hand und Knie Placebozubereitungen überlegen sind. Sie wirken dabei so gut wie orale NSAR, verursachen aber weniger Magen-Darm-Beschwerden [1].

Der Anteil an Patienten, die auf eine Behandlung mit Diclofenac ansprechen, steigt mit zunehmender Dauer der Behandlung. In einem Behandlungszeitraum von acht bis zwölf Wochen profitieren 60% der Patienten von topischem Diclofenac, aber auch 50% von einer topisch applizierten Placebozubereitung.

Die Autoren analysierten anhand einer Datenbankrecherche 34 Studien mit topischen NSAR. Es handelte sich dabei um doppelblind randomisiert durchgeführte Studien mit insgesamt 7688 Patienten, die mindestens zehn Teilnehmer pro Studienarm hatten und zwischen zwei und zwölf Wochen liefen. Als primären Endpunkt definierten die Autoren eine mindestens 50%ige Schmerzreduktion oder vergleichbare Werte, als sekundären Endpunkt unerwünschte Ereignisse. Die meisten der Studienteilnehmer litten unter idiopathischer Arthrose an Hand oder Knie. Der Altersdurchschnitt lag zwischen 59 und 65 Jahren, und alle Studien schlossen sowohl Frauen als auch Männer ein. Diese wendeten die lokalen NSAR mindestens einmal täglich an.

Topische NSAR wirksamer als Placebo

23 Studien verglichen topische NSAR mit Placebozubereitungen (s. Kasten). Aufgrund der Datenmenge konnten die Autoren hier auch Behandlungsdauer sowie unterschiedliche Formulierungen vergleichen. Die Auswertung für einzelne Wirkstoffe war nur für Diclofenac möglich, für das die meisten Daten vorlagen.

Im Zeitraum zwei bis drei Wochen war sowohl die Gesamtgruppe der NSAR als auch Diclofenac allein etwa doppelt so wirksam wie Placebo. Im Zeitraum acht bis zwölf Wochen (hier lagen die validesten Daten vor) zeigten sich die NSARs insgesamt und Diclofenac allein 1,2-mal so wirksam wie Placebo. Zwar profitierten hier 60% der Patienten von der lokalen Behandlung mit Diclofenac, allerdings auch 50% der Placebo-Anwender (siehe Abb.).

Die Diclofenac-Lösung war dabei effektiver als das Gel (jeweils im Vergleich gegen Placebo), der Unterschied allerdings nicht signifikant.

Lokale Reaktionen (trockene Haut, Rötungen, Juckreiz) traten unter Verum häufiger auf als unter Placebo, wurden aber insgesamt als mild und vorübergehend beschrieben. Systemische unerwünschte Ereignisse kamen unter Verum nicht signifikant häufiger vor als unter Placebo, einschließlich gastrointestinaler Beschwerden.

Untersuchte NSAR


Wirkstoffe der topischen Therapie (Cremes, Gele, Lösungen oder Pflaster):

Diclofenac, Ketoprofen, Ibuprofen, Piroxicam, Eltenac*, Felbinac*, Flurbiprofen*, Piketoprofen*, Nimesulide*, Flufenamate, Indometacin

(*In Deutschland nicht in dieser Darreichungsform erhältlich [2])

Wirkstoffe der oralen Vergleichstherapie (Tagesdosen):

Ibuprofen 900 mg, 1200 mg

Celecoxib 200 mg

Diclofenac 100 mg, 150 mg

Die umfangreichsten Daten lagen zu Diclofenac vor, unter anderem zur Diclofenac-Lösung, die in Deutschland nicht im Handel ist [2]. Die Lösung enthält DMSO, das als Carrier für den Wirkstoff dient, die Penetration erhöht und so die Wirkung verstärken soll. Allerdings traten bei DMSO-haltigen Zubereitungen auch vermehrt Hautreaktionen auf.

Topische und orale NSAR im Vergleich

Fünf Studien konnten die Autoren zum direkten Vergleich zwischen topischen und oralen NSAR heranziehen. 877 Patienten nahmen topische NSAR und 858 Patienten orale NSAR ein (s. Kasten). Die Datenmenge reichte hier für Subgruppenanalysen nicht aus.

40 bis 60% der Patienten sprachen auf die topische Therapie und 34 bis 70% auf die orale Therapie an. Der Unterschied war nicht signifikant, die Anwendungen also vergleichbar effektiv. Lokale unerwünschte Ereignisse traten unter topischer Therapie mit 22% knapp viermal so häufig auf wie unter oraler Therapie. Bei den systemischen Nebenwirkungen konnten die Autoren aufgrund der Datenlage nur die gastrointestinalen Beschwerden auswerten. Diese trafen unter topischer Therapie 17% der Anwender, unter oraler Therapie 26%.

Fazit für die Praxis

Die Autoren leiten aus der Metaanalyse ab, dass man bei Arthroseschmerzen an Händen oder Knien anstelle von oralem Diclofenac zu topischem Diclofenac greifen kann. Systemische Nebenwirkungen treten unter topischem Diclofenac nicht öfter auf als unter Placebo, und die gastrointestinalen Beschwerden sind geringer als unter der oralen Therapie. Da die lokale Anwendung von Diclofenac etwa so effektiv ist wie die orale Therapie, empfiehlt sie sich besonders bei Patienten, die Probleme mit dem Magen-Darm-Trakt haben.


Quelle

[1] Derry S, et al: Topical NSAIDs for chronic musculoskeletal pain in adults. Cochrane Database Syst Rev. 2012; 12;9:CD007400. doi: 10.1002/14651858.CD007400.pub2.

[2] Rote Liste® Online, letzter Zugriff am 13. November 2012.


Apothekerin Dr. Corinna Schraut


Zum Weiterlesen


Pharmakologisch!

Nicht-steroidale Analgetika: Vom große Glück der Schmerzfreiheit.

DAZ 2011, Nr. 18, S. 48– 92



DAZ 2012, Nr. 47, S. 42

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